Saturday 31 December 2016

Wissen (13)



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Von Whitehead stammt die Sentenz:



Civilization advances by extending the number of important operations which we can perform without thinking about them.



Man könnte die Aussage sinngemäß vielleicht so übersetzen:



Die Zivilisation schreitet voran, indem die Anzahl der Verrichtungen wächst, die wir durchführen können, ohne sie uns bewusst zu machen.



Wir schalten das Licht an, wir drehen die Heizung auf, wir fahren von Berlin nach Braunschweig, im Auto, in der Bahn. Normalerweise machen wir uns keine Gedanken darüber, wie diese Verrichtungen überhaupt möglich sind. Von den meisten Abläufen, die hierzu erforderlich sind, zum Beispiel ein Haus mit elektrischem Licht zu versorgen, fehlt uns jedes tiefere Verständnis. Wir lassen fremdes Wissen für uns arbeiten.



Niemand erfasst das wabernde, wachsende, sich ständig erneuernde Gesamtgebilde unseres Wissens, aber jeder bedient sich seiner, größtenteils ohne es zu bemerken.



Die große Bedeutung des tradierten Wissens



Das sokratische Diktum „ICH weiß, dass ICH nichts weiß“ soll uns auch daran erinnern, dass jeder Mensch den weitaus größten Teil seines Wissens aus der Tradition übernimmt, aus dem, was andere Menschen, lebende und verstorbene, nach und nach beigetragen haben zur Fülle an Wissensbeständen, die uns Menschen zugänglich sind.



Der große Wissensvorsprung des Menschen gegenüber anderen Tieren beruht auf seiner Befähigung zur Objektivität. Das menschliche Individuum ist in der Lage, seine subjektiven Eindrücke und Vorstellungen zum Gegenstand der Betrachtung, der Kritik und Ergänzung durch die Gedanken anderer Menschen zu machen. Er kann seine Subjektivität gewissermaßen auspacken und auf den Tisch legen, damit andere sie begutachten können. Damit wird der Wissensfortschritt zum Projekt einer gesamten Gattung, an dem zahllose Menschen und Generationen beteiligt sind. Insofern der Mensch Objektivität praktiziert, sich am Prozess der Objektivierung, dem Auspacken und Veröffentlichen des Subjektiven beteiligt, beinhaltet kreatives, kritisches, sich entwickelndes Denken zugleich auch einen Akt des Tradierens, der Überlieferung von Wissen an Andere: das Wissen des Einen gelangt in den Wissenskreislauf eines Anderen.



Es ist ein Irrtum, die Wissenskultur unserer Gattung auf das Denkvermögen des einzelnen Menschen, auf etwas, was sich im Hirn abspielt, zu reduzieren. Die Abläufe unserer Wissenskultur sind in ihrer Gänze größtenteils unsichtbar. Wir erleben unser persönliches Denken sehr intensiv, als etwas intimes, etwas sich in uns abspielendes, zu uns gehörendes. Das Denken anderer Menschen verbinden wir meist mit den Merkmalen einer persönlichen Leistung, sei es einem Redebeitrag, einer Nachricht oder einem Buch. Es ist daher verlockend, aber eben irrig und sogar gefährlich das für den Bestand und die gedeihliche Entwicklung unserer Zivilisation benötigte Wissen (und Denken) im Wesentlichen gleichzusetzen mit dem Wissen (und Denken) des Individuums. Dieser Irrtum begünstigt den naiven Rationalismus und andere Vorstellungen, die echtes, gültiges, zu befolgendes, herrschaftsberechtigtes Wissen dem entsprechend geschulten Individuum zuordnen, und letzten Endes zu einer Sache persönlicher Autorität machen.



In Wirklichkeit sind die Denkfähigkeit und das Wissen des Individuums nur ein Teil einer weitläufigen spontanen Ordnung, über die kein noch so weiser Mensch, Herrschaft auszuüben vermag. Innerhalb dieser spontanen Ordnung taugt unser Denken desto mehr, je besser es verzahnt ist mit anderen Mitteln der Wissensbildung und intellektuellen Orientierung, die sich autonom entwickelt haben und Autonomie genießen, also nicht das Geschöpf oder der Befehlsempfänger unseres Verstandes sind. 

So muss sich das Versuchswissen des Menschen (a) abarbeiten am Hindernisparcour der Welt 3, die unsere Anschauungen der unerbittlichen Disziplin von nach und nach entdeckten Fakten und Implikationen unterwirft, die unabhängig von unserem Gutdünken sind. 

Und so ist es auch nicht unser Verstand, der die menschliche Sprache erschafft, sondern (b) erst im Zuge der Evolution unserer Sprache prägen sich die Leistungsmerkmale, aber auch die Grenzen unseres Verstandes aus. Die Möglichkeiten des Verstands sind ein Geschenk, kein Eigenerzeugnis. 

Zwei weitere Gesichtspunkte gilt es zu berücksichtigen, um sich klar zu machen, dass unser Denken und Wissen in hohem Maße abhängig ist von seiner Stellung in einer großen spontanen, eben nicht menschengemachten Ordnung. Selbst die besten Früchte der Wissensbildung sind das Resultat von Prozessen, die nicht der individuellen Geistestätigkeit, sondern der Interaktion vieler Menschen und einem über das Individuum weit hinausreichenden Spiel der Anpassung an andere autonome Einflüsse entspringt, siehe Punkt (a) in diesem Abschnitt. Das gilt nicht nur für explizites Wissen, wie etwa die ausdrücklich formulierten Theorien Albert Einsteins, der, bei aller Genialität und Originalität, seine Theorien nie ohne die Überlieferung und die Einflüsse zahllose Vorgänger und Zeitgenossen hätte entwickeln können.



Dass unser Wissen eine Anpassung an einen gewaltigen endogenen, nicht von uns erzeugten Kontext darstellt, erkennt man auch am umfangreichen Gebrauch, den wir Menschen von nichtexplizitem Wissen machen. Wissen, das man sich per Imitation und intuitives Geschick aneignet, wie die Fähigkeit Fahrrad zu fahren, oder solches Wissen, in dem Erfahrungen komprimiert sind, mitunter sogar von vielen Generationen, die wir uns in Form von Gepflogenheiten oder Regeln („Du sollst nicht stehlen“) zueigen machen, ohne ermessen zu können, aufgrund welcher millionenfacher Umstände die in ihnen vermittelten Lehren zu einem stabilen Teil unserer Kultur geworden sind.



