Sunday 7 January 2018

Finanzierung, Versorgung und Steuern


Im Folgenden lege ich einen deutschen Text vor, der in etwa diesem englischen Blog-Beitrag von mir – Financing, Real Funding and Coercive Taxes – entspricht.

Wozu Steuern?

Steuern haben verschiedene Funktionen. Unter anderem dienen sie dazu, eine dominante Landeswährung zu etablieren. Wenn die Bevölkerung die Währung annimmt, die der betreffende Staat zur Landeswährung bestimmt, ist die Regierung in der Lage, wirkungsvolle wirtschaftspolitische Eingriffe vorzunehmen. So kann sie durch Steuererhöhung eine Wirtschaft vor Überhitzung bewahren. Steuersenkungen sind ein Mittel, einer erlahmten Wirtschaft auf die Beine zu helfen.

Mit der Erhebung von Steuern beschneidet der Staat die Kaufkraft der Bevölkerung. Dies tut er, damit die Kaufkraft des nicht staatlichen Sektors nicht ausreicht, um das gesamte von der Wirtschaft erzeugte Angebot an Waren und Dienstleistungen für sich allein zu vereinnahmen. 

Steuern sorgen dafür, dass ein Teil dieses Angebots für den Staat übrig bleibt – dieser also auch imstande ist, sich einen Teil der angebotenen Waren und Dienstleistungen anzueignen.

Doch warum sollten Menschen sich dazu entschließen, die vom Staat gewünschte Währung anzunehmen – statt einer anderen?

Der Staat ist in der Lage, diese Menschen dazu zu zwingen, seine Währung anzunehmen. Er tut dies, indem er Steuern erhebt, die in der von ihm gewünschten Währung denominieren. Wer die ihm auferlegte Steuerverbindlichkeit nicht erfüllt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen, zu deren Vollzug der Staat die Machtmittel besitzt als Monopolinhaber des Rechts und der physischen Mittel  Zwangsgewalt auszuüben.

Zur Illustration: Um eine ihnen genehme Währung in einer Region Schwarzafrikas einzuführen, haben die Briten einst eine Steuer auf die Hütten erhoben, in denen die afrikanische Bevölkerung lebte. Damit war ein Anreiz geschaffen, Tätigkeiten auszuüben, die in der von den Briten gewünschten Währung bezahlt wurden. So konnte der kolonialistische Staat, Menschen dazu bringen, Waren zu erzeugen und Dienstleistungen zu erbringen, die er zur Versorgung seines Apparats und letztlich zur Ausübung seiner Macht benötigte.

Steuern haben auch andere Funktionen, z. B. bestimmte Handlungsweisen zu erschweren, etwa durch Verteuerung eines Guts (Zigaretten).

Finanzierung versus Versorgung

Der andere Punkt, den ich im oben erwähnten Post angesprochen hatte: zu den vier Prinzipien der Steuertheorie von Adam Smith soll das Postulat gehören: niemand dürfe gezwungen werden, mehr als nötig (in Form von Steuern) zu dem beizutragen, was für das Betreiben eines Staats erforderlich ist. 

Diese Aussage wurde für meine Begriffe fälschlicherweise von Bill Mitchell dahingehend interpretiert, Smiths Postulat impliziere, dass der Staat Steuereinnahmen benötigte, um seine Ausgaben zu finanzieren.

Zur genaueren Unterscheidung sollte man differenzieren zwischen Finanzierung und Versorgung.

Ich gebe Mitchell darin Recht, dass der währungssouveräne Staat – 

also ein Staat, dem es gelungen ist als monopolistischer Emittent der Landeswährung, 

  • (1) die Dominanz der von ihm gewünschten Währung in seinem Hoheitsgebiet und 

  • (2) die Fähigkeit des Staats, beliebige Summen dieses Geldes ins Leben zu rufen, zu gewährleisten –

keine Finanzierungsengpässe kennt. 

Anders ausgedrückt, der Staat ist nicht darauf angewiesen, das für seine Ausgaben benötigte Geld aus fremden Quellen zu beziehen, etwa von Steuerzahlern.

