Friday, 5 January 2018

(3) EU — Supranational versus Democratic

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Ich fürchte, Mitchell & Fazi, haben Recht mit den Hauptpunkten, die sie in diesem Artikel vertreten: unter dem Vorwand, die Globalisierung führe unweigerlich zu einer Defunktionalisiserung und Entmachtung des Nationalstaats, ist es gelungen, viele wichtige Anliegen einer neoliberal gesonnenen Weltanschauung in die Tat umzusetzen.

In meinen Augen die schlimmste Entwicklung ist das Phänomen, das die Autoren als depoliticisation bezeichnen. Depolitisierung meint eine deutliche Schwächung der nationalen Organe der Demokratie zugunsten 

(a) supranationaler Institutionen und 

(b) der Isolation der politischen Klasse gegenüber oppositionellen Kontrollinstanzen. 

Zugleich bleiben die obrigkeitlichen Institutionen aber insofern weiterhin politisiert, als sie staatliche Mittel konsequent nutzen, um die politische Agenda des Neoliberalismus voranzutreiben. 

Letztere führt zu einer zusätzlichen Schwächung der Demokratie, indem sie Projekte implementiert, die dazu geeignet sind, die Öffentlichkeit fernzuhalten von Möglichkeiten demokratischer Überwachung, z. B. der EU-Behörden, der Zentralbank oder privatisierter Konzerne und Branchen, die vormals demokratisch legitimierter Kontrolle unterlagen.

The various policies adopted by Western governments to this end include: (i) reducing the power of parliaments vis-à-vis that of the executive and making the former increasingly less representative (for instance by moving from proportional parliamentary systems to majoritarian ones); (ii) making central banks formally independent of governments; (iii) adopting ‘inflation targeting’ – an approach which stresses low inflation as the primary objective of monetary policy, to the exclusion of other policy objectives, such as full employment – as the dominant approach to central bank policymaking; (iv) adopting rules-bound policies – on public spending, debt as a proportion of GDP, competition, etc. – thereby limiting what politicians can do at the behest of their electorates; (v) subordinating spending departments to treasury control; (vi) re-adopting fixed exchange rates systems, such as the euro, which severely limit the ability of governments to exercise control over economic policy; (vii) limiting the capacity of governments to regulate in the public interest, by means of so-called ISDS (investor-state dispute settlement) mechanisms, nowadays included in most bilateral investment treaties (of which there are more than 4,000 in operation) and regional trade agreements (such as the FTAA and TPP); and, most importantly perhaps, (viii) surrendering national prerogatives to supranational institutions and super-state bureaucracies such as the EU.
Zu Recht betonen die Autoren, dass die Demontage des souveränen Nationalstaats durch eine neoliberal orientierte politische Klasse, die Demontage der Demokratie bedeutet. Diese findet ihren einstweiligen Höhepunkt in der Gründung der EU, die eine demokratisch beeinflusste Wirtschaftspolitik der Vollbeschäftigung und des Schutzes weiter Teile der arbeitenden Bevölkerung effektiv verbietet – zugunsten elitengesteuerten Entwicklungen im supranationalen Europa.

Die politische Klasse zieht wohl einen genügend hohen Nutzen aus der Demontage der Demokratie, dass sie sich ihren Handlungsspielraum in mancherlei Hinsicht bereitwillig einengen lässt. Zu diesen Motiven dürfte die Vermeidung des Leidensdrucks zählen, dem die Politiker ausgesetzt wären, wenn sie ihre neoliberalen Ziele vor einer funktionierenden demokratischen Öffentlichkeit zu vertreten hätten:

The reason why governments chose to willingly ‘tie their hands’ is all too clear: as the European case epitomises, the creation of self-imposed ‘external constraints’ allowed national politicians to reduce the political costs of the neoliberal transition – which clearly involved unpopular policies – by ‘scapegoating’ institutionalised rules and ‘independent’ or international institutions, which in turn were presented as an inevitable outcome of the new, harsh realities of globalisation, thus insulating macroeconomic policies from popular contestation. The war on sovereignty has been in essence a war on democracy. This process was brought to its most extreme conclusions in Western Europe, where the Maastricht Treaty (1992) embedded neoliberalism into the EU’s very fabric, effectively outlawing the ‘Keynesian’ polices that had been commonplace in the previous decades.
 (Unterstreichung stammt von mir.)

Erstaunlicherweise hat sich gerade die (heute nur noch) „sogenannte“ Linke als Speerspitze dieser Entwicklung herausgestellt – wovon ich in meinem Post (1) EU — The Left's Treason schreibe.

Am Projekt der Entmündigung der demokratischen Öffentlichkeit ist die Linke maßgeblich beteiligt, seit sie sich ab dem Ende der 1980er Jahre in eine reaktionäre Kraft verwandelt hat, die ihr vormaliges Anliegen, den Ausgleich der Interessen von Kapital und Arbeit und den Schutz der breiten arbeitenden Bevölkerung zu gewährleisten, zugunsten einer einseitigen Begünstigung des Kapitals aufgegeben hat.

Die Wiederherstellung einer dringend benötigten Balance zwischen Kapital und Arbeit verlangt die Wiedererstarkung des demokratisch kontrollierten Nationalstaats.

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