In ihrer Suche nach einer persönlichen oder einer methodischen Autorität, eben einer letzten Instanz, die ihnen verrät, wann oder dass sie Wissensgewissheit erreicht haben, verkennen die erkenntnistheoretischen Dogmatiker, das der Erkenntnisfortschritt ein offener Prozess ist, von dem niemand wissen kann, welche Einflüsse seine nächste Erweiterung- und Umgestaltungsetappe bestimmen werden und wie der neue Grenzverlauf unseres Wissen  aussehen wird. Erkenntnis entsteht aus Ungewissheit und erzeugt neue Ungewissheit. Die kritische Methode, die den Erkenntnisfortschritt vorantreibt, ist ein spontaner Anpassungsprozess im Dienste der Bewältigung einer veränderlichen Welt voller Rätsel und unvorhersehbarer Ereignisse. Erkenntnisfortschritt ist uns nur deshalb möglich, weil wir in Ungewissheit leben und fehlbar sind; weil wir es verstehen, mit unserer unüberwindlichen Wissensungewissheit und Fehlbarkeit geschickt umzugehen.



Der Traum vom sicheren Wissen ist ein verfehlter und gefährlicher Traum. Denn wenn wir Wissensgewissheit besäßen, bezöge sie sich, wegen unserer Geringfügigkeit relativ zum Universum, nur auf einen verschwindend kleinen Ausschnitt des für uns maßgebenden Kosmos. Wissensgewissheit wäre nichts anderes als radikale Borniertheit. Wir würden nicht mehr lernen, weil wir glaubten, alles bereits zu wissen.



Wir kommen gar nicht über das vorläufige Stadium eines Gedankenexperiments hinaus, wenn wir uns vorzustellen versuchen, was es bedeuten würde, Wissensgewissheit in der menschlichen Gemeinschaft zu erzielen. Denn selbst in den veränderungsfeindlichsten Stadien der menschlichen Geschichte, ist es nie gelungen, den aus Neugier, Zweifel und Ungewissheit entstehenden Drang des Menschen, bestehendes Wissen in Frage zu stellen und neues Wissen zu erproben, ganz und gar auszuschalten. Denn ohne den ständigen Ausbruch aus dem gewohnten Denken könnten wir nicht überleben. Nicht nur wissenschaftliche Expeditionen ins Reich des Ungedachten und Unversuchten verschieben die Grenze unseres Wissens. Schon der gewöhnliche Alltag verlangt von uns, dass wir ins Ungewisse hinausschreiten, dass wir unser bisheriges Wissen in Frage stellen, herausfordern, revidieren, erneuern.


Friday 30 December 2016

Die Zentralbank (3) ... im Spiegel ihrer Bilanz — Aktiva

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Die Umsetzung der abstrakten Ziele einer Zentralbank in der Realität ihrer täglichen Geschäftsabläufe spiegelt sich prägnant in ihrer Bilanz wieder. 

Das sieht man schon daran, dass sich die gegenüberliegenden Kolumnen ihrer Bilanz vertikal unterteilen lassen in Vorgänge, die sie als Banker des Staats und solche, die sie als Banker der Banken betreffen. 

Die zwei obersten Posten auf der linken Bilanzseite (Wertpapiere und Fremdwährungs-Reserven) erscheinen in der Bilanz, damit die Zentralbank überhaupt als Banker des Staats agieren kann — um Geldpolitik zu betreiben (wie, das sehen wir später im Einzelnen) und  um die Landeswährung und ihre Stellung im internationalen Währungssystem zu beeinflussen.

Der dritte und unterste Posten auf der Aktivseite der Bilanz (Kredite) ergibt sich, weil die Zentralbank stets bereitsteht, Geschäftsbanken Liquidität einzuschießen, sobald diese sie benötigen, ganz besonders natürlich in angespannten Situationen, wenn ein Mangel an liquiden Mitteln zur Insolvenz von Banken und einem Zusammenbruch des Finanzsystems führen kann.

Unter den Aktiva ("assets", zu deutsch auch bezeichnet als: "Mittelverwendung" oder "Forderungen") finden wir Wertpapiere ("securities"), Fremdwährungs-Reserven ("foreign exchange reserves") und Kredite ("loans"). Unter den Passiva ("liabilities", zu deutsch auch bezeichnet als: "Mittelherkunft" oder "Verbindlichkeiten") finden wir Bargeld, Einlagen staatlicher Stellen und Einlagen von Geschäftsbanken (Reserven).


Wertpapiere: Durch den Erwerb und Verkauf von Wertpapieren ist die Zentralbank in der Lage, Einfluss zu nehmen auf das Zinsniveau bzw. die Geldmenge — wie genau sie dies erreicht, das sehen wir in späteren Posts. Durch ihre Wertpapiertransaktionen führt die Zentralbank jedenfalls der Wirtschaft Geld hinzu (Einschuss von Geld in die Wirtschaft bei Kauf von Wertpapieren) oder entzieht ihr Mittel (Erhalt von Geld aus der Wirtschaft bei Verkauf von Wertpapieren).

Fremdwährungs-Reserven: Hier handelt es sich um Bestände an Devisen, genauer Schuldtitel anderer Staaten (z.B. - im Falle der Federal Reserve — der US-Zentralbank — können dies Anleihen der japanischen Regierung, der Europäischen Zentralbank (EZB) oder des chinesischen Staats sein). Durch kauf oder verkauf solcher Bestände lässt sich der Wert der eigenen Währung gegenüber anderen Währungen beeinflussen. 

Kredite (meist an Geschäftsbanken): Mit diesem Instrument gewährleistet die Zentralbank eine größeres Stabilität des Banken- und Finanzsystems. Auch dient es zur Feinsteuerung des Leitzins. Im Fall der EZB machen Kredite an Geschäftsbanken einen wesentlich größeren Posten aus als bei der Fed, da die Titel, durch deren Erwerb und Veräußerung Zinsniveau und Geldmenge gesteuert werden, technisch betrachtet keine Wertpapiere, sondern besicherte Kredite sind.

In den USA sind Wertpapiere der größte Aktivposten in der Bilanz der Zentralbank, in der EZB sind es Kredite und in Ländern, für die der Außenhandel eine herausragende Rolle spielt, können Fremdwährungs-Reserven ein besonders umfangreicher Posten in der Zentralbank-Bilanz darstellen.


97%? More Like 0.5 %

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You have read that 97 per cent of scientists have attained a consensus agreeing that half of the global warming since 1950 has been caused by human emissions of carbon dioxide. Legates et al. checked the scientific papers on climate to verify the 97% consensus. They found “0.5 per cent of the abstracts of 11,944 scientific papers on climate-related topics published over the 21 years from 1991-2011 had explicitly stated an opinion that more than half of the global warming since 1950 had been caused by human emissions of CO2 and other greenhouse gases.” [45]

One-of-200 papers say dangerous manmade global warming is real, but the media says 97 of 100 scientists support the theory. If scientific papers are the library of scientific knowledge, the 97 percent consensus figure is a hoax. Big Media has manufactured a fake truth.

