Saturday 30 December 2017

EU (2) — Balance the Economy, Not the Budget

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Stephanie Kelton erläutert, warum die vermeintliche Tugend eines ausgeglichenen Staatshaushalts ein Relikt aus der Zeit des Goldstandards ist.



Es ist kontraproduktiv, heutzutage noch an diesem Relikt festzuhalten.

Unter dem starren System des Goldstandards war es insofern ratsam, auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu achten, als die Menge an Geld ( = Gold) beschränkt war, und ein Staat sich ruinieren konnte, wenn er mehr Geld ( = Bezugsscheine für Gold) ausgab, als durch in seinem Besitz befindlichem Gold gedeckt war.

Doch eine derartige Verknappung des Geldes besteht nicht mehr, wenn ein Staat zum souveränen Währungsemittent wird, wie das im System des Fiat-Geldes der Fall ist – wenn man denn diese Variante politisch will.

Die europäischen Staaten, einschließlich Deutschlands, haben ihre Währungssouveränität mit der Mitgliedschaft in der EU (m. E. unklugerweise und ohne Not) aufgegeben. 

Zudem lassen sie sich in den grundlegenden Vertragstexten der EU (Maastrichter Vertrag etc.) ausdrücklich zu einer unnötig starren und verengten Haushaltspolitik à la Goldstandard verpflichten.

Demgegenüber ist ein währungssouveräner Staat nicht durch die Geldmenge eingeschränkt; er hat deswegen viel größere Möglichkeiten, die Wirtschaft durch ihre Konjunkturphasen hilfreich zu begleiten als die Länder der heutigen EU oder seinerzeit die Länder, die sich dem Goldstandard unterworfen hatten.

Um der Wirtschaft zu einem steten Kurs zu verhelfen,  muss der Staat darauf achten, dass das Geldangebot den Phasen des Konjunkturzyklus angepasst ist. 

Bei drohender Überhitzung muss der Staat auf die Bremse treten (die Staatsausgaben zurückfahren). 

Bei einem Abschwung sollte er kräftig Gas geben (das Haushaltsdefizit erhöhen).

Und bei einigermaßen reibungslosem Wachstum auf schon recht hohem gesamtwirtschaftlichen Auslastungsniveau sollte der Staat nur noch sachte beschleunigen oder vorsichtig bremsen.

Eine antizyklische Budgetpolitik dieser Art lässt sich natürlich nicht durchführen, wenn man der Wirtschaftspolitik rigide Richtwerte aufoktroyiert, wie dies die EU tut.

Das Vorzeichen und die Höhe des Staatshaushalts stehen, anders als die Verträge der EU suggerieren, in keinem ein für alle Mal festgelegten Zusammenhang mit den Erfordernissen sachgerechter Konjunkturpolitik. 

Es kann sehr wohl vernünftig sein, ein verhältnismäßig hohes Staatsdefizit zu „fahren“, um eine Krise abzuwenden oder einen Aufschwung einzuleiten.

Die vielfach suggerierte Gefahr einer Überschuldung durch ein hohes Haushaltsdefizit besteht einfach nicht. 

Als souveräner Währungsemittent ist der Staat jederzeit in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu begleichen.

Auch gehen hohe Staatsschulden durchaus nicht auf Kosten künftiger Generationen – bedenkt man die Aussage des vorhergehenden Absatzes. 

Im Gegenteil, wenn wir es heute unterlassen, Krisen abzuwenden oder die Wirtschaft wachsen zu lassen, so hat dies nachteilige Konsequenzen für die nachfolgenden Generationen, die sich auf ein niedrigeres wirtschaftliches Niveau zurückgeworfen sehen.

Was zählt ist der Auslastungsgrad der Wirtschaft. 

Wenn die Kapazitäten überstrapaziert werden, Überhitzung und Inflation drohen, sollte der Staat seine Ausgaben verringern. 

Wenn Ressourcen brachliegen, ist es angezeigt, die Wirtschaft durch Ausweitung staatlicher Ausgaben anzukurbeln.

Einen ausgeglichenen Staatshaushalt zum Ideal zu erheben, bedeutet ihn als Selbstzweck zu behandeln. 

Doch derlei ist reiner Fetischismus, der auf einer ebenso beliebten wie falschen Analogie fußt – nämlich dem Modell eines privaten Haushalts als Vorbild für den Staatshaushalt. 

Tatsächlich funktioniert ein Staat anders als der Haushalt einer Privatperson, einer Familie oder eines Unternehmens. 

Der Staat ist Währungsemittent. 

Er kann jeden Finanzbedarf, den er verspüren mag, durch Geld-Emission befriedigen. 

Gewöhnliche Haushalte sind keine Währungsemittenten. 

Infolgedessen verfügen sie über keine unbeschränkte Finanzquelle. 

Sie sind gezwungen, Geld zu verdienen (wenn das nicht andere schon für sie – Erben, Lottogewinner etc – getan haben), um ihren Finanzbedarf zu decken.

Die Architekten der EU jedoch haben das nicht verstanden.

Sie sind davon ausgegangen, dass die EU einem gewöhnlichen Haushalt gleicht.

Sie haben völlig willkürlich bestimmte Zahlenwerte in Stein meißeln lassen, die 

  • zum einen eine bloße (höchst kostspielige) Verbeugung vor der unsinnigen Haushaltsanalogie darstellen und 

  • zum anderen, eine bewegliche Anpassung an die im Wandel des Konjunkturzyklus auftretenden Notwendigkeiten der Wirtschaft mit folgenschweren Konsequenzen behindern.

Die EU ist auf dem Fundament eines austeritätslastigen Fetischs gebaut worden.

Ich schreibe „austeritätslastig“ um hervorzuheben, wie die Politik des ausgeglichenen Staatshaushalts unweigerlich dazu führt, dass 

  • die Wirtschaft stärker als nötig gebremst wird,

  • ihr Ressourcen entzogen oder vorenthalten werden gerade dann, wenn sie dieser am dringendsten bedarf und

  • eine Krise nicht abgewendet oder ein Aufschwung nicht angeschoben wird, obwohl die Möglichkeit dazu besteht. 

