Tuesday 26 December 2017

(6) Models Modelling Themselves — Why Macroeconomics Gets Secular Stagnation Wrong


Es ist bizarr und erfordert große Spitzfindigkeit, dass die Makroökonomie zwei einander ausschließende Sachverhalte als koexistent annimmt. 

Zum einen, besagt sie in ihrer TAK (Theorie ausleihbarer Kreditmittel), dass das Zinsniveau von Marktkräften bestimmt wird, die Angebot und Nachfrage an ausleihbaren Kreditmitteln durch Aushandeln eines Gleichgewichtspreises (= Zinssatzes) austarieren. 

Gleichzeitig anerkennt die Makroökonomie, dass die Zentralbank, sich des Zinsniveaus als ihres wichtigsten konjunkturpolitischen Steuerungsinstruments bedient.

Aber der markträumende Mechanismus der TAK besteht nicht, da das Angebot an ausleihbaren Kreditmitteln nicht den Charakter einer Angebotsfunktion hat, ist es doch nicht endlich und damit auch nicht durch eine absolute Knappheitsgrenze beschränkt. 

Im Prinzip lässt sich jedes beliebige Nachfrageniveau durch Kreditschöpfung ex nihilo seitens der Banken abdecken. 

Und die Bereitschaft der Menschen zu sparen, wie immer gering oder hoch sie aktuell ausfallen mag, hat keinen Einfluss auf die Fähigkeit der Banken, beliebige, ihnen profitabel erscheinende Kreditvolumina auszureichen.

Das Geldangebot ist endogen.

Es ist, wie gesagt, die Zentralbank, die das Zinsniveau bestimmt, wenn sie will - nicht das  Zusammenspiel von Sparern und Investoren an den Kapitalmärkten. 

Die Zentralbank setzt, das ihr angebracht erscheinende Zinsniveau fest und ist dann bereit, jede beliebige Nachfrage der Banken nach Reserven oder liquiden Mitteln (die aufsichtsrechtlich gefordert werden) zu befriedigen, damit die Stabilität und der reibungslose Ablauf von Zahlungsverkehr und Bankensystem gewährleistet bleiben. 

Die Menge an Bankreserven ist also nicht die Ursache - wie die Money-Multiplier-Theorie, eine weitere irrige Modellkomponente der Makroökonomie postuliert -, sondern eine Konsequenz, eine Folge der Ausweitung des Kreditgeschäfts durch die Banken. 

Das heißt nichts anderes als, dass Banken aufsichtsrechtlich und liquiditätsmäßig immer abgesichert sind, gleichgültig in welchem Umfang sie Kreditschöpfung zu dem gerade bestehenden Zinsniveau zu betreiben wünschen.

Weder Sparer noch die Zentralbank beschränken den Grad der Ausweitung des Kreditgeschäfts, zu dem die Banken sich entschließen. Lediglich die wirtschaftliche Situation und die (meist auch damit zusammenhängende) Kreditwürdigkeit potenzieller Debitoren setzen Grenzen für die Kreditausweitung der Banken.

Da die TAK diese Zusammenhänge auf den Kopf stellt, muss sie unweigerlich die tatsächlichen Ursachen für die weltweite Dauerstagnation (secular stagnation) verkennen.

Dass die Zinsen auf die Nullzins-Untergrenze abgesunken sind, ist keineswegs das Resultat eines (gewaltigen weltweiten) Überhangs an Ersparnissen, wie die TAK uns glauben machen will.

Vielmehr ist das niedrige Zinsniveau die Folge einer bewusst verfolgten geldpolitischen Strategie der Zentralbanken. 

Mit ihrer Nullzinspolitik bemühen sich die Zentralbanken, konjunkturelle Impulse zu setzen - offenbar immer noch größtenteils unter dem Einfluss der TAK.

Sie übersehen deshalb, dass die Stagnation der Wirtschaft andere Ursachen hat als ein für eine lebhafte Investitionstätigkeit zu hohes Zinsniveau.

Anhänger der TAK sehen Symptome, wo in Wahrheit Ursachen für die Dauerstagnation vorliegen: 

  • der seit geraumer Zeit gegenüber dem Produktivitätswachstum zurückbleibende Anstieg der Löhne, 

  • geringe Inflation bis Nullinflation, 

  • hohes Niveau der Unterbeschäftigung oder kaschierte Beschäftigungslosigkeit, 

  • hohe Arbeitslosigkeit weit über dem (ohnehin künstlich hohen) Niveau, der von der Makroökonomie als "natürlich" bezeichneten Arbeitslosigkeit (NAIRU).

Was in der Optik der TAK als Überhang der Ersparnisse figuriert - in dem Sinne jedenfalls, dass Investitionen vergleichsweise gering sind gegenüber Ersparnissen -, ist eher ein Symptom der eigentlichen Ursache der weltweiten Dauerstagnation: unzureichende Gesamtnachfrage. 

Diese hat wiederum ihre Ursachen in 

  • der gegenüber dem Produktivitätswachstum seit Jahrzehnten zurückbleibenden Entwicklung der Löhne, 
  • dem sinkenden Anteil der Löhne am Volkseinkommen, 
  • der wachsenden Ungleichheit der Einkommen und Vermögen (Niedrigverdiener geben einen größeren Anteil ihres Einkommens nachfragewirksam aus als Besserverdienende; wenn erstere Einkommenseinbußen erleiden, wirkt sich dies stärker auf die Gesamtnachfrage aus), und 
  • der Finanzialisierung der Unternehmen (Umleitung betrieblicher Ersparnisse/freier Mittel weg von geschäfts- und betriebsnahen und hin zu spekulativen und anderen Zwecken) und der Wirtschaft insgesamt.
Fortgesetzt hier.

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