For the material referred to in the footnote above and a good survey of many more facts that call global warming hysteria into doubt consult

The source.

Thursday 29 December 2016

No Surprises

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Enjoy.



Die Zentralbank (2) — Der Stabilisierungs-Auftrag

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Die Zentralbank trägt dafür Sorge, dass (1) Finanzmärkte und Bankwesen sowie (2) die Geldordnung in ihrer volkswirtschaftlichen Dimension stabil bleiben, also nicht durch Pannen und Krisen in ihrer vorgesehenen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden.

Die moderne Zentralbank ist letzten Endes ein Teil des Staats. Doch wie das Justizwesen, das auch Teil des Staats ist, kann die Zentralbank nur dann optimal funktionieren, wenn sie eine gewisse Unabhängigkeit von den unmittelbaren Interessen staatlicher Akteure genießt. Wenn die Gerechtigkeit es erfordert, muss es möglich sein, dass der Staat in einem Gerichtsverfahren gegen eine Bürgerin seiner Schuld überführt und ordnungsgemäß bestraft wird. Wenn der Stabilitäts-Auftrag der Zentralbank es verlangt, muss es möglich sein, dass die Zentralbank Maßnahmen durchsetzt gegen die kurzfristigen oder anderweitig unberechtigten Interessen derer, die gerade an den Hebeln der Macht sitzen.  

Wie das Justizwesen orientiert sich die Zentralbank an übergeordneten Prinzipien, die ihren Auftrag über vergängliche Tageserfordernisse und die taktischen Bedürfnisse der Mächtigen stellen und an die Voraussetzungen des Allgemeinwohls binden; ihrem Tun liegt gewissermaßen eine Verfassung zugrunde, die folgende Punkte umfasst:

  • Niedrige und stabile (d.h. nur geringfügig schwankende, nicht sprunghafte) Inflation
  • Hohes und stabiles Realwachstum verbunden mit einem hohen Beschäftigungsniveau
  • Stabile Märkte und Institutionen im Finanzbereich (Banken, Börsen etc.)
  • Stabiles Zinsniveau
  • Stabiler Wechselkurs

Die Zentralbank ist damit für eine besondere Art von Risiko zuständig: systematisches Risiko, wie es in der Finanztheorie genannt wird. Es ist das Risiko, das dem "System", sprich der Wirtschaft als Ganzes anhaftet. Im Gegensatz dazu ist unsystematisches Risiko mit dem Schicksal einzelner Wirtschaftsteilnehmer verbunden. Wenn man nicht alle Eier in einen Korb legt, sondern auf mehrere verteilt, lässt sich unsystematisches Risiko stark herabsetzen. Denn wenn es diesen Wirtschaftsteilnehmern schlecht geht, mag es jenen gut ergehen, so dass sich die Verluste hier mit Gewinnen dort ausgleichen lassen und man unterm Strich noch ganz ordentlich profitieren kann.

Für den Einzelnen liegt es im Bereich des Möglichen, unsystematisches Risiko durch Sachkunde, Geschick, und letztlich durch verantwortungsvolles Verhalten abzuwenden. Doch ein Einzelner kann das systematische Risiko z.B. eines Inflationsschubs nicht aus eigener Kraft abwenden, und kann es kaum ohne staatliche Hilfe abmildern. 

Systematisches Risiko sollte besser vermieden werden, da es uns im Eintrittsfall alle unweigerlich trifft und mit nichts zu kompensieren ist — jedenfalls nicht ohne spezielle Vorkehrungen wie sie die Zentralbank trifft, sagen wir, durch Einlegerschutz, die Verhinderung einer Wirtschaftskrise durch geldpolitisches Einlenken oder durch Eingriffe, die illiquide Banken vor der Insolvenz bewahren, um so das gesamte Bankwesen vor dem Zusammenbruch bewahren etc. 

Inflation

Inflation unterhöhlt das Wirtschaftswachstum und bringt großen Teilen der Bevölkerung erhebliche Nachteile. Ein stabiles Preisniveau schützt den volkswirtschaftlichen Nutzen des Geldes, insbesondere dessen Funktionen als (a) Wertmaßstab/Rechnungseinheit und als (b) Wertaufbewahrungsmittel. Starke Schwankungen und Sprünge im Preisniveau unterminieren die Informationstreue des Geldes, so dass nicht mehr klar ist, ob Preise echte Knappheitsverhältnisse widerspiegeln oder ob sie künstlich aufgebläht sind.

Inflation würde kein Problem darstellen, wenn eine sofortige Anpassung aller Preise an das neue Niveau praktisch möglich wäre. In der Wirklichkeit pflegt sich aber Inflation ungleich auszubreiten, so dass einige von denjenigen, welche von ihr zuerst erfasst werden, u.U. profitieren (Verkauf zu höheren Preisen, Nutznieß inflationär aufgeblähten Zuwendungen/Einkommen) während diejenigen, die erst später einkommensseitig von ihr erreicht werden, mit höheren Kosten bei konstantem Einkommen konfrontiert werden.

Bei sprunghafter Inflationsentwicklung sind Preise schwer vergleichbar und es ist schwierig, die Entwicklung von Verbindlichkeiten und Forderungen abzuschätzen, so dass die Budgetplanung für Haushalte und Firmen zum Lottospiel werden kann.

Wachstum und Beschäftigung

Die Zentralbank bemüht sich, übertriebene Ausschläge im Wachstumsverlauf der Wirtschaft zu kappen, den Wachstumspfad zu glätten, um so Ressourcenverschwendung (durch Überproduktion oder unzureichende Auslastung) und andere damit zusammenhängende Nachteile für die Bevölkerung, besonders negative Auswirkungen auf das Beschäftigungsniveau, einzuschränken. 

Konjunkturzyklen sind eine Hauptquelle von systematischem Risiko. Neben Finanzkrisen.

Finanzsektor

Bricht das Finanzsystem zusammen, dann kommt auch die Wirtschaft außer Tritt. Wenn Finanzmärkte und Finanz-Institutionen nicht mehr funktionieren, finden Kreditnehmer keine Mittel mehr, um die Wirtschaft mit Investitionen oder durch die Nachfrage der Haushalte (deren kreditfinanzierter Konsum durchaus in verantwortungsvollem Rahmen stattfinden kann) zu beleben, Sparer fehlen Gelegenheiten, ihr Geld vernünftig anzulegen.

