Saturday 28 May 2016

Zur politischen Anthropologie der Freiheit (2) — Eine Zwischenbetrachtung

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 Fortgesetzt von hier.


Heute lasse ich meine Gedanken ohne besonderes Ziel spazierengehen.


Der Verlust metaphysischer Objektivität in der Physik

Man wollte es zunächst nicht wahrhaben. Dann wurde es zum Skandal, als Schock empfunden. Heute gehen die meisten Physiker mit kühlem Kopf darüber hinweg. So gut es geht,  finden sie heraus, was herauszufinden ist, unberührt vom metaphysischen Ehrgeiz der großen Pioniere der Physik. Nüchtern und emsig gehen die Forscher zu Werke, ohne viel Aufhebens darüber, dass es keine Gottes-Perspektive gibt, aus der die Physikerin das Bild des einen, einzig denkbaren Universums auf seine Gesetze und Beschaffenheit untersucht. Niemand ist verstört darüber, dass man nach dem neusten Stand der Physik deren Gegenstand nicht mit den Augen eines unbeteiligten Außenseiters erfassen kann, sondern, dass der Beobachter teilhat an der Ausformung von Zustand und Erscheinungsbild dessen, was er beobachtet. Je nach Standpunkt treten bald Wellen, bald Partikel in Erscheinung. Superpositionen sind zu bemerken, so dass die Welt mal drei, mal vier Protonen erkennen lässt und bei anderer Gelegenheit sowohl drei als auch vier Protonen, die sich überlagern.

Längst hat die Physik sich den Verlust metaphysischer Objektivität eingestanden: "Objektiv" bedeutet nicht mehr, worauf diese Vorstellung in ihrer metaphysischen Variante hinzudeuten versprach: nämlich wie die Dinge nun mal sind und nicht anders sein können, einer eindeutigen, einzigartigen und alternativlosen, ursprünglichsten Realität angehörend. 


Das komplizierte soziale Universum

Das soziale Universum ist weitaus komplizierter als das, auf welches sich die Physik bezieht. Die klassische Physik hatte das große Glück, dass ihr Gegenstand zufällig sehr einfach war und sich dazu eignete, die Natur so darzustellen, als sei sie so eindeutig und übersichtlich wie ein großer Baukasten. Die Physiker konnten damit prahlen, eine exakte Wissenschaft zu betreiben, im Gegensatz zum "Wischiwaschi" der sozialwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen "Pseudowissenschaften". Ende des 19. Jahrhunderts vertraten Physiker, die als seriös galten, die Auffassung, ihr Fach habe seinen Gegenstand erschöpfend durchdrungen: es werde keine Neuheiten mehr in der Physik geben. Inzwischen ist auch die Welt der Physiker komplizierter geworden. Vielleicht werden wir bald von ihnen Neues darüber erfahren, was Mehrdeutigkeit eigentlich ist, wie sie entsteht und wie man mit ihr fruchtbar umgeht.


Newtons Apfel

Wäre die Welt der klassischen Physik so kompliziert wie die soziale Welt, dann könnte der Newtonsche Apfel jederzeit darüber entscheiden, ob er zu Boden fallen will oder nicht, wobei er sich nicht nur von tausenderlei Faktoren beeinflussen ließe, die für sich vielleicht jeweils klar bestimmbar sind ("ob es regnet" z.B.), die aber ein komplexes Knäuel an Ursachen bilden, welche zudem jede als Einzelne aber auch als Gesamtheit von unterschiedlichen Äpfeln unterschiedlich gedeutet und gewichtet werden — von Äpfeln, die sich wohlgemerkt untereinander austauschen und auf diese Weise eine neue Schicht an Fakten schaffen, die wiederum unterschiedlich bewertet und gewichtet werden. All dies führt dann dazu, dass Newtons Apfel vom Baum fällt oder es sein lässt.

Wie dem auch sei, der Mensch besitzt nicht die Uniformität des Newtonschen Apfels und die politische Anthropologie zeigt auf, warum es so ist, dass jeder Mensch, der seine Augen aufschlägt, eine andere Welt sieht als jeder andere. Die Standpunkt-Abhängigkeit des Weltbildes, an das sich ein Mensch gebunden fühlt, ist kalter Kaffee in den Sozialwissenschaften.

Soziale Mechanismen wie die Sprache, die Schrift, das Streitgespräch, der kritische Diskurs, das Gemeinschaftswerk der Forschung, machen Gebrauch von der Einzigartigkeit individueller Standpunkte. Zugleich schließen diese gemeinschaftlichen Anstrengungen die verstreuten Standpunkte zu einer Hyperintelligenz der Spezies zusammen — so bringt die Auseinandersetzung unzähliger Individuen mit mathematischen Problemen schließlich ein Kollektivprodukt wie etwa die Algebra hervor. Derartige Kollektivprodukte begünstigen wiederum die Fähigkeit des Einzelnen, seine Sichtweise gegenüber der Anderer zu differenzieren. Die Kollektivprodukte des menschlichen Geistes sind das Ergebnis einer Hyperintelligenz unserer Gattung, in der die Intelligenzleistungen von Millionen von Individuen verlinkt sind, sich aufeinander beziehen, und durch gegenseitige Kritik und Anverwandlung von einander lernen, um sich miteinander zu wandeln. Individuelle geistige Leistung, einerseits, und der soziale Kanon an Wissen sowie die Techniken gemeinsamer Wissensproduktion, andererseits, sind ununterbrochen dabei, sich gegenseitig zu verändern. Das Eine ist ohne das Andere nicht möglich. Die mathematischen Hilfsmittel, das physikalische Grundwissen, die technischen Verfahren, die Einsteins revolutionäre Physik möglich machten, sind ein Ausdruck unserer kollektiven Hyperintelligenz, sie sind nicht die Schöpfung eines Individuums, sondern entstehen durch das Zusammenwirken zahlloser vernunftbegabter Menschen. Zugleich schaffen sie die Grundlage, auf der ein Einzelner aus einem bis dahin bewährten Rahmen ausbrechen kann, um gänzlich Neues zu schaffen. Es ist dann möglich, dass ein Einzelner das Kollektivprodukt Physik revolutioniert und entscheidende Anstöße gibt, das Arsenal der geistigen Kollektivprodukte zu erneuern. 

Wir stehen am Urquell der politischen Disposition des Menschen. Ungeachtet dessen, wie stark es ihm gestattet ist, sich außerhalb konformer Bahnen zu bewegen, der Mensch ist dazu verdammt, von der Weltsicht anderer Menschen abzuweichen. Von Natur aus variiert er die ihm vorstellbare Welt, um geistig zu experimentieren, um Einsichten zu gewinnen und letztlich, um Schwierigkeiten zu umgehen und sich Vorteile zu verschaffen. Ein willkommener Zug der im Menschen angelegten Individualität, der von der Gruppe solange geduldet wird, wie sein Ausleben ihren Zwecken gemäß erscheint, solange also wie sich die Alleingänge des Einzelnen erfolgreich koordinieren lassen mit den Anforderungen des Kollektivlebens.


Individualismus und Evolution

Wobei - anderes Thema - nicht immer klar ist, ob die Anforderungen des Kollektivlebens so zwingend sind, wie sie erscheinen — kann der Eskimo-Stamm wirklich nur überleben, wenn er Senizid betreibt? Der exzentrische Ausbruch des Individuums aus dem von Traditionen gesteckten Rahmen ist sicher kaum weniger bedeutsam für die kulturelle Evolution der Spezies Mensch als unpersönliche Überlebenszwänge, auf denen der Senizid beruhen mag. Variationen, die durch sozial abweichende Vorstellungen und individuelles Handeln hervorgerufen werden, spielen somit eine Schlüssel-Rolle in der Evolution des Menschseins und seiner sozialen Bedingungen. Menschliche Individualität ist überlebenswichtig für die Spezies. Sie ist ein Faktor, der die Evolutionsresultate, die den Menschen betreffen, nachhaltig beeinflusst und für Verbesserungen in den Überlebensbedingungen der Gattung sorgt. Die individualistische Disposition des Menschen erweist sich — trotz, ja gerade wegen der erheblichen Drosselung, die sie unter Regimen repressiven Kollektivismus' erfährt — als evolutionserprobt. Sie ist überlebensfähig über lange Zeiträume der Latenz und des sparsamen Einsatzes, und sie zeigt sich vital genug, schließlich ein Zeitalter, in dem wir heute noch leben, zu prägen.