Daher die Dauerstagnation in der EU und der desolate wirtschaftliche Zustand vieler ihrer Mitgliedsstaaten.

Was vielmehr benötigt wird, ist eine ausgeglichene Entwicklung der Wirtschaft, nicht ein ausgeglichener Staatshaushalt.

Die Wirtschaftspolitik sollte daher bemüht sein, den Staatshaushalt dem Konjunkturverlauf anzupassen, sodass letzterer einen stetigen, niemals unnötig abbrechenden und niemals überhitzenden Wachstumspfad einschlägt.

Friday 29 December 2017

EU (1) — The Left's Treason

A Distortion of Europe - like the EU.


Siehe deutsche Zusammenfassung am Ende des Beitrags.

The fact that the EU has actually been able to spring into existence is the fire signal of a momentous change in political culture: the disappearance of the Left in its classic and social democratic form. 

The social democratic Left used to be a political force dedicated to balancing the interests of capital and labour, with a sober understanding of the needs of entrepreneurs and markets, and a genuine concern for the interests of the ordinary working population.

Not only has the EU been supported by the Left, to this day, the latter act as the staunchest advocates of the project.

A very unlikely scenario, one would have thought. 

But it happened.

The EU is a thoroughly monetarist, neoliberal construction that flies in the face of everything the Left used to stand for (until perhaps the end of the 1970s) — notably, government policies 

  • (a) to ensure growth and full employment, 

  • (b) to avoid or lessen economic downturns,

  • (c) to keep a balance between the interests of capital and labour, and 

  • (d) to ensure support for regions and sections of the population threatened by economic decline.

How the Left, once proudly rooted in the workers movement, could suddenly shed its soul long with its balanced approach to the needs of capital and labour, only to become partisan of capital and the vanguard of neoliberal policies, I fail to understand as yet.

But the treacherous about-face of the Left is real.

And Wynn Godley noticed it in his bewildered account issued in 1992 of how everything the Left used to stand and fight for was abandoned and reversed in order to pursue the EU-project.

The central idea of the Maastricht Treaty is that the EC countries should move towards an economic and monetary union, with a single currency managed by an independent central bank. But how is the rest of economic policy to be run?
As the treaty proposes no new institutions other than a European bank, its sponsors must suppose that nothing more is needed.
But this could only be correct if modern economies were self-adjusting systems that didn’t need any management at all.

What Wynne Godley is saying here, from my perspective focusing on the treason of the Left, is that in implementing the EU all the economic policy tools that used to be vital in achieving the social goals of the social democratic Left have been discarded. 

In their stead the Europhile Left have come to advocate a neoliberal regime based on the idea that "self-adjusting" capital and markets produce optimal social outcomes not to be disturbed by "any management at all".  

Put differently, progressive Left policies successfully practised by social democratic governments between 1945 and 1975 depended on an intact and orderly functioning nation state. 

The EU, however, ripped apart the functional integrity of the nation states under its umbrella, while offering no substitute entity that would be able to continue to perform the policies listed above ((a), (b), (c), (d)).

Warns Godley in 1992,

The incredible lacuna in the Maastricht programme is that, while it contains a blueprint for the establishment and modus operandi of an independent central bank, there is no blueprint whatever of the analogue, in Community terms, of a central government.
Yet there would simply have to be a system of institutions which fulfils all those functions at a Community level which are at present exercised by the central governments of individual member countries.

The Maastricht Treaty, argues Godley, 

... is a crude and extreme version of the view which for some time now has constituted Europe’s conventional wisdom [...] that governments are unable, and therefore should not try, to achieve any of the traditional goals of economic policy, such as growth and full employment. 

All that can legitimately be done, according to this view, is to control the money supply and balance the budget. 

It took a group largely composed of bankers (the Delors Committee) to reach the conclusion that an independent central bank was the only supra-national institution necessary to run an integrated, supra-national Europe.

In other words, in becoming ardent proponents of the EU, the Left turned thoroughly neoliberal and monetarist, completely reversing the principles from which they used to derive their identity and credibility. 

For the sake of the EU, the Left allowed the nation state to be truncated in such a manner as to lose its ability to conduct vital policies that were the hallmarks of the socially balanced social democratic state. 

Explains Godly:

It needs to be emphasised at the start that the establishment of a single currency in the EC would indeed bring to an end the sovereignty of its component nations and their power to take independent action on major issues. 

[T]he power to issue its own money, to make drafts on its own central bank, is the main thing which defines national independence. 

If a country gives up or loses this power, it acquires the status of a local authority or colony. Local authorities and regions obviously cannot devalue. 

But they also lose the power to finance deficits through money creation while other methods of raising finance are subject to central regulation. 

Nor can they change interest rates. 

As local authorities possess none of the instruments of macro-economic policy, their political choice is confined to relatively minor matters of emphasis – a bit more education here, a bit less infrastructure there. 

I think that when Jacques Delors lays new emphasis on the principle of ‘subsidiarity’, he is really only telling us we will be allowed to make decisions about a larger number of relatively unimportant matters than we might previously have supposed. 

Perhaps he will let us have curly cucumbers after all. Big deal!

Note annother facet of the heedless abandonment of social responsibility on the part of the Left in lending support to the EU's badly flawed design which prevents effective action by individual countries while putting nothing in its place:

Another important role which any central government must perform is to put a safety net under the livelihood of component regions which are in distress for structural reasons – because of the decline of some industry, say, or because of some economically-adverse demographic change. 

At present this happens in the natural course of events, without anyone really noticing, because common standards of public provision (for instance, health, education, pensions and rates of unemployment benefit) and a common (it is to be hoped, progressive) burden of taxation are both generally instituted throughout individual realms. 

As a consequence, if one region suffers an unusual degree of structural decline, the fiscal system automatically generates net transfers in favour of it. In extremis, a region which could produce nothing at all would not starve because it would be in receipt of pensions, unemployment benefit and the incomes of public servants.

In the real EU, enforced to the cheers of the Europhile Left, such automatic net transfers do not occur. 

Instead, there is much venom exchanged among the members, not rarely bordering on racism featuring "lazy Greeks" and "Nazi Germans" and betraying a deep divide pitting against each other Europe's patriots within a forced and artificial EU-construct unsupported by grown and genuine solidarity.