Eine andere Art der Abhängigkeit des Staats vom Steuerzahler

Doch sehe ich eine andersgeartete Abhängigkeit des Staats vom Steuerzahler.

Wenn wir davon ausgehen, dass das Gros des Gesamtangebots an Waren und Dienstleistungen einer Wirtschaft dem nicht staatlichen Sektor entstammt, dann ist der Staat in der Tat darauf angewiesen, dass seine Steuerzahler eben jene Waren produzieren. Er kann diese Waren zwar jederzeit finanzieren – sprich, er hat das Geld, das für deren Kauf verlangt wird. Doch das nützt ihm nichts, wenn die Waren gar nicht erst produziert worden sind. Er kann die gewünschten Waren zwar immer finanzieren/bezahlen, aber er kann sich nicht immer mit ihnen versorgen.

Und selbst, wenn die gewünschten Waren vorhanden sind, so ist der Staat abermals in gewisser Weise von seinen Steuerzahlern abhängig, will er in den Besitz dieser Güter gelangen. Er muss dafür sorgen, dass deren Kaufkraft nicht ausreicht, ihm alle Waren „wegzuschnappen“. Er muss Steuern erheben, die das verfügbare Einkommen / Vermögen der Steuerpflichtigen verringern.

In diesem Zusammenhang ist es angebracht darauf hinzuweisen, dass Steuern dazu beitragen, inflationäre Entwicklungen zu verhindern, die nämlich entstünden, wenn die volle Kaufkraft des nicht staatlichen Sektors und die nominelle Nachfrage seitens des Staats sich zu einer nominellen Gesamtnachfrage verbinden, die weit über das hinausgeht, was die Wirtschaft an Waren und Dienstleistungen bereitzustellen imstande ist.

Heutzutage wird die Fähigkeit des Staats, seine diversen Aufgaben und Anliegen zu finanzieren, der Öffentlichkeit als äußerst problematisch dargestellt. Der Staat drohe pleite zu gehen. Künftige Generationen werden unter einer unerhörten Schuldenlast versinken. Hohe Staatsausgaben führten unausweichlich zu hoher Inflation, selbst Hyperinflation.

Diese inzwischen geradezu volkstümlichen Szenarien sind falsch, denn sie berücksichtigen nicht die tatsächlichen Wechselbeziehungen.

Die Fragen, auf die sich unser Augenmerk richten sollten, lauten vielmehr:

Wie groß ist das reale Angebot an Waren und Dienstleistungen, und wie ist dieses Angebot beschaffen, besonders in Hinblick auf die Leistungen, die erforderlich sind, um das Allgemeinwohl zu befriedigen – „haben wir genügend Krankenschwestern und Ärzte?“

Wie sieht ein ausgewogenes Größenverhältnis zwischen staatlichem und nicht staatlichem Zugriff auf die volkswirtschaftlichen Ressourcen aus?

Wie groß sind die Ausgaben aller Gesellschaftsteilnehmer — nicht nur des Staats – verglichen mit dem vorhandenen Angebot und den Kapazitäten der Wirtschaft, weitere Waren und Dienstleistungen bereitzustellen? 

Verfolgte man diese Fragen so intensiv wie man heute das Schreckgespenst überhöhter Staatsausgaben propagiert, würde die Öffentlichkeit mit dem Gesichtspunkt Bekanntschaft machen, dass die volkswirtschaftlichen Ressourcen bei weitem nicht so stark ausgelastet sind, wie sie es sein sollten, um die Einkommen, den Wohlstand und die Beschäftigungslage deutlich zu verbessern. Wir sind weit entfernt von einer Wirtschaftslage, die uns mit Inflation bedroht.

Und gerade die Zwangsjacke namens EU verdammt Millionen von Menschen zu Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. Die EU-Verträge laufen auf ein verfassungsmäßig verankertes Verbot, jene Nachfragesteuerung zu praktizieren, die der westlichen Welt zu beispielloser Prosperität in den Jahren zwischen 1945 und 1975 verholfen hatte.


Von Interesse in diesem Zusammenhang ist auch mein Beitrag Bitcoin.

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