Anreize für die Originalität

Neben seiner angeborenen Disposition, abweichend zu denken, wird der Mensch in seiner exzentrischen Weltwahrnehmung auch von der Gemeinschaft und zum Teil durch die Anforderungen des Alltags ermuntert; zum Einen, weil originelle kognitive Leistungen bis zu einem bestimmten Grade von seinen Mitmenschen als nützlich angesehen and daher akzeptiert, wenn nicht sogar gefördert werden ("Wie hast du nur wieder die vielen Brombeersträucher gefunden? Das kann keiner so gut wie du."). Zum Anderen, weil das versuchsweise, neugierige Erproben der Welt mit den Mitteln der Vorstellungskraft ein angeborenes Instrument ist, das der Mensch instinktiv einsetzt wie der Hund seinen Geruchssinn.

Wir machen uns kaum bewusst, wie sehr die Details unserer Lebensbewältigung durchsetzt sind mit erprobenden Fantasien, die eng verbunden sind mit unserer Gewohnheit, uns der Welt anzupassen oder diese zu beherrschen, indem wir unsere Bedürfnisse unentwegt variieren, ausbauen und um neue Wünsche ergänzen.


Die umgestürzte Orchidee und ihre beschädigte Vase

Mir ist noch nie eine Vase mit einer Orchidee umgestürzt und dabei zu Bruch gegangen. Ich bin mir aber sicher, dass ich diese völlig neue Situation zum Anlass nehmen würde, neue, dem Ereignis einmalig zugeordnete Bedürfnisse zu entdecken und zu verwirklichen. Anders als mein Hund, der vielleicht das ausgelaufene Wasser aufschlabbern wird, darüber hinaus aber kaum Anstalten machen dürfte, völlig neue Situationen zu inszenieren, wie ich es tue, indem ich die Vase wieder zusammenklebe, eine Halterung für sie erfinde, das Mobiliar umstelle und eine Schutzfolie aufziehe, damit der Unfall sich nicht wiederholen kann und ich mich auch in anderen Belangen wohler fühle.

Die Reize, die aus der Umwelt auf uns einwirken, lösen in uns Lawinen an neuen Bedürfnissen aus. Das gilt für verhältnismäßig triviale Reize ebenso wie für bedeutende Herausforderungen des Lebens. Sie machen uns einfallsreich und streitbar. Denn mit dem Einfallsreichtum entsteht Vielfalt der Ansichten und diese entzweit uns in zahlreichen Fragen.


Politische Knappheit

Aus diesem Grunde ist das Angebot an politischer Knappheit unerschöpflich, ebenso wie die Anlässe für politisches Handeln. Politische Knappheit? Ökonomische Knappheit bezeichnet den Umstand, dass wir nicht über genügend Mittel verfügen, um alle unsere Ziele zu erreichen, wir daher Wirtschaften müssen, sprich: die uns gegebenen Mittel so einzusetzen haben, dass wir uns wenigstens unsere dringendsten und wichtigsten Zwecke erfüllen können. Wie die ökonomische Knappheit verweist die politische Knappheit auf einen Zustand, der Rivalität und Wettbewerb herruft. Sind es in einer modernen Tauschwirtschaft größtenteils Waren und Dienstleistungen, die den Gegenstand der ökonomischen Knappheit bilden, so setzt sich der Gegenstand der politischen Knappheit aus Formen der sozialen Übereinstimmung zusammen, aus Unterstützung, Zuspruch oder Toleranz seitens jener, deren ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung in unsere Forderungen und Vorhaben in irgendeiner Weise für deren Verwirklichung maßgeblich sind.

Wir lassen uns lenken von materiellen Interessen, kulturellen Bindungen, psychischen Neigungen, persönlich variierten Werten und Überzeugungen, die uns  starr und streitbar werden lassen angesichts abweichender Vorstellungen in diesen Belangen. Damit werden wir einander zum gegenseitigen Widerstand. Politik ist das Bemühen, derartige Widerstände zu handhaben, durch Gewalt, Unterdrückung, Kompromiss oder Überzeugungsarbeit. Politik ist Einflussnahme in der Absicht zu regeln, was in einer Gemeinschaft statthaft und durchsetzbar ist.

Das Besondere an der Politik unter Bedingungen der Freiheit besteht darin, dass nun alle Mitglieder der Gesellschaft am Management politischer Knappheit beteiligt werden. Damit wird es sehr viel schwieriger, Mittel der Gewalt und der Unterdrückung politisch einzusetzen. Denn erstens zielt die politische Repression letztlich auf den Ausschluss bestimmter Gesellschaftsmitglieder vom politischen Entscheidungsprozess und die entsprechende Privilegierung der unterdrückenden Teilnehmer, und zweitens impliziert die politische Emanzipation, die Teil des Pakets an Rechten ist, das wir Freiheit nennen, dass wir uns gegen die Anmaßung politischer Vorrechte auflehnen dürfen, wenn wir nicht sogar dazu verpflichtet sind.


Destabilisierende Stabilität

Die aus der zumindest doch immer latenten Individualität des Menschen entspringende Vielfalt an politischen Meinungen muss nun zugelassen werden. Ob dieser Pluralismus einen gangbaren Weg darstellt, hängt davon ab, inwieweit wir es verstehen, ihn produktiv zu gestalten, auf diese Weise, alternative Szenarien der Politik zu überflügeln und allgemeinen Zuspruch für dieses offene Verfahren zu mobilisieren. Das Versprechen einer pluralistisch-freiheitlichen Gesellschaft ist, dass sie intelligenter, leistungsfähiger und friedlicher sein kann als ihre Konkurrenten. Die Frage ist, ob es uns gelingt, die dazu erforderlichen Bedingungen zu gewährleisten. Einerseits ist Freiheit schwer abzuschütteln, andererseits gilt wohl auch für Zivilisationen, was Hyman Minsky von Volkswirtschaften postuliert: Stabilität gebiert Instabilität. Damit meint Minsky, dass  nach wirtschaftlichen Zusammenbrüchen, die Menschen geneigt sind, Umsicht walten zu lassen in ihren ökonomischen Entscheidungen, indes bei steigendem Wohlstand und dauerhaftem wirtschaftlichen Erfolg die Risikobereitschaft allmählich immer größer wird, solange bis destabilisierende Risiken überhand nehmen und schließlich zur Krise führen.

Stabile politische Verhältnisse, wie wir sie zum Beispiel in Deutschland und Europa über ein halbes Jahrhundert genießen konnten, bergen das Risiko, dass wir die Bedingungen eines funktionierenden freiheitlichen Pluralismus aus den Augen verlieren, etwa dergestalt, dass wir die Erosion der Demokratie hinnehmen und unsere bisher vertrauenswürdige politische Führungsschicht in Alleingänge verabschieden, die keiner wirkungsvollen demokratischen Kontrolle mehr unterliegen, so dass sich folgenschwere politische Entscheidungen unter der Ägide genau solcher Machteliten kumulieren, die dem Geist des Pluralismus widersprechen — Anzeichen hierfür sehe ich im jahrelangen Regieren ohne Opposition und in der Abkopplung mächtiger Entscheidungsgremien vom Volk, wie wir sie in der EU beobachten können, wo politische Einflussnahme auf verhältnismäßig wenige, dafür umso wirkungsvollere Sondergruppen verlagert wird.

Interessanterweise kann unter diesen Bedingungen das politische System anfällig werden für antidemokratische und unfreiheitliche Politikentwürfe. Gewohnheitsmäßig traut man den Botschaften der Politik, die sich über Jahrzehnte bewährt hat. Immer stärker, und vielleicht auch nicht ganz ohne eine gewisse eigene bequeme Bereitschaft, lässt man sich in die Rolle des politischen Konsumenten drängen. Gleichzeitig sind die Anreize groß für Vertreter totalitärer Visionen, den Schlaf des Demos auszunutzen, und die eigenen undemokratischen Forderungen in das politische Bewusstsein der Machthaber und den Kanon des politisch Korrekten einsickern zu lassen.