If a country or region has no power to devalue, and if it is not the beneficiary of a system of fiscal equalisation, then there is nothing to stop it suffering a process of cumulative and terminal decline leading, in the end, to emigration as the only alternative to poverty or starvation.
Unsurprsingly, there is genuine economic and social distress throughout the EU, with tens of millions suffering hardship and misery, whose avoidance used to be not only the calling but also the accomplished masterpiece of the social democratic Left.

I am quoting from this article by Wynne Godley.

Deutsche Zusammenfassung:

Das verstärkt ab den 1990er Jahren betriebene EU-Projekt markiert eine Zeitenwende.  

Mit ihr verschwindet die sozialdemokratische Linke. 

Es bricht eine Ära heran, in der die Linke ihre tradierten Überzeugungen (Ausgleich der Interessen von Kapital und Arbeit) und ihr klassisches Klientel (die Werktätigen und Angestellten) aufgibt.

Sie verschreibt sich nun Idealen, die in diametralem Gegensatz zu dem stehen, was ihr zuvor als soziale Gerechtigkeit galt.

Sie übernimmt den Monetarismus ihrer früheren Gegner und wird zu einer Kraft, die entschlossen für das neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell eintritt.

Das Gut sozialverträglicher Wachstumspolitik und der Primat einer Politik der Vollbeschäftigung weichen dem neoliberalen Glauben an eine sich selbst regulierende Wirtschaft, in der der Rückzug des Staats aus Wirtschafts- und Sozialpolitik und die Betonung der Eigenverantwortung des Individuums als Garanten eines verbesserten Gesellschaftsmodells angesehen werden.

Dieser Sinneswandel zeigt sich besonders deutlich im Bekenntnis der Linken zur EU.

Die Linke wird zum Vorreiter für ein europäisches Interregnum, in dem der für eine sozialdemokratische Wirtschafts- und Sozialpolitik unverzichtbare souveräne Nationalstaat demontiert wird, zugunsten einer supranationalen Entität, der EU, die aber keinen Ersatz bietet für die aufgegebenen Institutionen linker Gesellschaftspolitik.

Die Nationalstaaten verlieren ihre Souveränität an die EU.

Der Bauplan der EU sieht jedoch keine fiskalpolitische Kompetenz auf supranationaler Ebene vor, die an die Stelle treten könnte der vormals von den Nationalstaaten bewältigten konjunkturpolitischen Eingriffe und eines den Wohlstand gleichmäßig verbreitenden Nettotransfers von Mitteln von wirtschaftlich leistungsfähigeren Regionen/Zielgruppen zugunsten strukturschwacher Regionen/Zielgruppen.

Den Mitgliedsstaaten ist die Möglichkeit genommen, durch eigenständige Währungs- und Fiskalpolitik, Krisen abzuwenden und sozial abzufedern sowie ein zu starkes Wohlstandsgefälle zwischen Regionen und bestimmten Gruppen zu verhindern.

An die Stelle dieser Hauptmerkmale erfolgreicher sozialdemokratischer Politik ist eine Situation getreten, in der zahlreiche Mitgliedsstaaten der EU in wirtschaftlichen Dauerkrisen verharren. 

Millionen von Bürgern der EU sehen sich nun großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten chronisch ausgesetzt, deren entschlossene Abwendung vormals noch den ethischen Anspruch und die bewiesene Leistungsstärke der sozialdemokratischen Linken geprägt hatte. 

Die Solidarität des sozialdemokratischen Nationalstaats findet keine Entsprechung in der EU, in der eine derartige Transferpolitik an den eifersüchtig gehüteten Partikularinteressen der Mitgliedsstaaten scheitert. 

Indes die Mitgliedsstaaten keine intakten Nationalstaaten mehr sind, vermag die EU in ihrer - von der Linken gutgeheißenen - derzeitigen Verfassung selbst nicht den Charakter eines Nationalstaats anzunehmen. 

Daher wäre die EU - selbst bei einer Rückbesinnung auf die Werte der alten Sozialdemokratie - nicht imstande, die Ideale der sozialen Gerechtigkeit und eines Wirtschaftswachstums unter Bedingungen der Vollbeschäftigung  zu realisieren.

Stattdessen zeichnet sich die EU als das Manövergelände einer wirtschaftlichen und sozialen Dauerkrise aus, unter Zuspruch und Federführung einer europhilen Linken, die ihren Gesinnungskern in verhältnismäßig kurzer Zeit völlig auf den Kopf gestellt hat.

Thursday 28 December 2017

Simple Physics and Complex Climate

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See German summary at the bottom of the post.


This is exactly my reaction, when I was first confronted with Global Warming as a relatively simple linear function of CO2 concentrations, way back in the early 1990s: 

I refused to believe that a single factor could dominate something as complex as the world's climate.

Incidentally, at the time, I met a German Professor of Chemistry in a wine bar in Frankfurt. He just happened to sit next to me at the counter, eating a bowl of chilli con carne, occasionally sipping at a glass of red wine. A well-clad gentleman, he was in a foul mood, complaining with disgust about the climate models that had come into use even then.

He said that the models were basically haystacks whose purpose it was to hide the convenient manipulations that it took to let the climate look like the horror scenarios intended by the alarmist camp. It was easy to get any result from them that you might care for.

And despite the disguise of mathematical complexity, the climate models are based on a very simple fundamental relationship - temperatures being conceptualised as a linear function of CO2-mediated solar forcing - which epitomises their basic inadequacy in the face of a hugely intricate interconnectedness of factors contributing to climate change.

Willis Eschenbach puts his finger on it when he argues that simple physics just is not good enough to come to grips with climate change. The subject matter is far more complex than the phenomena dealt with by "simple physics".

Eschenbach notes that putting a block of iron (or steel or copper or glass) at one end of it into hot water while measuring temperature change on the other end confronts us with a phenomenon of the type that can be dealt with successfully by simple physics. It will yield useful regularities and provide us with explanations that can be beneficially relied upon.

But put your feet in a tub of hot water and measure the outcome of this on the other end of the "object" (your head with a thermometer in your mouth), and the result will be complicated by complex influencing factors.

