Wednesday 19 December 2018

Die Irrlehre von der Wirtschaft

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Es ist faszinierend, sich mit der modernen Wirtschaftslehre zu befassen. Bei jedem Schritt, der einen tiefer in ihr Inneres führt, stellt man fest, dass sie auf Fantasien beruht, die uns weit wegführen von der realen Wirtschaft. 

Es ist wie ein Abstieg in eine Märchenwelt, ähnlich der Reise zum Mittelpunkt der Erde in Jules Vernes gleichnamigen Roman.

Was mich besonders bewegt, ist die Einsicht, dass was uns als ehrwürdige Wissenschaft angeboten wird (man denke an den Begriff der "die Wirtschaftsweisen"), ein Mimikry ist, hinter dem sich die bizarre, grötenteils verdrängte, nicht mehr kritisch bewußt gemachte Modellwelt der klassischen und neoklassischen Ökonomik verbirgt.

Das Studium der Wirtschaftswissenschaften ist ein einziges Ablenken von den unhaltbaren Grundlagen des Fachs.

Der Blogger "Lord Keynes" fasst das Versagen der Wirtschaftswissenschaften vor der Realität in folgenden Punkten zusammen:

Markträumende Gleichgewichtslagen sind unmöglich, erstens, weil weder Preise noch Löhne die nötige Flexibilität aufweisen, und zweitens, und noch grundlegender, weil sie häufig Falschanpassungen bewirken würden angesichts des Umstands, dass Investitionsentscheidungen unter Bedingungen unvollkommenen Wissens und großer Unsicherheit erfolgen

Es gibt daher keine Garantie, dass Elemente, die sich ineinander fügen müssten, um ein Geichgewicht herzustellen, tatsächlich zueinander passen werden, insbesondere die effektive Nachfrage, d. h. die Nachfrage zahlungswilliger Abnehmer nach dem betreffenden Produkt und das Angebot an Produktionsfaktoren, das zu dessen Herstellung und Vertrieb erforderlich ist.

Damit ist die grundlegendste Annahme der klassisch-neoklassischen Gleichgewichtstheorie entkräftet – Says Gesetz, wonach das Angebot an produzierten Waren immer von einer dazu passenden Nachfrage absorbiert wird

Erstaunlich, dass eine Annahme, die so offensichtlich falsch ist, den Grundstein der modernen Ökonomie bildet. 

Gleichgewicht bedeutet nämlich nichts anderes, als dass alle Faktoren, die zur Produktion von Waren aufgeboten werden, auf eine effektive Nachfrage stoßen, die ausreicht sie zu entlohnen, sprich: ihre Kosten zu decken.

Es ist doch schon für den Laien offenkundig, dass es zahllose Gründe geben kann, warum eine derartige Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage unter Umständen nicht zustandekommen kann. Das beginnt schon mit der falschen Vision des Unternehmers, der sich von einem Produkt eine reißende Abnahme verspricht, die nie eintreten wird.

Alle anderen Faktoren, die "Lord Keynes" aufführt scheinen mir, von diesem grundlegenden Problem abgeleitet zu sein und/oder es zu verstärken:

Natürlicher Zinssatz: Wenn ein Gleichgewicht nicht möglich ist, dann kann es auch nicht durch einen mystischen "korrekten" Zinssatz herbeigeführt werden.

Geldmenge: Die Geldmenge ist Teil dieses nicht ergodischen (nicht auf sicheren Prognosen beruhenden) Prozesses, vermöge dessen wir uns mit unseren Investitionsbemühungen in die Zukunft vorwagen, mal irrig, mal mit Erfolg. Und wieder: Wenn es ein Gleichgewicht nicht gibt, kann es auch nicht durch Bestimmung der vermeintlich richtigen, markträumenden Geldmenge erzeugt werden – zumal die Geldmenge keine exogene Stellschraube darstellt, mit der die Zentralbank, das System „auf Gleichgewicht einstellen“ könnte, sondern durch das Geschehen in der Wirtschaft beeinflusst wird: namentlich die Nachfrage von Investoren nach Geld und die Bereitschaft der Banken, Geld bereitszustellen – wobei sich beide Gruppen in ihrem Zusammenspiel tüchtig irren können – die Banken in ihrem Kreditvotum, die Unternehmen in ihrer Zukunftsplanung. 

Geld ist somit nicht neutral, sprich: ohne Einfluss auf die realen Variablen der Wirtschaft (Beschäftigung, Produktionssaustoß etc.). Im Gegenteil, wenn zu viel Geld irrigerweise von Investoren aufgenommen und von Banken verliehen wird, entsteht wirtschaftlicher Schaden, genauso, wie wenn zu wenig Geld bereitgestellt wird, sodass Mittel fehlen, um produktives Wachstum zu finanzieren.

Auch ist das Preisniveau nicht eine einfache Funktion der Geldmenge, sondern von vielen Wirkgrößen abhängig.

Insgesamt stiert die klassisch-neoklassische und damit die zeitgenössische Ökonomik in die falsche Richtung, indem sie nur auf die Angebotsseite achtet. Sie lässt außer Acht, dass die Wirtschaft nicht vor allem deshalb ins Straucheln (aus dem Gleichgewicht) gerät, weil es an angebotsseitigen Faktoren hapert, sondern weil der Teil der Wirtschaft, den diese Wirtschaftstheorien weitgehend ignorieren, – die Nachfrage – zu gering ist. Um sie wiederzubeleben, bedarf es staatlicher Wirtschaftspolitik. Doch derartige Interventionen lehnt das klassisch-neoklasssische Paradigma ab. 

Hier beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz: Denn die Prozesse der Markträumung, die diese Theorien unterstellen, finden entweder nicht statt oder erzeugen nicht unbedingt eine optimales Gleichgewicht. Etwas, das funktionieren kann – das staatliche Eingreifen – wird abgelehnt zugunsten von etwas, dass nicht funktionieren kann: die Herstellung eines Gleichgewichts in allen Märkten und in der Wirtschaft insgesamt durch Markttransaktionen des nicht staatlichen Sektors.

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