Konformität und gesellschaftliche Dummheit

Unter soziogener Freiheit verstehe ich Freiheit, die durch Beherzigung allgemein anerkannter Handlungsnormen erzielt wird — Freiheit also, die dadurch zustande kommt, dass man sich verhält, wie es unter allen Menschen üblich ist — im Gegensatz zu anthropozentrischer Freiheit, die ihren Ursprung nicht in gemeinschaftlich beherzigten Regeln und Gesetzen, sondern ausschließlich im Verhalten eines einzelnen Menschen hat. Bevor sich soziogene Freiheit auszubreiten beginnt, übt der gesellschaftliche Druck, der das Individuum umschließt, eine eher konservative und einschnürende Wirkung aus. Nur in sparsamer Dosis wird persönliche Autonomie gestattet; individuelle Regungen fließen entweder in fest vorgegebenen Bahnen oder sie werden unterdrückt, verboten und verfolgt. Die Blockade der Individualität dürfte pathologische Konsequenzen nach sich ziehen, vor allem in Gestalt eines Rückzugs in den Stumpfsinn, in die Frustration und die Überbetonung des Affektiven — die sich niederschlägt in Neid, Missgunst, Hass, Fanatismus, in der Ablösung des inneren Drangs zur Individualität durch Kollektiv-Trancen kriegerischer oder religiöser Art. Die Macht verroht, die Beherrschten verblöden.

Es muss nicht für jeden Einzelnen zutreffen, doch insgesamt dürfte die Freiheit ein höheres Maß an Ausgewogenheit zwischen Affekt und Intelligenz zeitigen, da sie dem Menschen mehr Raum lässt, dem Bedürfnis nachzukommen, seine Intelligenz zu entfalten, und auf diese Weise auch eine seiner inneren Harmonie zuträgliche affektive Befriedigung zu erleben, oder — genauer und weniger idealisierend gesagt — einem Leid zu entgehen, dessen Abwesenheit ihn vielleicht nicht beglückt, aber einem Zustand entschieden vorzuziehen ist, in dem er solchem Leid ausgesetzt ist.


Glücksforschung oder Unglücksvermeidungsforschung?

Angesichts der oftmals schwatzhaft und philosophisch wenig tiefschürfend verfolgten Mode-Erscheinung Glücksforschung lohnt es darauf hinzuweisen, dass aus dem nämlichen Grunde, den ich soeben vorgetragen habe — wonach der Mensch ein Bedürfnis-Erfinder ist — menschliche Befindlichkeit weniger gut erfasst wird durch das grell-monistische Kriterium der Zufriedenheit oder gar des Glücks, als durch das variantenreichere Streben, solche Grundbedingungen des Menschseins zu sichern, deren Abwesenheit oder Einschränkung Leid erzeugen. Die Wahl des Menschen, mit der er anzeigt, was ihm zuträglich erscheint und was nicht, das Urteil des Menschen, mit dem er verrät, was er bevorzugt, wird weniger durch ein Glückskalkül bestimmt sein — schließlich ist unserer Glücksfähigkeit endlich und eng umrissen und lässt sich nicht in dem Maße steigern, wie anderes an dessen Wachstum wir uns gerne erfreuen — als durch den Ausschluss von Dingen, die ihm Leid oder Unbehagen bereiten; und dazu gehört — mehr oder weniger bewusst und klarsichtig eingestanden — das Vermeiden unnötiger Einschränkungen in den Handlungsmöglichkeiten, die ihm offenstehen. Die bevorzugten Verhaltensweisen des Menschen werden in hohem Maße geprägt sein vom Bemühen, den Verlust wünschenswerter Optionen zu vermeiden. Aus diesem Grunde wird der hier dargelegte Wesenskern der menschlichen Individualität, der immer eine Forderung nach persönlicher Freiheit in sich trägt, letztere zu einem unveräußerlichen Bestandteil menschlicher Glückserwartungen im weitesten Sinne machen.

Ob diese Überlegungen wirklich überzeugen können, hängt letztlich davon ab, ob sie sich überprüfen lassen, und das ist abhängig davon, dass der Mensch eine beobachtbare Wahl hat zwischen Zuständen, die nach meinem Modell von ihm als zuträglich eingeschätzt werden, und solchen, die er als unzuträglich empfindet. Deshalb glaube ich, dass wenn man die Repressionen des SED-Staats und seiner Schutzmacht mit einem Schlag hätte aufheben können,  meinetwegen am 14. August 1961, die DDR sehr bald zu existieren aufgehört und sich wohl dem Beispiel Westdeutschlands angenähert hätte oder sich diesem angeschlossen hätte, ähnlich wie es dann tatsächlich auch geschah. Aus dem gleichen Grund hat niemand ernsthaft versucht, die DDR nach ihrem Zusammenbruch wiederzubeleben, ungeachtet anderslautender nostalgischer Beteuerungen, die mir aber vom Typus des cheap talk zu sein scheinen.

Jedenfalls entschließen die Menschen sich nicht für das (abstrakte, absolute und vermeintlich totale oder größte) Glück, sondern gegen das konkret und praktisch drohende Unglück. Es ist nicht ein Summations-Verhalten im Spiel, ein Raffen an Glücksverheißungen und Glückhaftem, sondern ein selektives Gebaren, das man deuten kann als ein Darauf-Bedachtsein, die wichtigsten Bedürfnisse bei geringstmöglicher Einschränkung der verbleibenden Handlungsoptionen zu gewährleisten. Vielleicht wären wir besser beraten, uns mit Unglücksvermeidungsforschung statt mit Glücksforschung zu befassen.


Fortschritt

Damit hängt auch das Thema Fortschritt zusammen — Fortschritt, zu dem der Mensch verdammt ist. Eine Verdammnis, deren Zwangsläufigkeit schlüssig hervorgehen sollte aus dem, was ich bereits dargelegt habe. Menschsein heißt Fortschritt erzeugen. Daneben mag Stagnation und Rückschritt bestehen. Und der Fortschritt, an dem sich der Mensch unentwegt zu schaffen macht, mag sich gegen zwischenmenschliche, zwischenkulturelle oder zwischenepochale Vergleiche sperren. Dessen ungeachtet ist und bleibt einer der Hauptlebensimpulse des Menschen über alle geschichtlichen Stadien hinweg die Erfindung neuer Bedürfnisse, eine Angewohnheit, die zwangsläufig zu bleibenden konsensfähigen Ablagerungen von Fortschritt führt. Denken Sie nur an das Grundprinzip des Fahrrads, auf das, nach anfänglicher wettbewerblicher Vielfalt, alle Typen des Zweirads mit menschlichem Antrieb schließlich hinkonvergieren — bis heute. Ich habe auch noch keinen Eskimo gesehen, der eine schlagende Verbesserung des Hubkolbenmotors aus der Sicht seiner Kultur gefordert hätte. Auch kann ich mir den mittelalterlichen Ritter nicht vorstellen, der es ablehnen würde, aus Gründen kultureller oder epochenspezifischer Voreingenommenheit, seine Geliebte oder seine Mitstreiter per Telefon zu erreichen, wenn dies die einzige oder bequemste Möglichkeit wäre, ihnen etwas Dringendes mitzuteilen. Niemand hindert uns daran, unsere Städte in den gleichen Zustand zu versetzen wie die Städte des Sudans heute oder zu früheren Zeiten. Was uns davon abhält ist ohne Zweifel die implizite Anerkenntnis eines wünschenswerten Zustands größerer Fortschrittlichkeit. Ein viktorianischer Bürger mag Einwände gegen die zeitgenössische Toleranz für Pornografie erheben, aber wird er sich für eine Kutsche statt für einen Daimler entscheiden? Wird er Kohle schleppen oder lieber den Heizkörper aufdrehen? Wer sagt, dass Fortschritt nur eine gültige Kategorie sein kann, wenn sie jeden erdenklichen Belang abdeckt, wo nicht einmal heutzutage Einigkeit darüber besteht, was in diese Kategorie fällt und was nicht? Man kann geteilter Meinung darüber sein, was Fortschritt sei. Mein Fortschritt muss nicht dein Fortschritt sein. Dennoch streben wir ihn alle an.