I sit with my feet in the bucket of hot water, put the thermometer in my mouth, and wait for my head to heat up. This experimental setup is shown in Figure 1 above.

After all, simple physics is my guideline, I know what’s going to happen, I just have to wait.
And wait … and wait …

As our thought experiment shows, simple physics may simply not work when applied to a complex system. The problem is that there are feedback mechanisms that negate the effect of the hot water on my cold toes. My body has a preferential temperature which is not set by the external forcings.



I keep reading statements in various places about how it is indisputable “simple physics” that if we increase amount of atmospheric CO2, it will inevitably warm the planet.

But Eschenbach warns:

Unfortunately, while the physics is simple, the climate is far from simple. It is one of the more complex systems that we have ever studied. The climate is a tera-watt scale planetary sized heat engine. It is driven by both terrestrial and extra-terrestrial forcings, a number of which are unknown, and many of which are poorly understood and/or difficult to measure. It is inherently chaotic and turbulent, two conditions for which we have few mathematical tools.

The climate is comprised of five major subsystems — atmosphere, ocean, cryosphere, lithosphere, and biosphere. All of these subsystems are imperfectly understood. Each of these subsystems has its own known and unknown internal and external forcings, feedbacks, resonances, and cyclical variations. In addition, each subsystem affects all of the other subsystems through a variety of known and unknown forcings and feedbacks.

Then there is the problem of scale. Climate has crucially important processes at physical scales from the molecular to the planetary, and at temporal scales from milliseconds to millennia.
As a result of this almost unimaginable complexity, simple physics is simply inadequate to predict the effect of a change in one of the hundreds and hundreds of things that affect the climate. 
The way a river constantly evolves provides an example of a flow system that is too complex to be well described by simple physics: 

[J]ust as in our experiment with the steel block, simple physics simply doesn’t work in this situation. Simple physics says that things roll straight downhill, and clearly, that ain’t happening here … it is obvious we need better tools to analyze the flow of the river.
Are there mathematical tools that we can use to understand this system? Yes, but they are not simple. The breakthrough came in the 1990’s, with the discovery by Adrian Bejan of the Constructal Law. The Constructal Law applies to all flow systems which are far from equilibrium, like a river or the climate.
It turns out that these types of flow systems are not passive systems which can take up any configuration. Instead, they actively strive to maximize some aspect of the system. For the river, as for the climate, the system strives to maximize the sum of the energy moved and the energy lost through turbulence. See the discussion of these principles here, herehere, and here. There is also a website devoted to various applications of the Constructal Law here.
There are several conclusions that we can make from the application of the Constructal Law to flow systems:
1. Any flow system far from equilibrium is not free to take up any form as the climate models assume. Instead, it has a preferential state which it works actively to achieve.
2. This preferential state, however, is never achieved. Instead, the system constantly overshoots and undershoots that state, and does not settle down to one final form. The system never stops modifying its internal aspects to move towards the preferential state.
3. The results of changes in such a flow system are often counterintuitive. For example, suppose we want to shorten the river. Simple physics says it should be easy. So we cut through an oxbow bend, and it makes the river shorter … but only for a little while. Soon the river readjusts, and some other part of the river becomes longer. The length of the river is actively maintained by the system. Contrary to our simplistic assumptions, the length of the river is not changed by our actions.
So that’s the problem with “simple physics” and the climate. For example, simple physics predicts a simple linear relationship between the climate forcings and the temperature. People seriously believe that a change of X in the forcings will lead inevitably to a chance of A * X in the temperature. This is called the “climate sensitivity”, and is a fundamental assumption in the climate models. The IPCC says that if CO2 doubles, we will get a rise of around 3C in the global temperature. However, there is absolutely no evidence to support that claim, only computer models. But the models assume this relationship, so they cannot be used to establish the relationship.
However, as rivers clearly show, there is no such simple relationship in a flow system far from equilibrium. We can’t cut through an oxbow to shorten the river, it just lengthens elsewhere to maintain the same total length. Instead of being affected by a change in the forcings, the system sets its own preferential operating conditions (e.g. length, temperature, etc.) based on the natural constraints and flow possibilities and other parameters of the system.
Final conclusion? Because climate is a flow system far from equilibrium, it is ruled by the Constructal Law. As a result, there is no physics-based reason to assume that increasing CO2 will make any difference to the global temperature, and the Constructal Law gives us reason to think that it may make no difference at all. In any case, regardless of Arrhenius, the “simple physics” relationship between CO2 and global temperature is something that we cannot simply assume to be true.

 And Eschenbach, therefore, concludes here:

I hold [...] that the temperature of the [climate] system is relatively insensitive to changes in forcing. This, of course, is rank heresy to the current scientific climate paradigm, which holds that ceteris paribus, changes in temperature are a linear function of changes in forcing. I disagree. I say that the temperature of the planet is set by a dynamic thermoregulatory system composed of emergent phenomena that only appear when the surface gets hotter than a certain temperature threshold. These emergent phenomena maintain the temperature of the globe within narrow bounds (e.g. ± 0.3°C over the 20th Century), despite changes in volcanoes, despite changes in aerosols, despite changes in GHGs, despite changes in forcing of all kinds. The regulatory system responds to temperature, not to forcing.

Deutsche Zusammenfassung: 

Ein Kernproblem der zeitgenössischen Klimaforschung besteht darin, dass sie methodisch so aufgestellt ist, als ließe sich das Klima der Erde mit der Physik einfacher Erscheinungen ("simple physics") erfassen. 

Obwohl die vorherrschenden Klima-Modelle außerordentlich kompliziert sind, ist der grundlegende Erklärungszusammenhang, auf den sie festgelegt sind, sehr einfach: 

Sie erklären die Durchschnittstemperatur auf der Erde als eine lineare Funktion der durch CO2 "eingefangenen" Sonneneinstrahlung. 

Es wird also behauptet, die Welttemperatur werde durch einen Sensitivitätsfaktor geregelt, und zwar so, dass eine Verdoppelung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre einen Wärmeanstieg um das x-fache verursache.

(Beiläufig: es gibt laut IPCC nicht genügend fossile Brennstoffe, um eine Verdoppelung der CO2-Konzentration in den betrachteten Zeiträumen zu ermöglichen, so dass selbst die höchsten Sensitivitätswerte nicht zu einem Katastrophenszenario führen können.)