Zinsen

Zinsen beeinflussen den Rhythmus wirtschaftlicher Aktivitäten; niedrige Zinsen können dazu beitragen, dass die Wirtschaft sich belebt; höhere Zinsen können wich dämpfend auswirken; erratisches Schwanken in der Zinsentwicklung ist einer kontinuierlichen Wirtschaftsentwicklung abträglich.

Wechselkurs

Ebenso wie eine stetige Zinsentwicklung ist ein stabiler Wechselkurs kein Selbstzweck, sondern Mittel, die Hauptziele der Zentralbankpolitik zu befördern: niedrige Inflation, stetiges Wachstum und ein stabiles Finanzsystem. Besonders in Ländern, in denen der Außenhandel eine zentrale Rolle spielt, trägt eine ausgewogene Wechselkurspolitik durch erhöhte Planungssicherheit zu einem positiven makroökonomischen Leistungsbild bei.

Wednesday 28 December 2016

Die Zentralbank (1) — Banker des Staats und Banker der Banken

Image credit. Über die Grundkategorie des Vertrauens als Vorbedingung des Lebens in einer Zivilisation und der Rolle des Staats bei der Überwindung von Misstrauen habe ich hier einiges zu sagen.


Von Berufs wegen vertrauenswürdig

Zentralbanken sind dazu da, dass man sie nicht bemerkt. Sie haben dafür zu sorgen, dass uns nicht zu Bewusstsein kommt, wie unangenehm es für jeden von uns werden kann, wenn das Finanzsystem nicht mehr lautlos vor sich hinsummt.

Was genau treiben Zentralbanken den lieben, langen Tag, dass sie so wichtig sind für eine moderne Wirtschaft?

Sie agieren als Banker des Staats und als Banker der Banken.

Banker des Staats

Ein Staatswesen ist angewiesen auf Geld. Viel Geld. Und es benötigt eine Geldordnung, die eine fruchtbare wirtschaftliche Entwicklung zulässt. Für beide Zwecke benötigt der Staat eine Zentralbank.

Banken als Einzelunternehmen sind damit überfordert, neben dem Tagesgeschäft, auch noch sicherzustellen, dass ihr Miteinander reibungslos funktioniert. Das eröffnet ein weites Feld für einen Spezialisten, der sich um die Koordination der Banken kümmert.

Es stellt sich heraus, dass für diese Zwecke ein Faktor unverzichtbar ist, auf den sich eine Zentralbank vor allen Dingen spezialisieren muss, bevor sie ihre anderen Funktionen erfolgreich wahrnehmen kann: Vertrauenswürdigkeit.

Die Grenzen staatlicher Macht fallen überein mit den Grenzen, die staatlicher Destruktivität gezogen sind. Eine funktionierende Zentralbank ist ein Bollwerk gegen Versuche der politischen Macht, sich durch Machtmissbrauch selbst zu zerstören: Ein Staat braucht Geld. Deshalb muss er nolens volens hinnehmen, dass Regeln eingehalten werden, die den Wert und die Solidität der Währung gewährleisten und somit das Vertrauen der Menschen ins Geld rechtfertigen, ohne das keine Geldordnung der Welt Bestand haben kann.

Der moderne Staat ist ungleich reicher und wirkungsstärker als Staaten und staatsähnliche Institutionen aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert. Die Zentralbank hat sich profiliert als Merkmal des einflussreichen Staats modernen Zuschnitts, der angewiesen ist auf eine funktionierende Geldordnung in einer Gesellschaft, die hochgradig arbeitsteilig ist und darauf beruht, dass jeder Erwachsene sich als Verkäufer von Arbeitskraft und anderen Waren am geldvermittelten Handel zwischen den Menschen beteiligt. Seitdem der Geldnexus uns alle miteinander verknüpft, meist unbekannterweise, ist der Hüter des Geldes zu einer still wirkenden Kraft in unserem Leben geworden.

Die Zentralbanken haben sich evolutionär bewährt, indem es ihnen gelang, sich mit Verfahren des verantwortungsvollen Umgangs mit Geld als Währungshüter zu empfehlen. Während die Potentaten dieser Welt dazu neigten, sich zu überschulden, schließlich zahlungsunfähig zu werden und die Verantwortung für ihre Verbindlichkeiten abzulehnen, waren die entstehenden Zentralbanken besser darin, den Wert ihrer Verbindlichkeiten zu pflegen — etwa indem sie die gegen sie bestehenden Forderungen mit einer ausreichenden Golddeckung absicherten. Ihre Glaubwürdigkeit wurde zur Geschäftsgrundlage eines bis heute erfolgreichen Modells. 

Sie besitzen das Privileg, Geld zu emittieren oder es aus dem Wirtschaftskreislauf abzuziehen. Dies wiederum ermöglicht es ihnen, Einfluss zu nehmen auf Wohl und Weh einer Volkswirtschaft, und diese durch Verknappung des Geldes vor Überhitzung zu bewahren oder durch stimulierende Ausweitung der Geldmenge vor dem Sturz in eine Wirtschaftskrise zu bewahren oder den Weg aus einer Rezession zu bereiten.  

Banker der Banken

Aufgrund der politischen Unterstützung der Zentralbank durch den Staat, und wegen ihrer umfangreichen Goldreserven galt sie bald als größte und verlässlichste unter allen Banken. Die von ihr emittierten Umlaufmittel (Banknoten), standen im Ruf sicherer zu sein als die anderer Banken, was bedeutete, das ihre Kunden damit rechnen konnten, ihre Einlagen bequemer und sicherer in Bargeld zu konvertieren. Es konnte nicht ausbleiben, dass auch andere Banken sich diese Vorzüge zu eigen machten und Mittel bei der Zentralbank einzahlten.

Auf diese Weise unweigerlich zum Banker der Banken geworden, leistet sie diesen bis heute unverzichtbare Dienste, indem sie

(1) Kredit verfügbar macht  insbesondere bei angespannter Finanzlage der Banken (Kreditgeber der letzten Instanz),      

(2) für einen reibungslosen und effizienten Zahlungsverkehr sorgt,

(3) als Aufseher der Geschäftsbanken und des Finanzsystems fungiert.

Was den ersten Punkt betrifft, so ist die Zentralbank wegen ihrer Fähigkeit, Geld zu "drucken", in der Lage, den anderen Banken jederzeit Mittel bereitzustellen, insbesondere dann, wenn andere Banken, in krisenhaften Umständen Kredite benötigen aber nicht mehr imstande sind, sich diese untereinander zu gewähren — (später mehr zur Fähigkeit von Geschäftsbanken, Geld aus dem Nichts zu schaffen und den Grenzen, denen ihnen dabei gezogen sind).