Die Überlebensformel des Menschen heißt: Fortschritt — Bedürfnisse entwickeln und befriedigen, mit denen immerzu aufs Neue, eine Verbesserung der Lebenslage angestrebt wird. Das bedeutet zwangsläufig, dass Menschen in einen Wettstreit um den Fortschritt eintreten, da es sich nicht vermeiden lässt, dass ihre Strategien der Bedürfnisbefriedigung in Konflikt geraten.


Freiheit ist Politik

Ein politikfreier Raum, eine um Politik bereinigte Welt ist weder möglich noch wünschenswert. Schließlich sind totalitäre Systeme ja nichts anderes als Versuche, die Gesellschaft von Politik zu befreien, sieht man von der Befrieidgung der politischen Bedürfnissen der herrschenden Kräfte ab. Insofern als man eine radikal depolitisierte Gesellschaft zu erzwingen trachtet, wird es sich um ein labiles und schließlich zum Scheitern verdammtes Projekt halten.

Es ist der zentrale Irrtum und letztlich auch die Todesursache des klassischen Liberalismus,  sich anzumaßen, eine Welt schaffen zu wollen, in der Politik ein beengtes Nischendasein zu fristen hat. Freiheit ist dagegen die Entfesslung des Politischen in der gesamten Bevölkerung.

Freilich hat John Dewey wohl Recht, wenn er in den Worten von Hilary Putnam erklärt:

Das Dilemma, dem die klassischen Verfechter der Demokratie gegenüberstanden, ergab sich deshalb, weil sie alle von der Voraussetzung ausgingen, daß wir über unser Wesen und unsere Fähigkeiten schon bescheid wissen. Dewey dagegen vertritt die Ansicht, daß wir weder unsere Interessen noch unsere Fähigkeiten kennen, ehe wir uns wirklich am politischen Geschehen beteiligen. (Putnam, H. (1997) Für eine Erneuerung der Philosophie, Reclam, Stuttgart, S. 238)

Auch hier eine interessante Parallele im Denken Deweys zu meinen eigenen Überlegungen, in denen ich unter anderem die sinnstiftende Funktion der Politik hervorhebe. Wir betreiben Politik, um herauszufinden, wer wir sind, wofür wir stehen, was wir wollen.

Siehe Politik (2) - Politik zwischen politischer Knappheit, Sinnstiftung und Macht

Andante — Walking the Keys

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Andante (Italian: literally, walking, present participle of andare to walk): Enjoy walking the tunes. Source.




Friday 27 May 2016

Zur politischen Anthropologie der Freiheit (1) — Eine Zwischenbetrachtung

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Ich bin ein wenig hängen geblieben bei der Niederschrift des Kapitels über 'Politics'. Deshalb möchte ich mir in diesem Post Klarheit verschaffen über ein paar Strudel und Untiefen, die mich im Flussbett meiner Argumentation ins schlingern gebracht haben.

Politische Anthropologie

Wenn die Anthropologie die Grundbedingungen des Menschseins untersucht, welche Aufschlüsse liefert dann die politische Anthropologie über den Menschen als politisches Wesen?

Die Anthropologie gibt uns eine Vorstellung davon, dass der Mensch immer schon ein Geschöpf der Freiheit ist, zugleich aber stets auch ein soziales Wesen. Der Mensch ist ein Gewebe, das als ein vom Hintergrund abgehobenes Muster kenntlich wird, indem sich in ihm besondere soziale Beziehungen verdichten. Einerseits also ist die Identität des Menschen eine aus sozialen Beziehungen gewobene Struktur. Andererseits verfügt das Individuum über eine so hohe Intelligenz, dass es (i) ein ausgeprägtes Bewusstsein seiner selbst besitzt, (ii) in der Lage ist, sich als selbstständiges Element von seiner sozialen Umgebung zu unterscheiden und (iii) diese von sich aus, also als ein Merkmal seiner persönlichen Besonderheit, in Frage zu stellen und zu verändern. So ergibt sich ein eigentümliches Spannungsverhältnis zwischen dem Individuum, das gewoben ist aus sozialen Fäden, welche es aufs Engste mit seiner Gemeinschaft buchstäblich verknüpfen, einerseits, und der menschlichen Einzelperson, der die Fähigkeit anhaftet, neuartige, vom Bestehenden abweichende Verknüpfungen mit ihrer Umgebung in Geist und Tat zu verfolgen.

Politik - Einflussnahme auf das sozial Gültige

Aus diesem Spannungsverhältnis ergibt sich das Zeitlose im politischen Streben des Menschen. Das soziale Umfeld vereinnahmt den Menschen, indes dieser wiederum Einfluss zu nehmen sucht auf die sozialen Beziehungen und Bedingungen, die ihm formend und zwangausübend auferlegt sind. Politik ist Einflussnahme auf das sozial Gültige, ob in der Zweier-Beziehung, in der Gruppe oder in einem noch viel größeren Verband, wie dem Nationalstaat.

Der Mensch ist der geborenen Gruppenabweicher — ein Abweicher von der Gruppe aber auch ein Angehöriger einer Gruppe, die abweicht. Denn seine Intelligenz ist derart, dass er in der Lage — man kann auch sagen: gezwungen — ist, sich und seine Umwelt aus einer Perspektive wahrzunehmen, die abweicht von der Perspektive anderer Individuen oder dem Blickwinkel, der in sozialen Konventionen unterstellt und vorgegeben wird.

Sprache und Objektivität

Das hohe Unterscheidungsvermögen des Menschen und sein differenziertes Problembewusstsein, letzteres wiederum Voraussetzung für Kreativität bei der Lösungssuche, ist auf dezentrale kognitive Leistungszentren verteilt, die der Individualität und Relativität ihres Standpunkts wegen ungleiche Bilder von der Welt projizieren. Aufgrund des besonderen Leistungsvermögens der menschlichen Sprache können diese dezentralen kognitiven Leistungszentren sich auf einander beziehen, dergestalt, dass sie, ohne ihre Individualität zu verlieren, von einander lernen, eben auch durch Fremd-Kritik. Wegen seiner sprachlichen Kompetenz ist der Mensch nämlich dazu imstande, die in ihm eingeschlossene Subjektivität, seine persönlichen Wahrnehmungen, Erfahrungen, Gedanken zu objektivieren, d.h. zum Objekt der Beurteilung und Bewertung durch andere Subjekte zu machen. Die Objektivität, zu der der Mensch einzigartig befähigt ist, die Öffnung und der Austausch der hermetischen Subjektivität des Tieres macht den Menschen zum Menschen, lässt ihn beitragender Nebenfluss und Nutznießer einer Hyperintelligenz werden, die das Produkt eines kollektiven Austauschprozesses ist, der die Spezies spätestens seit der Aufklärung und dem weltweiten Durchbruch der modernen Naturwissenschaften in ihrer Gesamtheit erfasst. Auf der tiefsten anthropologischen Ebene, dort wo sich entscheidet, was menschlich ist, beobachten wir also bereits eine intime Verzahnung zwischen Individualität und sozialer Einbindung. Die enorme persönliche Intelligenz des Menschen aber auch die Lernfähigkeit seiner Spezies als Ganzes sind das Resultat eines Zusammenspiels zwischen individueller kognitiver Leistung und sozialem Erfahrungsaustausch. 

Die menschliche Sprache unterscheidet sich von der anderer Tiere dadurch, dass sie bewusst entworfene und hoch differenzierte Beschreibungen zulässt. Wer detaillierte Beschreibungen liefern kann, der produziert unweigerlich auch unterschiedliche und unterschiedlich deutbare Beschreibungen. Die Beschreibung dieser Unterschiede führt zur Entwicklung differenzierter Kategorien und Techniken des Unterscheidens zwischen "wahr" und "falsch". Das wiederum begründet die einzigartige Fähigkeit des Menschen gehaltvoll zu streiten, lernend zu argumentieren und intellektuell zu wetteifern — ein Hebel, der die Qualität des gemeinsam erworbenen Wissens und die Wirksamkeit gemeinsamer Projekte verstärkt, ebenso aber auch die Neigung zur individuellen Abweichung und zur Streitbarkeit.