Das Klima gehört jedoch nicht dem Universum der einfachen physikalischen Phänomene an. 

Es ist nicht vergleichbar mit einem Stab aus Stahl, Kupfer oder Glas, dessen Reaktion auf Erwärmung durch einen einfachen Funktionszusammenhang abgebildet werden kann. 

Eher ähnelt es dem sehr viel komplexeren "Objekt" Mensch, der in der Lage ist mit Hilfe seines Körpers und durch sein Verhalten, die Auswirkungen von Temperatureinflüssen variabel auszusteuern.

Das Weltklima stellt eine komplexe selbstregulierende spontane Ordnung dar, die bei Auftreten von bestimmten Schwellentemperaturen, und nur dann, also unabhängig von der Stärke aufheizender Wirkkräfte ("forcing" möglicherweise verursacht durch CO2, Vulkane, Wolkenbildung etc.), dafür sorgt, dass die Temperatur innerhalb einer bestimmten Spanne verharrt.

Solche spontanen selbstregulierenden Abläufe sind mit den Mitteln einer Physik, die auf einfache Wirkzusammenhänge geeicht ist, nicht zu erfassen. 

Klimaforscher, die einfache lineare Funktionszusammenhänge mit komplizierten Modellen zu beglaubigen suchen, forschen unweigerlich am Klima - wie es sich tatsächlich entwickelt - vorbei.

Wednesday 27 December 2017

Big Fat Surprise — Beware Abuse of Science

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A scientist is part of what the Polish philosopher of science Ludwik Fleck called a “thought collective”: a group of people exchanging ideas in a mutually comprehensible idiom. 

The group, suggested Fleck, inevitably develops a mind of its own, as the individuals in it converge on a way of communicating, thinking and feeling.

This makes scientific inquiry prone to the eternal rules of human social life: deference to the charismatic, herding towards majority opinion, punishment for deviance, and intense discomfort with admitting to error. 

Of course, such tendencies are precisely what the scientific method was invented to correct for, and over the long run, it does a good job of it. In the long run, however, we’re all dead, quite possibly sooner than we would be if we hadn’t been following a diet based on poor advice.

This quote is from a longish article describing how politics and bullying led nutrional science astray in assessing the health impact of saturated fats and sugar, calling the former the culprit, while ignoring the detrimental effects of sugar, the true culprit. 





See also my Models Modelling Themselves ...

Tuesday 26 December 2017

Cool in Bygone Days (34) — Chopin, Prelude in E-Minor

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... Prelude in E-Minor Opus 28 No 4 - one of 24 preludes that Chopin wrote.

In his will, Chopin instructed that this particular prelude should be played at his funeral.

It is the easiest piece by Chopin for piano and has a very distinctive descending left-hand pattern, which has become common in modern Jazz standards. Chopin was way ahead of his time.

...

The jazz standard played by Wes Montgomery that I provided yesterdayIn Sensitive – was inspired melodically by Chopin’s prelude.



(7) Models Modelling Themselves — Why Macroeconomics Gets Secular Stagnation Wrong

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Fortgesetzt von hier.

Der Autor, auf den ich mich beziehe, führt Quellen an, denen zu Folge die Sparneigung der Haushalte weltweit dramatisch abgenommen hat seit den 1980er Jahren, sodass die These von einer Ersparnissschwemme, die demografischen Ursprungs sei, nicht haltbar erscheint. 

Überdies zeigt sich, dass die durchschnittliche Sparneigung aller Wirtschaftsteilnehmer weltweit im Zeitraum 1985-2014 unverändert geblieben ist.

Was allerdings abgenommen hat, ist das Niveau der Zinsen.

Doch ist der Rückgang der Zinsen nicht auf eine Ersparnissschwemme oder eine Schwemme an Finanzierungsangeboten, sondern auf das Verhalten der Zentralbanken zurückzuführen, die auf die anhaltende Stagnation mit geldpolitischer Lockerung (niedrigere Zinsen) reagiert haben. 

Die Zentralbanken hielten an der Lockerung solange fest, bis die Nullzinsgrenze erreicht war. 

Die Stagnation hält jedoch an. 

Denn Zinssenkungen sind kein geeignetes Mittel, die für die Stagnation verantwortlichen strukturellen Verzerrungen der Wirtschaften zu heilen. 

Diese bestehen in

  • der Unterdrückung der Lohnentwicklung (relativ zum Produktivitätsanstieg), 

  • verfehlten Maßnahmen zur Deregulierung des Arbeitsmarktes und 

  • überzogener fiskalpolitischer Zurückhaltung.


Kritische Schlussbemerkung: 

Das Papier, auf das ich mich bei meinen Darlegungen beziehe, scheint mir nicht ganz schlüssig hinsichtlich der darin vertretenen Position in Sachen Finanzmittelüberhang. 

Einerseits wird darin schon früh behauptet, es gäbe keine empirische Unterstützung für die These vom Überhang. Später wird das Argument ins Feld geführt, dass die Sparneigung (propensity to save) in den relevanten Zeiträumen nicht gestiegen sei. 

Andererseits bezieht sich der Autor aber doch immer wieder auf einen Überhang an Ersparnissen.

Meine Verwirrung hinsichtlich der Frage Überhang oder kein Überhang, wächst angesichts folgender Fragen: 

Da die Investitionsneigung wegen rückläufiger Gesamtnachfrage abnimmt, sinken die Einkommen, die ohnehin schon seit Jahrzehnten dadurch belastet sind, dass die Lohnsteigerungen hinter dem Produktivitätswachstum zurückbleiben. 

Weniger Investitionen, weniger Einkommen, weniger Ersparnisse. 

Das würde also eher dafür sprechen, dass die Sparneigung rückläufig ist. 

Oder muss man unterscheiden zwischen prozentualer Sparneigung, die gleich geblieben sein könnte, wie die zitierten Befunde bekräftigen, und absoluten Ersparnissen, die ja sinken könnten, selbst wenn die prozentuale Sparneigung bei geringeren Einkommen und daher geringeren investiven Mitteln aus diesem Einkommen gleich geblieben ist.