Zum zweiten Punkt ist zu sagen, dass wir in einer hochgradig arbeitsteiligen, alle Lebensbereiche durchdringenden Tauschwirtschaft alle darauf angewiesen sind, jederzeit problemlos Zahlungen untereinander zu vollziehen. Ein technisch wirkungsvoller, preisgünstiger und verlässlicher Zahlungsverkehr ist für alle Banken und ihre Kunden von größter Bedeutung — ungeachtet des Umstands, dass auch hier wieder gilt, was wir eingangs unterstrichen hatten: eine Zentralbank ist dazu da, dass uns ihre segensreichen Aktivitäten unbemerkt bleiben.

Da alle Banken, wie wir gerade sahen, Konten bei der Zentralbank unterhalten, bietet  diese sich als Organisator des zwischen den Banken stattfindenden Zahlungsverkehrs und als zentraler Mitspieler im so genannten Interbanken-Markt an.
 

Drittens, wegen ihrer besonderen Stellung wird die Zentralbank gerne auch mit aufsichtsrechtlichen Funktionen betraut, was jedoch von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt wird. Auch wenn diese Funktion verschieden stark ausgeprägt sein kann, ergeben sich zumindest quasi-aufsichtsrechtliche Aufgaben der Zentralbank und Lenkungs-Ziele hinsichtlich des Banksystems schon aus ihrem Mandat, Finanzordnung und Volkswirtschaft Stabilität zu verleihen.

Und damit zur Stabilisierungsfunktion der Zentralbank.

Fortgesetzt hier.

Tuesday 27 December 2016

Le syndrome montpelliérain

Image credit. This is how I remember the lovely city of Montpellier. Mind you, it's not difficult to eat much and well in Montpellier, without taking on weight.

Montpellier a prévu des amendes aux joueurs qui auront pris du poids pendant les fêtes, 

writes Le Figaro:

Le club de football montpelliérain sanctionnera financièrement ses joueurs si ceux-ci se laissent aller à trop de gourmandise durant les fêtes et reviennent avec un surpoids à la reprise de l'entraînement.

Read more at the source.


Stephen Cecchetti on China's Growth Prospects

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China's future in a few words: as you get richer you grow slower.




Cecchetti predicts that China — like any country on its way to growing richer — will be suffering from lower growth rates owing to an increase in the capital labour ratio, which causes the marginal product of capital and hence the growth rate of the economy to fall. This translates into an "iron law" of economic history that precludes a country from experiencing high levels of per capita income AND high growth rates.

The question is not whether China's growth rate will drop or not, the question is when and how fast.

In answering these questions it is instructive to look at the development of debt in China. Credit is growing quickly in China, with corporate debt dominating the category — quite in line with Pettis' complaint that the household sector is being crowded out by the government sector. 

At the same time, the level/size of debt is very/too/worringly high (relative to per capital GDP).

So: growth is on a downward path, debt is already high and growing fast, and, thus China is headed for a point beyond and lower than the optimal size of debt, as financial deepening and better and expanding credit/fiancial markets etc are a boon for a country up to a certain level of debt. At around 100% of GDP problems emerge that begin to overwhelm the picture with negative effect; the trajectory of improvement turns into one of decline, and debt is becoming a drag on growth:

" T[he size of your financial system alone becomes a drag on growth. Because you are starting to allocate credit to things that are lower growth rate things."

Even more importantly; the faster credit grows, the slower productivity grows. And again, it's an allocational issue:

"The faster credit grows in your economy, the more likely it is that you're allocating to low growth things."

There tends to be more expenditure going to pleadgeable, tangible asssts (like houses) which are provided by relativly low productivity industries.

"So, what you are seeing in China is three forces all at the same time that are becoming drags on growth": a lower marginal product of capital, a hugely sized debt, and debt that grows inordinately fast.

A final concern: China's banks do not have (yet) the incentives and the technical skills to take prudent lending decisions — routinely and systematically — like their counterparts in more developed countries. 

Hence credit/fiancial market liberalisation may well invite trouble as the capacity to allocate credit efficiently is not in place.

Monday 26 December 2016

Reading - Week 52 (2016)

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A very goood article by John Muellbauer on the shortcomings of  New Keynesian dynamic stochastic general equilibrium (DSGE) models used by central banks to survey general macroeconomic prospects, in which the author reveals the modeler's omission of vital inputs and reliance on unrealistic and execisvely rigid assumptions:


A graphic look at the reality of high inflation in Latin America by Martin Feldstein


A good conspectus and critique of wishful policy thinking on the part of the Europhile think tank of the French government France Stratégie, by Bill Mitchell, who takes a clear and convincing stance against the Euro:


Steven Cecchetti and Kermit Schoenholtz offer a neat summary of why they think returning to the Gold Standard is not desirable at all:


David Glasner reacts to Cecchetti et al with a riposte entitled

Golden Misconceptions

Thought-provoking ideas on the nature of money by the anonymous author of a blog entitled Philosophical Economics:


Ulrich Bindseil and Philipp J. König present an incisive, lucid, respectful, yet critical account of Moore's insights into the endogeneity of money, in

Basil J. Moore's Horizontalists and Verticalists: an appraisal 25 years late

Falling into Place

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Sometimes things just fall into place.






Geld, Banken und Gold (3/3) — Der Goldstandard

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Fortgesetzt von hier.




Die Zentralbank unter dem Goldstandard


Mit der Verabschiedung des Federal Reserve Act im Jahre 1913 war für das US-amerikanische Finanzsystem der Übergang abgeschlossen von einem System des free banking zu einer Finanzordnung, die sich im Rahmen des Goldstandards auf eine Zentralbank stützt. Das folgende Schaubild, das fortfährt, wo das das vorherige aufgehört hatte, vermittelt einen groben Eindruck wie das System funktionierte.

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Das System funktionierte wie folgt. Der Bankkunde macht eine Gold-Einlage bei einer Privatbank und erhält dafür eine entsprechende Gutschrift auf einem Einlagenkonto.  Daraufhin hinterlegt die Privatbank das Gold bei der Zentralbank.  Im Gegenzug empfängt die Privatbank Banknoten—in diesem Falle Banknoten der Zentralbank (Federal Reserve), sprich die so genannten „greenbacks“.  Statt Banknoten entgegenzunehmen konnte die Privatbank auch eine Gutschrift zugunsten ihres Einlagenkontos bei der Zentralbank vornehmen lassen.  Um es einfach und intuitiv zu halten, werde ich von nun an diese Einlagenkonten so behandeln als wären sie papierene Banknoten, die in den Tresoren der Banken eingelagert sind—was im Übrigen ohne weiteres zu bewerkstelligen wäre.