Überleben durch Bedürfnis-Erzeugung

Aus leicht verschobener Perspektive erweist sich, dass der Mensch aufgrund der sozialen und der persönlichkeitserweiternden Konsequenzen seines sprachlichen Austauschvermögens eine der Spezies eigentümliche Form des Überlebens entwickelt: der Mensch passt sich seiner Umwelt an, indem er sie durch das Entdecken neuer Bedürfnisse und durch sein Trachten, diese Bedürfnisse zu befriedigen, verändert und zwar so, dass sie sich seinen Bedürfnissen desto besser anpasst. Dies ist eine natürliche Folge des ausgeprägten menschlichen Vorstellungsvermögens, das mit dem Aufkommen der beschreibenden und der argumentativen Funktion der menschlichen Sprache Dimensionen erschließt, die weit über das hinaus gehen, was durch den Rahmen der Instinkte abgesteckt ist. Das Ausüben von Kreativität und Individualität in der beschreibenden Auseinandersetzung mit der menschlichen Lebenswelt, und die Erfahrung von Abweichung und Kritik beim Abgleich von Beschreibungen begründen einen Bereich der menschlichen Imagination, in dem das bloß Gegebene längst nicht mehr trennscharf zu unterscheiden ist von den Gebilden der Einbildungskraft. Der Mensch wird zum Erzeuger von Visionen. Und zwar von Visionen, die der denkbar schärfsten Prüfung ausgesetzt sind, dem Test durch die Sichtweise und die Erfahrungen jedes anderen Mitglieds der Spezies. Immer schwingt die Spannung mit, die sich zwischen Individuum und Gemeinschaft aufbaut und entlädt. Durch seine Kritik und sein abweichendes Tun prüft das Individuum die Gemeinschaft in unzähligen Einzelbeiträgen und gelegentlich im epochalen Alleingang, indes gleichzeitig die Gemeinschaft das Individuum und seine zahllosen Einzelbeiträge daraufhin durchtestet, ob es sich konform und tolerabel gebärdet.

Die Einflussnahme des Individuums auf die Gemeinschaft - Kern des Politischen - ist also fest eingebaut in den Bedingungskranz des Menschseins, ebenso wie die soziale Kontrolle des Einzelnen und seine Unterwerfung unter das Regime der seinem Handeln in einer Gemeinschaft zugestandenen Optionen.

Der Mensch ist ein politisches Tier.

Kulturelle Evolution

Die Befähigung des Menschen zur Objektivität, wie diese oben erläutert wurde, ist gleichbedeutend damit, dass der Mensch sich in gewisser Hinsicht eine eigene Variante der Evolution heranzüchtet: die kulturelle Evolution. Die wichtigste Konsequenz der menschlichen Objektivität ist eine beispiellose Lernfähigkeit, die sowohl dem Individuum wie der Spezies zugutekommt.

Dank der kulturellen Evolution spielen sich Veränderungen desto schneller ab, ungleich schneller als in der genetischen Evolution. Da sie durch Lernfähigkeit angetrieben wird, fügt sie eine weitere neuartige Ebene im Verhältnis der Menschen untereinander und im Umgang mit ihrer Umwelt hinzu: das Vermögen, sich der Umwelt anzupassen, gezielt Einfluss auf sie zu nehmen, erfährt selbst eine evolutionäre Entwicklung. Die kulturelle Evolution lehrt den Menschen, in seine Umwelt einzugreifen. Das heißt, bei allen Irrtümern und bei all den Gefahren des Missbrauchs derartiger Eingriffe, es sammelt sich im Arsenal der menschlichen Geschicklichkeit ebenfalls eine hohe Kunstfertigkeit an, die den Menschen instande setzt, seine Umwelt mit Bedacht und Verstand in seinem Sinne zu verändern.

Seit jeher heißt "laissez faire" eben auch "lasst sie eingreifen".

Das also sind die anthropologischen Bedingungen des politisch handelnden Menschen.

Im nächsten Schritt, dann wohl wieder im Rahmen des englischen Texts, gilt es fundamentale Kategorien des Politischen aus diesen Grundtatbeständen zu entwickeln — ich denke insbesondere an die Kategorie der politischen Knappheit.

Fortgesetzt hier.

Thursday 26 May 2016

Here Comes the Sun ...

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A pretty grey, rainy and cold May, we've had this year — still off and on I hrear myself murmur: here comes the sun; enjoy a unique rendering, performed my Steve-san Onotera

at an excruciatingly slow pace—[taking] almost 30 minutes to play the song once. He then sped the recording up 20 times and played it back, creating a sound that could easily be mistaken for some kind of modulated violin. Shooting during a sunrise was a nice touch.
The source.

Gegen Nagel

Image credit. The depicted part of the building bears a resemblance to the kind of tension that we are exposed to in a free society of extensive political emancipation. Its openness is liberating with light and vista, but then it may feel overwhelming owing to the vastness of perspective. The generous space may fill up with sun and warmth or leave one with a sense of coldness, exposure or detachment. Another ambiguity may be described as "contrived geometry versus nature," with the outside and the inside either accommodating each other or standing in alien juxtaposition.


... daß es das Ziel unserer politischen Theorie sein sollte, auf einer bestimmten Ebene letztlich der Einhelligkeit so nahe wie möglich zu kommen: einem Einvernehmen nämlich im Hinblick auf die Unterhaltung jener gesellschaftlichen Einrichtungen, in die man dann hineingeboren wird und die uns mit Zwangsmitteln auferlegt werden.

Eine solche These mag als extravagant oder gar unverständlich erscheinen, insofern das Fehlen von Einvernehmlichkeit ja gerade das Wesen des Politischen auszumachen scheint, doch werde ich sie in diesem Buch verteidigen ...

Das unverfälschte Ideal politischer Legitimität beinhaltet, daß jeder einzelne Bürger den Gebrauch staatlicher Macht muß billigen können — nicht etwa unmittelbar oder bis in die letzten Einzelheiten, sondern kraft seiner prinzipiellen Zustimmung zu jenen Rechtsgrundsätzen, Institutionen und Verfahrensnormen, die festlegen, wie solche Herrschaft eingesetzt wird. Dergleichen verlangt die Möglichkeit eines hinreichend hohen Niveaus einvernehmlicher Affirmation, denn sobald es in einem Staat Bürger gibt, die wider die Art und Weise, auf die staatliche Macht gegen sie eingesetzt wird, ein berechtigtes Veto geltend machen können, wird dieser Staat illegitim.

Es mag nicht unrichtig sein, wofür Thomas Nagel hier plädiert; dennoch missfällt mir eine Verwerfung, die unter der Oberfläche seines Arguments verborgen liegt: nämlich jene Konformität, mit der er sich einreiht in  das schier endlose Spalier jener Philosophen, die das Ideal der mit dem Namen John Rawls verknüpften, sich selbst feierenden Renaissance der politischen Theorie nachbeten. 

Die übergreifende Ambition dieser politischen Theorie findet Ausdruck in der Suche nach einer, und sei es nur heuristisch verwertbaren "Einhelligkeit" des politischen Gemeinwesens. 

Natürlich müssen wir uns nicht darüber streiten, dass Konvergenz der Standpunkte ein - in vielen Zusammenhängen berechtigtes - Grund-Desideratum der Politik ist. Es ist aber gerade die, von Nagel abermals beschworene Bindung der politischen Theorie an diesen trivialen Wunsch - wobei der Wunsch, nicht seine Verwirklichung trivial ist -, die sie in die Irre führt bzw. auf der Stelle treten lässt. Denn die Effektivität, mit der es uns gelingt, ein unverzichtbares Minimum an Konvergenz und Verträglichkeit der Standpunkte in einer politischen Ordnung zu erzielen, hängt entscheidend von dem ab, wovon die politische Theorie wegen ihrer Fixierung auf "Einhelligkeit" absehen muss: dem Grundtatbestand der Nichtübereinstimmung in politischen Gemeinschaften und seine Tauglichkeit als Ideal — und zwar als das grundlegendere Ideal verglichen mit dem Ideal der Einhelligkeit. 