Was den Überhang der Ersparnisse betrifft, werde ich auch nicht ganz schlau aus den Hinweisen des Autors, dass Unternehmen finanzialisieren, d.h. sie nutzen Liquiditätsüberschüsse / freie Mittel nicht zu Investitionen, sondern zu aktionärspolitischen Zwecken (Auszahlung an Aktionäre), Aktienrückkäufen und Spekulationen an den Finanzmärkten. 

Wie groß ist der Anteil letzterer Maßnahmen, die doch wohl der Kategorie Ersparnisse angehören? 

Welche Rolle spielt die Finanzialisierung bei der Frage des Sparüberhangs?

Alles in allem tue ich mich schwer, das Argument des Autors bezüglich der Frage des Überhangs der Ersparnisse klar zu fassen - nicht zuletzt auch deshalb, weil im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die nur ex-post Werte berücksichtigen kann, Ersparnisse und Investitionen gleich sein müssen.

Klar hingegen ist die Widerlegung der landläufigen makroökonomischen Erklärung der weltweiten Dauerstagnation anhand der TAK (Theorie ausleihbarere Kreditmittel - loanable funds theory). 

Letztere besagt, dass Banken für die Finanzierung von Investitionen (durch Kreditvergabe) auf den Zufluss von Ersparnissen ihrer Einleger angewiesen sind. 

Dies ist aber unzutreffend. 

Banken können so viele Kredite aus dem Nichts schöpfen und an Kreditnehmer ausreichen wie sie nur wollen; und sie werden dies auch tun, solange ihnen die betreffenden Investitionsvorhaben lohnend und die Bonität der Schuldner von akzeptabler Bonität erscheinen.

Der Umstand, dass Unternehmen sehr zurückhaltend geworden sind bei Investitionen, steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Niveau der Ersparnisse (etwa im dem Sinne, dass ein zu hohes Zinsniveau bestünde, welches die Sparerinteressen gegenüber Investoreninteressen bevorzuge, sodass ein Überhang an Ersparnissen und ein Mangel an Investitionen entsteht). 

Investoren, die aussichtsreiche Investitionen verfolgen möchten, können solche Vorhaben immer realisieren, unabhängig vom Zinsniveau. 

Für rentable Projekte können und werden Banken immer die benötigten Mittel bereitstellen.

Zinssenkungen - wie sie die TAK nahelegt - werden nicht greifen, wenn das Hemmnis für Investitionen tatsächlich in strukturellen Verzerrungen der Lohn- und Arbeitsmarktpolitik und in kontraproduktiver fiskalpolitischer Passivität zu suchen sind.

Eine Geldpolitik, die sich an der TAK orientiert, muss in die Irre gehen. 

Die TAK führt die Zentralbanken auf eine falsche Spur, wonach das vermeintliche Ungleichgewicht zwischen Ersparnissen (zu viel) und Investitionen (zu wenig) durch Zinssenkungen abgebaut werden kann, da niedrigere Zinsen, den Anreiz zu sparen, verringern und gleichzeitig, den Anreiz zu investieren, erhöhen.

Die wirklichen Ursachen der Stagnation ergeben sich vielmehr aus folgenden Punkten: 

  • Unterdrückte Lohnentwicklung, 

  • Arbeitsmarktderegulierung, die zu größerer Arbeitsplatzunsicherheit und einer höheren Zahl an abgewerteten, weniger gut bezahlten Arbeitsverhältnissen geführt hat, 

  • Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, 

  • die Erosion der Mittelklasse und die Ausdehnung der schlechter bezahlten Tätigkeiten (höhere Ungleichheit der Einkommen und Vermögen, Polarisation von gut bezahlten und schlecht bezahlten Tätigkeiten bei Ausdünnung des Mittelfelds dazwischen), sowie 


  • fiskalpolitische Austerität, sprich: übertriebene Zurückhaltung beim Einsatz stattlicher Mittel zwecks Belebung der Gesamtnachfrage


bewirken eine geringere Gesamtnachfrage, die wiederum Unternehmen zu einer pessimistischen Sicht der wirtschaftlichen Zukunft veranlassen, sodass diese in geringerem Umfang investieren und mit ihren investiven Mitteln auf betriebs-/geschäftsfremde Nebenschauplätze ausweichen (Finanzmarktspekulationen).

Überhang hin, Überhang her, klar ist auch, dass ein Überschuss an Ersparnissen, was immer damit gemeint sein soll, nicht ursächlich für die weltweite Dauerstagnation sein kann. 

Ihre Gründe liegen vielmehr darin, dass die Fähigkeit großer Teile der Bevölkerung, die Gesamtnachfrage zu beflügeln, Schaden genommen hat. 

Was einst durch ein politisches Gleichgewicht der Kräfte zwischen Kapital und Arbeit erzielt wurde, nämlich ein Gleichklang zwischen Produktivitätssteigerung und Einkommenswachstum, der wiederum ein stetiges Wachstum der Gesamtnachfrage gestattete, will seit einigen Jahrzehnten nicht mehr gelingen. 

(Vermutlich nicht zuletzt, weil die sozialdemokratischen Parteien und die Linke aufgehört haben, sich für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung gegenüber dem Kapital einzusetzen, und sich auf grüne Programmatik, Identitätspolitik und andere politische Moden (z.B. Demontieren des Nationalstaats) zu verlegen, und sich nicht zuletzt hinter den Neoliberalismus mit seinen Großprojekten wie der EU zu stellen.)

Die Fähigkeit großer Teile der Bevölkerung, zum Wachstum der Gesamtnachfrage beizutragen, ist geringer geworden. 

Der Anstieg des Wohlstands auf breiter Front stagniert.

Schlussfolgerung:

Diese Serie an Beiträgen habe ich geschrieben, weil ich zeigen wollte, wie sowohl die Klimawissenschaft als auch die Makroökonomie durch ihre Verbundenheit zu ideologischen Vorlieben und politischen Idealen vom Weg echter Wissenschaftlichkeit abkommen können. 