Anstelle einer Einlage bei einer Privatbank konnten die Bürger ihr Gold auch direkt bei der Zentralbank hinterlegen und von dieser dafür Banknoten bekommen. Diese Banknoten landeten jedoch zu guter Letzt ohnehin als Einlagen bei Privatbanken, wo die Menschen ihr Geld zu verwahren pflegten. Das System bewirkt so oder so das gleiche Resultat. 

Zu beachten ist, dass in diesem Modell die Zentralbank die gleiche Rolle einnimmt wie die Banken im Modell des free banking.  Die Zentralbank emittiert Banknoten, die auf Aufforderung hin umgehend in Gold eingetauscht werden können, da eine entsprechende Goldreserve gegeben ist, aufgrund derer die Zentralbank eventuellen Aufforderungen zur Einlösung des physischen Golds jederzeit nachkommen kann. Von ganz entscheidender Bedeutung ist, dass die Zentralbank ermächtigt ist, Banknoten in einem Umfang zu emittieren, der größer sein darf als der zu ihrer Deckung vorhandene Bestand an Gold.  Es steht somit in ihrer Macht, als echte Teilreserve-Bank zu agieren.  Es ist diese Befugnis, die es ihr gestattet, die Geldbasis [Bargeld plus Reserven der Banken bei der Zentralbank] auszudehnen, die Entwicklung der kurzfristigen Zinssätze zu kontrollieren und als Kreditgeber der letzten Instanz zu fungieren [also den Kreditgebern, sprich den Privatbanken, Kredit bereitzustellen, wenn sie untereinander dazu nicht mehr imstande sind].  Solange die Kunden davon absehen, ihre Banknoten in einem Umfang einzulösen, der den Gold-Bestand der Zentralbank übersteigt, kann diese aus dem Nichts so viele Banknoten emittieren wie ihr beliebt.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Zentralbank unter dem Goldstandard einer bedingungslosen Einschränkung ihrer Geldemissionsfähigkeit durch den gegebenen Bestand an Gold unterworfen ist.  Das trifft nicht zu.  Was die Zentralbank sehr wohl einengt ist (1) der Grad an Vertrauen, den die Öffentlichkeit in sie setzt, und (2) das Ausmaß an Handelsungleichgewichten zwischen den Ländern.  Sofern die Öffentlichkeit ruhig bleibt und kein Ansturm auf das Gold erfolgt, und wenn der Goldautomatismus keine Abflüsse des Edelmetalls ins Ausland aufgrund beträchtlicher Handelsungleichgewichte in Gang bringt, dann erlegt der Goldstandard der Zentralbank keinerlei Einschränkungen auf.


Ein entscheidender Unterschied zum free banking besteht freilich darin, dass die Zentralbank den Privatbanken die Einhaltung von Mindestreserven abverlangt.  Diese sind dazu verpflichtet, eine gewisse Menge an Banknoten als Reserve in ihren Tresoren vorzuhalten, und zwar in Höhe eines Prozentsatzes ihrer in Form von Einlagen bestehenden Verbindlichkeiten.


Die Annahme liegt nahe, der Zweck dieser Anforderung sei es, sicherzustellen dass die Banken über ausreichende Liquidität verfügen, um auf eventuelle Gold-Rücknahmen vorbereitet zu sein.  Doch das System verfügt nun über einen Kreditgeber der letzten Instanz.  Diesem kommt die Aufgabe zu, so viele greenbacks zu drucken und an die Banken auszuleihen als diese benötigen, um den an sie herangetragenen Konversions-Aufforderungen gerecht zu werden.  Solange die Zentralbank bereit ist greenbacks auszuleihen, besteht für die Banken kein Anlass, eine Mindestreserve zu halten.


Der eigentliche Grund, warum eine Mindestreserve-Anforderung besteht, ist dass diese es der Zentralbank gestattet, dem Ausufern des Kreditgeschäfts Einhalt zu gebieten und somit Preisstabilität zu gewährleisten.  Gäbe es keine Mindestreserve-Anforderung, so stünde es den Banken frei, nach eigenem Belieben zu entscheiden, wie viele Mittel sie zur Finanzierung (Gold-Deckung) ihres Kreditgeschäfts benötigen.  Solange die ihnen zufließenden Einlagen den Abfluss von Einlagen (die durch Abhebung von greenbacks oder durch Schecküberweisung an andere Banken eingelöst werden) ausgleicht, könnten die Banken theoretisch eine unbegrenzte Menge an neuen Einlagen durch Kreditschöpfung ins Leben rufen (d.h. sie könnten ein unendliches Angebot an neuem Geld erzeugen), und zwar auf Grundlage eines geringfügigen Tresor-Bestands an Banknoten oder sogar auch dann, wenn keinerlei Reserven an Banknoten gebildet werden.


Die Zentralbank übt Kontrolle über das Wachstum der von Banken ausgereichten Kredite aus, indem sie die Kosten beeinflusst, die mit der Kreditexpansion für die Banken verbunden sind.  Sie kontrolliert die Kosten der Kreditvergabe, indem sie den Mindestreserve-Satz vorgibt, und mit Offenmarkt-Maßnahmen — dem Kauf und Verkauf von Vermögenswerten — die Gesamtmenge der im Banksystem zirkulierenden Banknoten steuert.  Wenn wir annehmen, dass fast alle Banknoten als Einlagen bei den Banken hinterlegt werden, dann ist die Menge der im Banksystem umlaufenden Banknoten gleich der Gesamtheit der Mittel, die den Banken zur Verfügung stehen, um die Mindestreserve-Anforderung zu erfüllen.


Wenn die Zentralbank dem Privatsektor gegenüber als Käufer auftritt, nimmt sie Vermögenswerte aus dem System und ersetzt sie durch Banknoten. Vor dem Erwerb durch die Zentralbank befanden sich diese Vermögenswerte im direkten Besitz von Individuen — und zwar ohne jegliche Beteiligung der Banken (es sei denn die Banken befanden sich im Besitz dieser Vermögenswerte, was wir per Annahme ausschließen).  Doch jetzt haben die Individuen ihre Vermögenswerte der Zentralbank verkauft und sind stattdessen im Besitz von Banknoten.  Sie werden diese Banknoten zur Bank tragen und dort als Einlagen hinterlegen.  Folglich verwandeln sich die Banknoten in Mittel, die — in Tresoren verwahrt — den Banken zur Verfügung stehen, um ihre Mindestreserve-Anforderung zu erfüllen.  Man sieht also, wie der Erwerb von Vermögenswerten (mindestreservefähige) Mittel in das Banksystem einschießt. Die Veräußerung von Vermögenswerten verursacht den Abfluss dieser Mittel und kehrt somit den Prozess um.