Fundamentale Meinungsunterschiede sind, da stimme ich Nagel zu, gewissermaßen das Element, in dem die Politik zuhause ist. Aus modern-humanistischer Sicht könnte man sagen, dass wir Politik betreiben, um insofern Einheitlichkeit herzustellen, als wir es anstreben, dass alle maßgeblichen Parteien die Ideen und Absichten teilen oder immerhin zulassen mögen, von denen die Verwirklichung unserer Ziele abhängt. In Zeiten kruderer politischer Gesinnung, reichte es schon, dass Widerstand zwecklos oder unmöglich war, wobei die Mittel, die dies bewirkten, ziemlich brutal, gemein und unmoralisch sein konnten. Heute ist Politik Werbung bei den (potentiellen) Gegnern und den Indifferenten, die dafür sorgen soll, dass unsere Wünsche verwirklicht werden können. Sie baut Widerstände ab und organisiert Unterstützung. Sie nimmt Einfluss auf Andere, damit wir handeln können, wie es uns vorschwebt. Die Anderen zählen eben. Und das ist die Crux. 

Deswegen ist es irrig, Einhelligkeit in den Mittelpunkt der politischen Grundlagenforschung zu stellen, wie Ernst Nagel es fälschlicherweise in schöner Eintracht mit den Adepten des Rawlsianismus tut. 

Die Anderen, Ernst zu nehmen, bedeutet, unüberwindliche Meinungsverschiedenheiten, Ernst zu nehmen. Daher kann das Ideal der Politik nicht in Einhelligkeit bestehen, sondern darin, eine wünschenswerte (z.B. eine friedliche und wohlhabende) Gesellschaft zu befördern, trotz und, ja, mit Hilfe gerade der Uneinheitlichkeit, die unter den Menschen unweigerlich auftritt, wenn wir sie alle in der Vielfalt der ihnen zugestandenen Handlungsoptionen Ernst nehmen.

Und genau dies ist die zentrale Aufgabe oder — je nach dem Blickwinkel, den man wählt — das Erscheinungsmerkmal der Freiheit: das Gestalten der Uneinheitlichkeit als Produktivkraft.

Der ideelle Gravitationskern der Einhelligkeit hat sich in der politischen Theorie als fossiles Überbleibsel aus der Zeit des Rationalismus eingelagert. Die Sehnsucht nach Einhelligkeit hat viel mit philosophischer Selbstbefriedigung zu tun und wenig mit den realen Bedingungen, unter denen sich Menschen, die seit der Neuzeit nolens volens über große Freiräume verfügen, an einander anpassen.

Die Bewältigung dessen, was uns trennt, bedarf nicht einer einheitlichen Theorie von der vermeintlichen Möglichkeit und Notwendigkeit eines fundamentalen Konsens. Was wir in Wahrheit benötigen, um die Spannungen auszuhalten, welche die ideologischen und interessengesteuerten Unterschiede zwischen uns auslösen, sind gewachsene Traditionen, die Kraft des Bewährten, die immer wieder gemachte Erfahrung, dass wir uns trauen können, obwohl wir politische Gegner in dieser oder jener Angelegenheit sind, Einrichtungen des Zusammenlebens, in die wir längst hineingeboren sind, Institutionen, die dafür sorgen, dass wir erträglich miteinander auskommen, obwohl wir nicht handeln, als leiteten uns durchweg oder größtenteils (a) widerspruchslose Prinzipien, die überdies noch (b) uns allen einsichtig sind und unser aller Verständnis und Zuspruch genießen.


Politics - 3 - [Draft]*

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§ 4 — From Anthropocentric Freedom to Sociogenic Freedom

Freedom in the modern sense arises from new ways of mitigating the tension between

  • (a) man's innate disposition to act in ways determined by his own volition, and 
  • (b) the social limits imposed on personal latitude sought by the individual. 

Prior to the spread of freedom in its contemporary form, society is largely characterised by severe and extensive repression of the anthropocentric freedoms of the population by a ruling elite supported by grossly anti-egalitarian cultural arrangements.

Modern freedom seeks a more even and inclusive dispersion among all members of the population of the right and the ability to pursue anthropocentric freedom. Under conditions of modern freedom,

options of freedom available to the individual are

  • socially generated (sociogenic) by observance of rules applicable to all, as opposed to being 
while prior to the emergence of sociogenic conditions, options for the pursuit of free action are
  • centred in personal impulse and interest (anthropocentric), depending for their exertion on uneven advantages of power and status, and for most people on luck, covertness, cunning, or the absence of social resistance vis-à-vis personal impulse.

Under sociogenic freedom there is a deliberate, systematic, and socially enforced presumption in favour of

  • (i) increasing freedom for all, and 
  • (ii) limiting freedom only to promote 

(a) the equitable dispersion of personal freedom (e.g. equal legal rights), or

(b) other objectives designed to support forms of equality among citizens deemed fair and productive (the common good, equality of opportunity, equality of benefit-and-burden in taxation through progression etc).


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Tuesday 24 May 2016

'The Political Habitus' and Dewey's Theory of Democracy — A Note

Image credit. Nature painting itself. Paintings of nature by nature through human means.


I have argued here that what I call "the political habitus" is a "pre-political" condition of politics in a free society. In short, in an individualist age, men get used to acting in ways that are political in nature, while conduct pursued in this vein may largely take place outside—and prior to the establishment—of a democratic political infrastructure.

Broadly speaking, I see individualism as one of the most momentous consequences of the ongoing differentiation of the division of labour among human beings. A historical force to emerge slowly but relentlessly, only later does individualism become an objective of political ambition as we are accustomed to see it. In the meantime, the fait accompli of increasingly individualistic patterns of human cooperation forces a trail of adaptations to the irresistible paradigmatic thrust of individualism, one of which being a new political style: the trend toward more inclusive politics and— ultimately—democracy as we have come to know it. 

The genesis of freedom has its moments of sudden advances, but these are mostly undergirded by slow, even glacial streams of preparatory development like that process lasting a thousand years whereby the individualistic revolution instigated by Jesus of Nazareth and St. Paul would work its way into full bloom, albeit ultimately on secular terms.

John Dewey draws attention to another of these subtle and stealthy processes that continually nurture some of the most decisive, yet hardly noted, cultural paraphernalia of greater freedom. From his unique angle, Dewey confirms my view that — my interpretation — democracy

  • (a) must not be reduced to a few signal events, most notably elections, but 
  • (b) consists of a way of life which forms a cultural texture permeating the habits and daily practices of an entire society and its population, a texture that
  • (c) (i) originates and (ii) grows culturally preponderant until it becomes the dominant political paradigm and from then on (iii) continues to take place to a large extent
                 outside of the institutions expressly designed to support political action.


In fact, this "pre-political" texture makes up the substratum that supports the political order. 

Below I quote from an article written by Axel Honneth: Democracy as Reflexive Cooperation: John Dewey and the Theory of Democracy Today.

Honneth discusses various conceptions of democracy, of which I shall single out only the liberal variant, to contrast them with Dewey's view.
The core of all radical democratic objections leveled [sic] against liberalism's understanding of democracy has referred to its negative, individualistic conception of personal freedom.

[ ... T]he central argument has always been that in the liberal understanding ... [ "of," I suppose, should be eliminated, cf p. 766] the formation of the democratic, political will could be reduced to the function of periodically legitimating state action.

Here the subject is understood as previously furnished with a certain amount of personal freedom; and if the personal autonomy of the individual is understood as independent of the processes of social integration, this entails the following normative conclusion: The political activity of citizens must consist primarily in the regular control of a state apparatus whose essential task must, for its part, be the protection of their individual liberties. (Ibid. p. 766)
Honneth is putting his finger on it: in the liberal account, freedom, and derivatively, the pertinence of democracy or, shall we say, the right pursuit of democratic practices, are being plucked out of the air, conjured into existence as ultimate facts, as God-given or nature-given or logically irreducible axioms, as first principles of eternal existence. Freedom and democracy are not seen as embedded in the social world from which spring the experiences that orient human action and motivate our attitudes toward political categories.

This, of course, explains why liberals fail to appreciate the social character of individualism, thus completely missing its dynamic dimension whereby the exchange and competition of different interests and views keep shaping the meaning of freedom and the forms in which she gains a foothold in the real world.

By contrast, John Dewey offers a perspective on democracy that does account for its place in the social world.