Vertreter dieser Disziplinen neigen dazu, in ihren Modellen ihre Voreingenommenheiten und Wunschvorstellungen nachzubilden, und gehen damit unweigerlich ab vom Weg, den eine kritische Wissenschaft beschreitet, die ihre theoretischen Konstrukte unentwegt in Frage stellt, natürlich auch ihre Annahmen und Grundlagen, und stets nach rigoroser empirischer Prüfung strebt.

Während die Modelle der arrivierten Klimawissenschaft Prämissen wählen, die die Ableitung des politisch gewünschten Resultats einer katastrophalen anthropogenen Erderwärmung begünstigen, bevorzugt auch die Makroökonomie bei dem Versuch, die weltweite Dauerstagnation zu erklären, vorgefasste Prämissen (aus einer Modellwelt, in der eine sich vollständig selbstregulierende Wirtschaft abgeleitet werden kann), welche zwar ideologisch konform sind, nicht aber mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

In beiden Fällen ist die Folge, dass politische Projekte als wissenschaftlich abgesichert erscheinen, die dies keineswegs sind, und unter dem Siegel trügerischer Beglaubigung großen Schaden anrichten.

ENDE 

See also here.

(6) Models Modelling Themselves — Why Macroeconomics Gets Secular Stagnation Wrong


Es ist bizarr und erfordert große Spitzfindigkeit, dass die Makroökonomie zwei einander ausschließende Sachverhalte als koexistent annimmt. 

Zum einen, besagt sie in ihrer TAK (Theorie ausleihbarer Kreditmittel), dass das Zinsniveau von Marktkräften bestimmt wird, die Angebot und Nachfrage an ausleihbaren Kreditmitteln durch Aushandeln eines Gleichgewichtspreises (= Zinssatzes) austarieren. 

Gleichzeitig anerkennt die Makroökonomie, dass die Zentralbank, sich des Zinsniveaus als ihres wichtigsten konjunkturpolitischen Steuerungsinstruments bedient.

Aber der markträumende Mechanismus der TAK besteht nicht, da das Angebot an ausleihbaren Kreditmitteln nicht den Charakter einer Angebotsfunktion hat, ist es doch nicht endlich und damit auch nicht durch eine absolute Knappheitsgrenze beschränkt. 

Im Prinzip lässt sich jedes beliebige Nachfrageniveau durch Kreditschöpfung ex nihilo seitens der Banken abdecken. 

Und die Bereitschaft der Menschen zu sparen, wie immer gering oder hoch sie aktuell ausfallen mag, hat keinen Einfluss auf die Fähigkeit der Banken, beliebige, ihnen profitabel erscheinende Kreditvolumina auszureichen.

Das Geldangebot ist endogen.

Es ist, wie gesagt, die Zentralbank, die das Zinsniveau bestimmt, wenn sie will - nicht das  Zusammenspiel von Sparern und Investoren an den Kapitalmärkten. 

Die Zentralbank setzt, das ihr angebracht erscheinende Zinsniveau fest und ist dann bereit, jede beliebige Nachfrage der Banken nach Reserven oder liquiden Mitteln (die aufsichtsrechtlich gefordert werden) zu befriedigen, damit die Stabilität und der reibungslose Ablauf von Zahlungsverkehr und Bankensystem gewährleistet bleiben. 

Die Menge an Bankreserven ist also nicht die Ursache - wie die Money-Multiplier-Theorie, eine weitere irrige Modellkomponente der Makroökonomie postuliert -, sondern eine Konsequenz, eine Folge der Ausweitung des Kreditgeschäfts durch die Banken. 

Das heißt nichts anderes als, dass Banken aufsichtsrechtlich und liquiditätsmäßig immer abgesichert sind, gleichgültig in welchem Umfang sie Kreditschöpfung zu dem gerade bestehenden Zinsniveau zu betreiben wünschen.

Weder Sparer noch die Zentralbank beschränken den Grad der Ausweitung des Kreditgeschäfts, zu dem die Banken sich entschließen. Lediglich die wirtschaftliche Situation und die (meist auch damit zusammenhängende) Kreditwürdigkeit potenzieller Debitoren setzen Grenzen für die Kreditausweitung der Banken.

Da die TAK diese Zusammenhänge auf den Kopf stellt, muss sie unweigerlich die tatsächlichen Ursachen für die weltweite Dauerstagnation (secular stagnation) verkennen.

Dass die Zinsen auf die Nullzins-Untergrenze abgesunken sind, ist keineswegs das Resultat eines (gewaltigen weltweiten) Überhangs an Ersparnissen, wie die TAK uns glauben machen will.

Vielmehr ist das niedrige Zinsniveau die Folge einer bewusst verfolgten geldpolitischen Strategie der Zentralbanken. 

Mit ihrer Nullzinspolitik bemühen sich die Zentralbanken, konjunkturelle Impulse zu setzen - offenbar immer noch größtenteils unter dem Einfluss der TAK.

Sie übersehen deshalb, dass die Stagnation der Wirtschaft andere Ursachen hat als ein für eine lebhafte Investitionstätigkeit zu hohes Zinsniveau.

Anhänger der TAK sehen Symptome, wo in Wahrheit Ursachen für die Dauerstagnation vorliegen: 

  • der seit geraumer Zeit gegenüber dem Produktivitätswachstum zurückbleibende Anstieg der Löhne, 

  • geringe Inflation bis Nullinflation, 

  • hohes Niveau der Unterbeschäftigung oder kaschierte Beschäftigungslosigkeit, 

  • hohe Arbeitslosigkeit weit über dem (ohnehin künstlich hohen) Niveau, der von der Makroökonomie als "natürlich" bezeichneten Arbeitslosigkeit (NAIRU).

Was in der Optik der TAK als Überhang der Ersparnisse figuriert - in dem Sinne jedenfalls, dass Investitionen vergleichsweise gering sind gegenüber Ersparnissen -, ist eher ein Symptom der eigentlichen Ursache der weltweiten Dauerstagnation: unzureichende Gesamtnachfrage. 