Summiert man den Wert aller Bankkredite in der Wirtschaft so erhält man eine Zahl, etwa $18.000, wie in unserem früheren Beispiel.  Bei einem Mindestreserve-Satz von 10 zu 1, gilt dass alle Banken zusammengenommen eine Banknoten-Reserve von $1.800 — $18.000 durch 10 — in ihren Tresoren vorzuhalten haben, um der Vorschrift der Zentralbank Genüge zu tun.


Nehmen wir nun an, dass die Zentralbank so viele Vermögenswerte aufkauft, dass die Gesamtmenge an Banknoten im System sich auf $3.600 beläuft.  Insgesamt verfügen die Banken dann über weitaus mehr Banknoten als sie benötigen, um die aktuell gültige Mindestreserve-Anforderung von $1.800 zu erfüllen.  Natürlich kann es sein, das einige Banken, wie etwa Bank #3 in unserem früheren Beispiel, Schwierigkeiten haben, die Mindestanforderung zu erfüllen oder sie sogar verletzen.  Doch wenn dem so ist, dann haben die anderen Banken notwendigerweise einen Überschuss an Bankreserven, den sie ausleihen können.  Alles in allem wird die Nachfrage nach Banknoten — Reserven — ohne weiteres befriedigt, und der Zinssatz, zu dem die Banken einander Mittel ausleihen, wird sich auf einem sehr niedrigen Niveau, und in diesem Fall [— wegen des großen Angebots an ausleihbaren Reserven im Banksystem — ] nahe bei null bewegen.


Nehmen wir nun an, dass die Bank Vermögenswerte verkauft, so dass die Gesamtmenge an Banknoten $1.802 beträgt.  Als Ganzes genommen weist das Banksystem Überschuss-Reserven in Höhe von $2 aus, die nicht im Tresor vorgehalten werden müssen, und somit zur Verfügung stehen, um an andere Banken ausgeliehen zu werden.  Natürlich sind die Finanzierungskosten für diese $2 außerordentlich hoch [— wegen des knappen Angebots an ausleihbaren Reserven im Banksystem — ], weswegen die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass das Banksystem dem Gesamtangebot an Krediten $20 (das Mehrfache der Mindestreserve, welche das aktuelle Angebot an Überschuss-Reserven bei einem Mindestsatz von 10 zu 1 zulässt) hinzufügen wird.  Indem die Zentralbank das Angebot an Banknoten auf $1.802 herab gemindert hat, nur knapp über dem, was, bei der aktuellen Menge an vergebenen Krediten, erforderlich ist für das Banksystem als Ganzes, um die Mindestanforderung zu erfüllen, hat sie eine weitere Ausdehnung des Kreditvolumens erfolgreich verhindert.  Wenn die Zentralbank darauf besteht, kann sie Banken sogar dazu zwingen, das Volumen der von ihnen vergebenen Kredite herabzusetzen.  Sie muss lediglich Vermögenswerte in ausreichender Menge veräußern, so dass die Menge der Reserven unter $1.800 fällt, denn dann müssen die Banken, als Ganzes betrachtet, Kredite kündigen [ — d.h. auf ihre vorzeitige Rückzahlung durch die Kreditnehmer bestehen — ] oder an den Nicht-Banken-Sektor veräußern.

Zwei Irrtümer über den Goldstandard


Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch zwei Irrtümer ausräumen, die über den Goldstandard bestehen.  Der erste Irrtum betrifft die These, dass der Goldstandard, die Weltwirtschaftskrise verursacht oder verstärkt haben soll.  Dies trifft einfach nicht zu.  Was die Große Depression allerdings verursacht und verstärkt hat, von der Panik 1930 bis zum zeitweiligen Aussetzen der Bankgeschäfte (banking holiday) durch FDR im Frühling des Jahres 1933, war die Weigerung der Federal Reserve (Zentralbank), solventen aber zeitweise illiquiden Banken dringend benötigte Mittel leihweise zu überlassen.  Die Fed der damaligen Zeit war von einem perversen, moralisierenden Glauben durchdrungen, wonach die Wirtschaft wegen der in der Aufschwungphase leichtfertig getätigten Fehlinvestitionen inzwischen schwerstens beschädigt und ihr daher nur noch zu helfen war, wenn sie ganz bittere Medizin schlucken würde, selbst wenn dies mit massiven Insolvenzen und Bankzusammenbrüchen verbunden sein sollte.  Das unerbittliche „Ausmisten“ würde langfristig wohltuend wirken, so jedenfalls dachte man.


Die Weigerung der Fed, Banken mit Krediten unter die Arme zu greifen, hatte nichts mit den Beschränkungen zu tun, die dem Goldstandard innewohnen.  Tatsächlich schwamm die Fed damals förmlich in Gold — sie unterhielt Goldreserven, die mit 80% der von ihr geschaffenen Geldbasis beinahe Rekordniveau erreichten.  Zur besseren Einordnung der Größen, die im Spiel waren, sei daran erinnert, dass im Jahr 1896 die Treasury [ — das Finanzministerium — ] (vor der Einrichtung der Fed die dafür zuständige Behörde) ihre Goldreserven bis auf 13% der Geldbasis absinken ließ.