Honneth argues that Dewey is able
[...] to grasp democratic ethical life as the outcome of the experience that all members of society could have if they related to one another cooperatively through a just organizing of the division of labor. (p. 780)
By a  
[...] one-sided restriction of democracy to the political sphere [as in authors such as Habermas] .. one loses sight of the fact that a democratic public sphere lives off social presuppositions that can be secured only outside this idea itself; it must expect each citizen to share so much common ground with all others that at least an interest can emerge in involving oneself actively in political affairs. However, such a degree of common ground can evolve only where, in the prepolitical domain, it has already been possible  to experience communicative relatedness; and this vacant spot in a politically one-sided theory of democracy is filled, in my view, by Dewey's idea of social cooperation, that is, of a division of labor under conditions of justice. (p. 779)

Smooth Rapture

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Smooth rapture — ah, the cello, that naturally elegiacal instrument with its close affinity to the human voice. When I hear a cello, I inadvertently descend into a ponderous mood — mind you, not so with the below piece.


Politics - 2 - [Draft]*

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§ 3 — The political anthropology of freedom

Individualism is a copious resource for mankind which has lain dormant for millions of years. Freedom is the mode of operation that man has chanced upon to be able to make the fullest use of the dormant potential of individualism.

As a prolegomenon (preface) to a theory of politics under conditions of freedom, I shall lay out the anthropological framework of the political propensities of human beings, in the course of which I explain

  • why man is a naturally individualistic being, 
  • why her individualism can flourish only under conditions suited to her social nature and needs, and 
  • why it has taken a long time and very special conditions to create a social environment in which it is possible to lift the potential of individualism.

Freedom may be regarded as a state of affairs such that the individualistic potential of humans is brought into balance — to a greater extent than ever — with our inescapable dependence on social ties and social considerations. Politics, being a discovery procedure with full public participation, is a key part of the heuristic apparatus by which we ascertain the conditions of this balance.

Freedom is a platform for productive individualism, which latter is a socially embedded phenomenon, that is to say: the conditions of individualism are not themselves of an individualistic nature. Rather than being causally rooted in needs and desires and other supposed or attained entitlements of the individual, the conditions of individualism represent first and foremost a matrix of social relationships, being derived from and dependent on collective arrangements.    

Continued here.

Monday 23 May 2016

Politics - 1 - [Draft]*

Image credit. This 19th century painting combines all the elements that are characteristic of politics. For I contend that acting politically amounts to monitoring, challenging, and persuading one another, with a view to maintaining or changing the standards of admissible social behaviour that govern a community of two or more human beings.


§ 1 Freedom — The Most Politicised Stage in Human Development

Freedom is a political phenomenon. Being an adaptation to the historical trend of individualism, freedom depends on the possibility of voluntary participation by every mature member of society in the processes of public decision making. What is more, in her everyday life in a free society, the individual constantly acts as a political agent in the sense that freedom accords her an unprecedented range of options to influence and alter socially accepted behaviour. Thus freedom is in at least two respects the most politicised stage in human development: 

in a free society, 
  • (a)  the formal political order is geared to mass political participation, and 
  • (b)  the individual is empowered to affect society in ways that previously were either (a) non-existent, inconceivable, placed under taboo, actively precluded, or (b) reserved to a small political elite.

§ 2 The Definition of Politics

We shall distinguish between politics in a wider and in a narrower sense. 

Politics in a Wider Sense

Politics in a wider sense is any effort to make one's social environment comply with one's needs. That would even include bilateral influencing, as in a situation where a spouse is trying to get his partner to accept his demands/desire—say, to attend a sports event rather than go to the opera. So, there are good grounds why we would refer to certain private activities in small groups or even bilateral relationships as "practising politics". 

Politics in a Narrower Sense

But, of course, this is not the sense in which we more ordinarily speak of politics. Politics in a narrower sense suggests the idea that people try to make an impact on what counts as acceptable, commendable or enforceable behaviour in a community, usually understood to be of rather large a size, even an entire nation made up of millions of people.

A General Definition of Politics

Human beings are social creatures that cannot survive without embarking on the kind of interaction with other members of their species that is aimed at and results in taking influence on one another.

Therefore, engaging in political activity is an anthropological constant, a trait of human conduct that is tied to the human being as an existential prerequisite.

We may, therefore, give the following general definition of politics, covering both its wider and its narrower denotation:

Politics is the exertion of influence of humans on one another—by force, stratagem or persuasion—with the purpose of establishing in a community the validity of certain rules and options for action, ensuring the admissibility, endorsement, toleration or enforcement of certain decisions, customs, habits, convictions and interests, including established and novel rights.

Politics, then, may be characterised as the type of behaviour that is directed toward achieving acceptance—in a social unit or social relationship—of certain expectations embodied in norms, status, and compliant action.

If A bows his head and doffs his hat to B, while the latter is not deigning to look at A, this may be interpreted as a result of politics.
A is complying with an accepted expectation embodied in 
  • the rule (norm) that 
  • a man of lowly rank (status) is supposed 
  • to demonstrate respect (compliant action)
  • for a higher-ranking member (status) of the community.

 ★

Despite the general and timeless aspects captured by politics in a wider and narrower sense, politics undergoes a sea-change under the influence of freedom. There are, then, distinct meanings of politics before and after the emergence of free societies. This difference only underscores that it is politics that lends freedom its distinct character. 

However, before turning to the unique features of politics under conditions of freedom, I shall take a closer look at the anthropological foundations of the political disposition in humans. This will help explain how political behaviour is intrinsic to the human condition in a way that renders freedom a project of great political indeterminacy, whose outcomes are impossible to predict and resist capture by any single ideology.

Having established the central and in many respects invariant role assumed by politics in the human condition, I shall be able to spell out more fully my contention that freedom is the most eminently political stage in the development of human society.


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Sunday 22 May 2016

Moral Objectivity (2)

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The Epistemological Argument for Democracy

In A Reconsideration of Deweyan Democracy, Hilary Putnam discusses
... a philosophical justification of democracy that I believe one can find in Dewey's work ...

[according to which:] ... Democracy is not just a form of social life among other workable forms of social life, it is the precondition for the full application of intelligence to the solution of social problems. (p. 180)
In its reach, this is a remarkable claim. For it does seem to contain the seeds of a scheme for the comparative determination of objectivity in moral matters. Remember, in Moral Objectivity (1), I rejected the notion of 
  • objectivity (I) as irrefutable truth, emphasising instead
  • objectivity (II) as the uniquely human capability of issuing inner states of consciousness so as to form objects of observation, contemplation, and criticism by other human beings. 
Much of the awareness of any other animal is trapped inside it, with no chance of being made available to other members of its species, no chance of being enhanced by the mentally processed experience of its fellow creatures, and no chance to contribute to such enhancement in conspecifics.

Objectivity (II) and Cultural Evolution

By contrast, objectivity (II) is the phenomenon whereby we render the subjective a public object, an object of inter-subjective perception, evaluation, paraphrase, interpretation and variation.

Objectivity (II) is the process that supports the mutation, selection, and variation of the subjective in public space, which is the beginning and fundamental principle of cultural evolution, creating a type of evolution entirely novel in at least two ways: (1) its gestation is hyper-fast compared to genetic evolution, and (2) it admits targeted experimentation, that is: man is no longer just the object of (genetic) evolution, man is empowered to use (cultural, later even genetic) evolution as a tool to further his own interests.

A sub-species of furthering his own interests is finding solutions to social problems. Therefore, what Putnam says of Dewey's conception of democracy would seem to imply that "full application of intelligence to the solution of social problems" is desirable, thereby presenting us with a moral standard against which we may judge the presence or extent of "moral objectivity."

For I take it that "solutions" are desirable, and if they are, then "the full application" of a means ("intelligence") to attaining solutions may arguably be considered desirable.

If this turns out to be so, and if this reasoning can be successfully defended, we stand a good chance to cull moral values and facts, certain moral constants and kernels from the operative scaffolding of the democratic process. That is to say, in order for the process of finding solutions to run as (we think) it should, we are operatively required to see certain preconditions fulfilled, which we may formulate in terms of moral preferences, perhaps like free speech or a prohibition to exclude anyone from the right to engage in research etc. 