Diese hat wiederum ihre Ursachen in 

  • der gegenüber dem Produktivitätswachstum seit Jahrzehnten zurückbleibenden Entwicklung der Löhne, 
  • dem sinkenden Anteil der Löhne am Volkseinkommen, 
  • der wachsenden Ungleichheit der Einkommen und Vermögen (Niedrigverdiener geben einen größeren Anteil ihres Einkommens nachfragewirksam aus als Besserverdienende; wenn erstere Einkommenseinbußen erleiden, wirkt sich dies stärker auf die Gesamtnachfrage aus), und 
  • der Finanzialisierung der Unternehmen (Umleitung betrieblicher Ersparnisse/freier Mittel weg von geschäfts- und betriebsnahen und hin zu spekulativen und anderen Zwecken) und der Wirtschaft insgesamt.
Fortgesetzt hier.

(5) Models Modelling Themselves — Why Macroeconomics Gets Secular Stagnation Wrong


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Fortgesetzt von hier.

Befasst man sich mit der Wirklichkeit des Bankwesens, so stellt man fest, dass Banken nicht nur als Intermediäre tätig sind, die Geld zwischen Anlegern und Investoren verschieben. 

Banken sind in der Lage, Geld aus dem Nichts zu erzeugen. 

Und es ist diese Fähigkeit, die die Banken nutzen, um Kredite auszureichen. 

Sie sind nicht darauf angewiesen, Mittel bei Sparern einzusammeln, bevor sie imstande sind, Kredite zu vergeben. 

Vielmehr schöpfen sie das benötigte Geld aus dem Nichts. 

Das Angebot an ausleihbaren Kreditmittel ist mithin grundsätzlich unendlich, d.h. - anders als andere Güter - unterliegt es keiner Angebotsbeschränkung, etwa durch nennenswerte Produktionskosten oder einem knappen, d.h. erschöpflichen Angebotsbestand, aus dem sie zu entnehmen wären. 

Das hauptsächliche Hemmnis, das einer unbeschränkten Kreditausreichung im Wege steht, ist die begrenzte Anzahl an Kreditnehmern von akzeptabler Bonität. 

Also nicht das Angebot an ausleihbaren Kreditmitteln ist beschränkt, sondern die Häufigkeit, mit denen Bedingungen auftreten, unter denen es für Banken sinnvoll ist, sich des an sich unbeschränkten Angebots zu bedienen.

Ausleihbare Mittel entstehen ipso facto durch den Akt der Kreditvergabe, mit dem neue Einlagen per Federstrich / Bedienung einer Tastatur aus dem Nichts entstehen. Sie verschwinden wieder, in dem Maße wie der Kredit zurückgeführt (zurückbezahlt) wird.

Bedeutende und doch eher an der Peripherie des Mainstreams angesiedelte Wirtschaftswissenschaftler wie Schumpeter, Keynes, Kaldor oder Kalecki waren sich dieser sogenannten Endogenität des Geldes bewusst. 

Das heißt, Banken sind in der Lage, neue Kaufkraft zu schaffen, wo sie fehlt. Sie sind imstande, Projekten Mittel zur Verfügung zu stellen, die auf keinem anderen Wege mobilisiert werden könnten. 

Somit sind Anschubfinanzierungen möglich, die die Produktion neuer Produkte und die Schaffung von zusätzlichem Einkommen in Gang bringen oder beschleunigen, wo dies ansonsten ausbleiben müsste.

Das aus dem Nichts geschaffene Kreditgeld der Banken ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die eine neue Dimension des wirtschaftlichen Fortschritts ermöglicht. Zwischen 95% und 98% des in entwickelten Wirtschaften umlaufenden Geldes ist kreditgeschöpftes Geld.

(Siehe auch meine zweisprachige Serie von Posts zum Thema Growth, Money Creation, and Inflation.)

Demgegenüber bezeichnet Keynes den Goldstandard als ein "barbarisches Relikt", weil dieser eine künstliche Verknappung der investiven Mittel durch Bindung der Geldmenge an das knappe Gut Gold erzwingt.

Solange die Wirtschaft ungenutzte Ressourcen vorhält, besteht in der Welt des Fiat-Geldes kein Grund, wie die Neoklassik noch dachte, auf strenge Austerität zu achten, sich neue Investitionen durch entbehrungsreiches Sparen gewissermaßen vom Munde abzusparen. 

Es ist gerade der historisch neuartige Vorzug des Kreditgeldes, dass wir mit dessen Hilfe weiterhin, und vermehrt sogar, gut und in Wohlstand leben können, während wir zugleich umfangreiche Mittel aufwenden, um die Wirtschaft auszubauen und stärker wachsen zu lassen.

Es gibt ihn also überhaupt nicht, den Markt für ausleihbare Kreditmittel wie ihn die Makroökonomie in ihrer TAK beschreibt. 

Es ist einfach nicht zutreffend, dass knappe Ersparnisse, in Abhängigkeit vom Zinsniveau, die Nachfrage nach ausleihbaren Kreditmitteln bestimmen. 

Der Zuwachs oder die Verringerung des Geldangebots wird nicht durch ein am Markt ausgehandeltes Zinsniveau gesteuert, sondern durch die Kreditpolitik der Banken, die solange und so viel Kreditmittel ausreichen wie das Angebot an kreditwürdigen Schuldnern dies erlaubt.

Infolge ihrer irrigen TAK macht sich die Makroökonomie eine völlig falsche Vorstellung von für die Wirtschaft so zentralen Phänomenen wie Ersparnisse und Investitionen.

Die makroökonomische Irrlehre von den ausleihbaren Kreditmitteln (à la TAK) stellt die Dinge schlechterdings auf den Kopf. 

In ihr sind Ersparnisse Vorbedingung für Investitionen.

In der Realität verhält es sich genau umgekehrt: Investitionen machen Ersparnisse möglich.

Banken stellen Vorfinanzierungen für Investitionen bereit. 

Aus diesen Mitteln wird zusätzliches Einkommen ermöglicht. 

Aus diesem zusätzlichen Einkommen lassen sich Ersparnisse abzweigen.

Am Ende des Tages, also nach dem der geschilderte Ablauf seinen Abschluss gefunden hat - ex post, wie man auch sagt - ist die Identität der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (für eine geschlossene Wirtschaft) erfüllt: Investitionen = Ersparnisse. 

Das quantitative Niveau dieser Identität wird bestimmt durch die mit dem Kreditgeld der Banken vorfinanzierten Investitionen.