Die Fed hatte als nicht nur einen ausreichenden Fundus Reserven, um den Banken durch Kreditvergabe entgegenzukommen, sie wäre unter dem Goldstandard zudem auch durchaus in der Lage gewesen, ein quantitative easing [ — ein umfangreicher Ankauf von Vermögenswerten durch die Zentralbank zwecks Einschuss von Geld in das Banksystem — ] in großem Maßstab durchzuführen.  Das Risiko eines derartigen Einlenkens hätte freilich darin bestanden, dass eine ökonomisch unkundige Öffentlichkeit versucht haben könnte, sich durch massenhafte Goldeinlösung zu schützen. In diesem Fall wäre die Fed gezwungen gewesen, die Unterstützungsmaßnahme(n) abzubrechen, um zu vermeiden, dass ein unaufhaltsamer Ansteckungs-Prozess in Gang kommt, an dessen Ende möglicherweise der völlige Bankrott gestanden hätte.  Ebendieses Risiko, dass eine ökonomisch ungeschulte Öffentlichkeit in Panik gerät und Gold einlöst in Mengen, die die Bestände der Zentralbank übersteigen, ist das einzige Risiko, dem die Zentralbank unter dem Goldstandard jemals wirklich ausgesetzt war.  Allerdings wird die Wirksamkeit des quantitative easing stark überschätzt; insofern macht die Möglichkeit, eine solche Maßnahme auch unter dem Goldstandard durchzuführen, keinen allzu großen Unterschied.  Eine in die Flaute geratene Wirtschaft kann auch ohne quantative easing wieder Fahrt aufnehmen.  Jedoch ist es unmöglich, dass ein Banksystem sich erholt, welches von einer akuten Liquiditätskrise erfasst wird,  Die Fed verfügte über mehr als genug Macht, die Liquiditätskrise abzuwenden, von der das Finanzsystem damals bedroht wurde, und es war ihr, niedergelegt in ihren Statuten, ein klares Mandat erteilt worden, genau dieser Aufgabe nachzukommen. Aber sie beschloss, diesen Weg nicht zu gehen, freilich aus Gründen, die nichts mit Gold zu tun haben.


Der zweite Irrtum betrifft die Vorstellung, dass das Finanzsystem der USA nach 1933 auf diese oder jene Weise so etwas wie einem Goldstandard unterlag.  Dies war jedoch keineswegs der Fall.  Der Goldstandard endete im Frühjahr 1933, als FDR executive order 6102 erließ.  Diese Verfügung des Präsidenten machte den Besitz von Gold durch eine Privatperson zu einem illegalen Tatbestand in den Vereinigten Staaten.  Wenn man Gold nicht legal besitzen kann, dann kann es auch nicht legal sein, es einzulösen.  Wenn es nicht auf legalem Wege eingelöst werden kann, dann kann es auch nicht dazu dienen, die Zentralbank in ihren diesbezüglichen Handlungsmöglichkeiten einzuschränken.

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Der Goldstandard, der von Mitte der 1930er Jahre bis 1971 bestand, war von symbolischer Art.  Es war der Öffentlichkeit nicht möglich, das Gold einzulösen, mit dem die Fed dem Dollar eine „Deckung“ zugrunde legen zu können schien, und somit hatte die "Gold-Deckung" keinen disziplinierenden  Biss.  Sie stellte keinen Faktor dar, mit dem die Fed oder die Geldmenge zu kontrollieren gewesen wären.  Es ist aber auch klar: wenn ein Goldstandard in den 1940er Jahren bestanden und die Fed in ihren Handlungsmöglichkeiten umschränkt hätte, wäre es dem Land nicht möglich gewesen, die massive, Rekorde brechende Staatsverschuldung des Zweiten Weltkriegs zu finanzieren.  Diese Schulden wurden fast in Gänze durch die Geldschöpfung der Fed finanziert.


Um nicht falsch verstanden zu werden, in einer auf Fiat-Geld beruhenden monetären Ordnung, bleibt es dem Markt vorbehalten, die Zentralbank in Schach zu halten.  Statt Geld direkt bei der Zentralbank gegen Gold einzulösen, können die Marktteilnehmer Geld „einlösen“, indem sie sich weigern, es anzunehmen und sich stattdessen Vermögenswerten zuwenden, von denen sie glauben, dass sie ihren Wert halten werden — Grundstücke, dauerhafte Konsumgüter, Edelmetalle, Fremdwährungen, ausländische Wertpapiere, ausländische Immobilien, etc. Wenn eine derartige Umschichtung in großem Umfang erfolgt, und wenn es gleichzeitig zu einer starken Ausdehnung der Geldmenge kommt, so ist das Ergebnis eine unkontrollierte Inflation.  In einem Fiat-Geldsystem ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Zurückweisung offensichtlich viel geringer, da die Option einer verhältnismäßig leicht zu bewerkstelligenden Konversion des Geldes in Gold nicht gegeben ist.  Aber die theoretische Möglichkeit, Geld als Geld zurückzuweisen, die durch das Verfahren der Goldeinlösung formalisiert wird, bleibt weiterhin bestehen.


Schlussfolgerung


Anders als für gewöhnlich angenommen, ist das gegenwärtig praktizierte System des Fiat-Geldes nicht so viel anders als das sich auf Gold stützende System wie es zu Anfang des 20. Jahrhunderts betrieben wurde.  Um von letzterem System zu unserem heutigen zu gelangen, ist es lediglich erforderlich, (1) alles auf elektronische Medien zu übertragen und (2) den Faktor Gold auszuschließen.  Man muss also nur das Gold loswerden, der Zentralbank gestatten, die Geldbasis so weit auszudehnen wie ihr beliebt, ohne jegliche Deckung, oder aber gegen Gold, das von Rechts wegen jedoch nicht eingelöst werden kann, (wie im Szenario, das zwischen 1933 und 1970 bestand).


Der Grund dafür, warum man monetäre Systeme ablehnen sollte, die auf Gold basieren, besteht darin, dass sie keine Vorzüge gegenüber Systemen mit Fiat-Geld aufweisen, dafür aber im Vergleich zu diesen zahlreiche Unannehmlichkeiten und Nachteile mit sich bringen. In einem Fiat-System ist die Zentralbank in der Lage Basisgeld zu erzeugen — die von der Zentralbank emittierte Geldmenge M0, d.h. Bargeld und Bankreserven — und zwar in jeder beliebigen Menge, die mit Blick auf das Wohl der Gesamtwirtschaft angemessen ist.


Doch in einem auf Gold basierenden System ist die Zentralbank darauf beschränkt, nur so viel Basisgeld zu erzeugen, wie Gold durch die Goldförderung zugänglich wird, und so viel Basisgeld zu zerstören, wie eine in Panik geratene Öffentlichkeit zerstört wissen will. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum man sich für ein System entscheiden sollte, das derartigen Restriktionen unterliegt, auch dann nicht, wenn diese in der Mehrheit der wirtschaftlichen Umstände keine ernste Gefahr darstellen. Wenn es das Ziel ist, die Handlungsmöglichkeiten der Zentralbank einzuschränken, dann sollte man sie auf direktem Wege durch entsprechende Gesetze einschränken. Man lege eine gesetzliche Obergrenze für die Menge an Geld fest, die  sie emittieren darf, oder für den Umfang des ihr gestatteten Ankaufs von Vermögenswerten. Entwicklungsländer, die das Vertrauen der Märkte noch nicht oder nur in begrenztem Maße genießen, sollten ihre Währung an die eines Landes binden, dem dieses Vertrauen bereits geschenkt wird. Gold wird nicht benötigt.