Interestingly, from this angle we see a double similarity emerge between the ethical process of democracy and the processes by which science advances. For science to elicit certain desirable outcomes it depends on assumptions and practices that can be formulated in valorising terms — by valorisation I mean the attachment of value(s) so as to mark out desiderata. In science no less than in ethics, valorisation depends on choices reflecting differing perspectives. One of the reasons why science is no trivial pursuit is that the scientist has to make difficult choices, many of which can be thought of as anticipations of or other reactions to deviant choices other scientists may be inclined to make or have made, say, concerning the degree to which incumbent theory is to be maintained or repudiated in order to improve on a given theory.
 
Similarities between Science and Ethics - Valorisation and Organised Pluralism

So, both science and ethics are pluralistic in terms of valorisation. The first similarity between science and ethics is that both depend on valorisation, which implies pluralism. For if valorising is part of science and ethics, and valorisation is sensitive to perspective, and the participants in science and ethics take different perspectives, than science and ethics are to all intents and purposes pluralistic enterprises. 

This brings up the second similarity between science and ethics: both need to organise, manage, regulate the pluralism that the valorising agents engage in. That is a tremendously complicated affair, which I cannot begin to do justice to in this post; but I can say so much: in order to organise, defend and develop practical/operative and evaluative standards for the processes constituting science and ethical projects like democracy we depend on a scaffolding of interacting and mutually adjusting values.

We may disagree on the values, their desirability and consequences but in practising science and ethics we will always move within a scaffolding made up of such values.

Hence, all of the key terms mentioned above ("solutions" etc.) are subject to controversial interpretation: one may disagree as to what counts as a "solution" and what not, whether a "solution" is good or less so, and, by implication, challenge the claims that the "full application of intelligence" is in principle or in a given case acceptable. However, the point is, we have found a standard that should help us in making more precise the meaning of moral objectivity, and the credibility of the concept or the criticisms directed at it. 

The important lesson here is: it is an arrogant conceit to assume that there is a strict dichotomy between facts—the august realm of hallowed science—and values—the dubious paraphernalia of messy ethics—and that serious efforts at truth, or shall we say, important and meaningful solutions, may be expected from the former yet not of the latter.

Continued here.

Saturday 21 May 2016

Quote of the Day — Rabbi Zusahia on The Judgement of His Maker

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"Individualism" is not the name of one single thing, and some of the ideas that go under the name of individualism are to be cherished. For example, individualism can mean, simply, the idea that individuality is precious—even sacred.
In the Jewish tradition, one often quotes the parable about Rabbi Zusiah, who, on his death bed, told his grieving disciples that he was terrified of the judgement of his Maker.

"But you are a holy man," the disciples protested.

"You have been as faithful as Abraham; you have been as holy as Moses; you have been as learned as Hillel."

"The Lord is not going to ask me, 'Have you been Abraham?' 'Have you been Moses?' or 'Have you been Hillel?'" was the sage's reply.

"The Lord is going to ask me 'Have you been Zusiah?'"

Quoted from Words and Life by Hilary Putnam, p. 187

Moral Objectivity (1)

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A dialogue between the philosopher Karl Popper and a salesgirls at a bakery (apocryphal):

— All knowledge is conjectural knowledge.
— That you know for sure, right? 

Dialog zwischem dem Philosophen Karl Popper und der Verkäuferin in einer Bäckerei:

— Alles Wissen ist nur Vermutungswissen.
— Das wissen Sie aber. 

Dialohg zwieschn dehm Filosohfn Koal Bopper (Österreichisch) und de Fekäuferin innerre Backstubb (Pfälzisch)

— Ohles Wiessn iss nua Feamuhtungswiessn. (Österreichischer Akzent)
— Unn dess wisse Se abbeh, (Pfälzischer Akzent)


Science Is Not "Objective I" — Science Is "Objective II" and So Is Ethics

Are moral judgements "merely" subjective? Is objectivity a feature reserved to science and unknown in ethics? If so, why should the supposed difference matter? 

My tentative answer: ultimately, what objectivity ("objective II") means is that we humans, in contrast to other animals, are capable of making our thoughts and inner subjective experience the object of empathy, comment and evaluation by other humans.

That turns out to be a powerful advantage over other animals in terms of learning more about and instrumentalising our environment.

But that by itself does not make objectivity ("objective I") what it appears to be in accounts of crude popularisation: indubitable knowledge, unassailable truth.  

In fact, to all intents and purposes, most of our knowledge of the experienceable world seems to be provisional, subject to revision.

We do not have a general criterion by which we would be able to discern truth from non-truth. We have to find out case by case—each time anew—adapting our methods of corroboration to changing circumstances and elusive evidence.

There is no such thing as an algorithm detecting truth whenever it is to be had.

We do not have recourse to a truth-finding machine, automatically sucking up "the truth of the matter" subsequent to having cleansed it—fully and for good—from untruthful dust and debris.

We can assure ourselves only of verisimilitude (a similarity to truth), for there is no guarantee that observation-based conclusions may not one day be compromised by new refuting evidence, or that we might discover faults in our reasoning and contrive better conceptualisations that overturn facts and theories we had held to be certain.

We tend to underestimate the extent to which modern science is controversial, uncertain, open-ended, capable of pluralistic accounts, and based on value-judgements—on this latter point soon more.

We tend to focus on the stable results of science, disregarding the huge volume of contested and unsettled science and the long trail of discarded chunks of once "certain knowledge."

So, is science "objective"? If by the term we mean "irrefutable" ("objective I"), then the answer is a resounding "no"!

Were we to think science a repository of irrefutable truths, strangely, we would find ourselves in the intellectual company of crocodiles, who probably think they know all there is to know. After all, their "omniscience" has worked well for their species.

Are we better off, feeling more uncertain about our knowledge than do crocodiles about theirs?

We surely are. Being curious, which implies uncertainty about our environment, is part of human nature just as predator teeth are part of  a crocodile's nature. We would probably be unhappy without the ability to indulge our curiosity and the sense of uncertainty that drive us, and it is a certainty that we would perish if we lost our human intelligence, for it has evolved to make us survive.

Continued here.

Friday 20 May 2016

Quote of the Day — Hilary Putnam on the Genius of the Goofball

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Suppose we have evolved with all the intelligence that we have [...] but with a firm prejudice against the unobservable.

Suppose we only believed in things we could see, hear, feel, touch, and so forth. [...]
We would not believe in gods, spirits in the trees and in the rivers, substance and accidents, forces and the "natural motions," and so on. 

We would never develop a religion or a metaphysics. 

But as far as observable things are concerned, we could be as "scientific" [believing that only science provides us with knowledge, all other thought being of lesser dignity] as you please. We might even be more "rational" than humans are, because we could not be led astray by "metaphysical prejudices."

Then we—or such a race of beings—could hunt deer, use stone axes and spears, make fires, and so forth, just as well as we actually can.

Such a race might even develop a civilization to the level of ancient Egypt. It would not develop geometry, beyond the Egyptian level of practical land measurement, because the notion of a straight line with no thickness at all, or the notion of a point with no dimensions at all, would make no sense to it.

It would never speculate about atoms swarming in the void, or about vis viva.

And, interestingly enough, it would never develop physics or mathematics!

Hilary Putnam in The Place of Facts in a World of Values, in Realism with a Human Face, p. 160

Incidentally, I take this quote to be a strong argument in favour of a democratic society of free and equal individuals.  Why?

In the first place, your silly neighbour may turn out the next Einstein. 

In the second place, a perfectly consistent rational system, authoritatively covering what there is to know and what ought to be known, is like the straight-jacket that elementary school teachers and tyrants like to impose on us. 

People are less controllable, less oppressed, and more open to desirable change when it is socially accepted or effectively tolerated that the decisive impetus for betterment will often come from outside the prevalent order; and that things are likely to turn for the worse when this kind of openness is missing. (See also Das Paradoxon der Freiheit and Theorie und Praxis)

Revolutionary improvements in the human condition inside and outside our brains depend on resources — intelligence, imagination, and ingenuity — whose distribution among all of us is rather even while the authorship of the highlight attainments of the human mind are impossible to predict and intricately enmeshed with countless lesser, yet indispensable contributions: Einstein depended on generations of previous thinkers, including the people who taught him elementary arithmetic and physics.