Sunday, 21 January 2018

(2) Neoliberal Economics and Its Rival — Say's Law

 
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 Fortgesetzt von hier / Continued from here.

Wegen der ungewöhnlichen Länge dieses Beitrags, habe ich mich entschlossen, ihn in zwei Teile aufzuspalten – „(2) Neoliberal Economics and Its Rival — Say's Law“ – sowie – „(3) Neoliberal Economics and Its Rival — Effective Demand“. Der erste Teil ist ausschließlich in Deutsch, der zweite enthält am Schluss eine englische Zusammenfassung beider Teile.

Owing to the unusal length of this post, I have decided to split it up into a sequel of two. The first part, entirely in German, — "(2) Neoliberal Economics and Its Rival — Say's Law" examines the crucial role of "Say's law" in classic and modern mainstream economics, wedding them to a doctrinaire interpretaion of free markets. The second post — "(3) Neoliberal Economics and Its Rival — Effective Demand" — comprises the part on "effective demand" explaining how this new concept served to call into question classical economics. The second post also contains the English summary of both sequels.


Der klassischen Ökonomik entsteht erstmals ein ernsthafter Rivale in Gestalt einer analytischen Tradition, die mit Karl Marx, der den Kapitalismus völlig ablehnte, beginnt. Diese Alternative zur klassischen Wirtschaftslehre wird von John Maynard Keynes weiterentwickelt. Freilich begrüßte der britische Ökonom den Kapitalismus,  wenngleich er ihn für unvollkommen hielt. Keynes war der Meinung, dass die Wirtschaftspolitik nachhelfen muss, damit das unübertroffene Leistungsvermögen des Kapitalismus ausgenutzt werden kann ohne unerträgliche Kollateralschäden in Kauf nehmen zu müssen. Während beide, Marx und Keynes, die Grundlagen einer Fundamentalkritik der klassischen Ökonomik formulierten, konzentriere ich mich im vorliegenden Post vor allem auf den Beitrag, den Marx hierbei geleistet hat.

Das Bild, das die klassischen Ökonomen von der Wirtschaft zeichnen, ist nach Marx und Keynes vor allem aus zwei Gründen irrig. 

Die klassischen Ökonomen bedienen sich
 
  • einer falschen Annahme zu viel – d. h. sie unterstellen die Richtigkeit des Sayschen Gesetzes – und
  • einer richtigen Annahme zu wenig – d. h. sie übersehen das Phänomen der effektiven Nachfrage. 

Saysches Gesetz


So grundlegend das Saysche Gesetz für die Vorstellung der klassischen Ökonomen einer konfliktfreien, stets im Gleichgewicht befindlichen Wirtschaft ohne Überproduktion und Arbeitslosigkeit ist, es mutet recht bizarr an, wenn man es erst einmal wieder ausgegraben hat unter den Sedimenten der sich darüber türmenden neoliberalen Ökonomie. 

Es ist wert, betont zu werden, dass das Sayssche Gesetz nach wie vor in neueren Modellen der Wirtschaft vorausgesetzt wird, auch wenn sich die betreffenden „Experten“ dessen nicht bewusst sind. 

Was besagt das Saysche Gesetz? Die kürzeste Formel des Sayschen Gesetzes lautet: „Das Angebot schafft sich seine eigene Nachfrage.“ Gemeint ist: man produziert (erzeugt ein Angebot) doch nur, wenn man sich sicher ist, dass es auf eine Abnehmerin – also auf Nachfrage – stoßen wird.

Ich muss gestehen, dass es mir immer schwergefallen ist, das Saysche Gesetz gutheißend als sinnvoll und berechtigt anzusehen. Mir fallen sofort Gründe ein, warum das Angebot nicht imstande ist, seine eigene Nachfrage zu erzeugen. Deswegen verblüfft es mich, dass kluge Leute wie der große klassische Ökonom David Ricardo sich dieser Lehre verschreiben konnten.

Ich kann mich doch verschätzen, wenn ich Angebot schaffe, sprich: ein Produkt entwickele, um es später anzubieten / zu verkaufen. Ich kann doch mit diesem Versuch auf tausendfache Weise  scheitern. Das Geld kann mir ausgehen, entscheidende Irrtümer mögen sich bemerkbar machen. Mir können die Arbeiter weglaufen. Neue Produkte und Trends können meine Mühen nichtig machen. Ein gescheitertes Projekt kann mich so stark schwächen (persönlich-psychologisch, finanziell, reputationsmäßig etc.), dass ich nicht in der Lage bin, den Versuch erneut zu unternehmen, ein Angebot bereitzustellen, dass sich seine eigene Nachfrage schafft. Vielleicht fehlt mir die Eignung, mich unternehmerisch zu betätigen.

Wenn ich diese Einwände erhebe, werden mir die Klassiker sogar Recht geben. In Einzelfällen mag zutreffen, was ich beschrieben habe, werden sie sagen, nicht aber bezogen auf eine gesamte Wirtschaft. So viele Menschen können sich nicht täuschen. Es mag also lokale Überproduktionskrisen geben, aber keine, die die ganze Wirtschaft erfassen.

Sich auf das Saysche Gesetz stützend argumentieren die Klassiker, dass alle Wirtschaftsteilnehmer über kurz oder lang einen Weg finden werden, jene Waren und Dienstleistungen anzubieten, für die es eine ausreichende Nachfrage gibt. Sie unterstellen damit eine Naturalwirtschaft, in der es kein Geld gibt.

Diese Annahme, wonach „das Angebot seine eigene Nachfrage erzeugt“,  liegt allen Gleichgewichtsmodellen der modernen Ökonomik zugrunde.  Sie bezeichnet, was eigentlich gemeint ist, wenn Freunde der freien Marktwirtschaft, zu denen ich mich zähle, übers Ziel hinausschießen und in ihr einen sich in gutartiger Weise vollkommen selbst regelnden Mechanismus zu erkennen glauben.

Mir imponiert an Keynes, dass er sich als Freund der freien Marktwirtschaft dazu verpflichtet fühlte, ihr als schonungsloser Kritiker gegenüber zu treten. Keynes, wie Marx, sind hinabgetaucht bis ans Fundament der Versuche der klassischen Ökonomik, den Kapitalismus zu legitimieren. Dort unten in der Tiefe konnten sie sich davon überzeugen, dass es den Klassikern nicht gelungen ist, den Kapitalismus in einleuchtender Weise zu legitimieren – und ich finde, man kann den Kapitalismus legitimieren –, sondern ihn vielmehr einseitig zu verherrlichen, ideologisch zu fetischisieren und unter Ausblendung seiner Fehler und Widersprüche zu idealisieren.

Dazu gleich mehr unter der Überschrift „Effektive Nachfrage“.

Noch einmal kurz zurück zum Sayschen Gesetz, der Basis auf der die klassische ebenso wie die zeitgenössische neoliberale Wirtschaftstheorie fußen:

Das Saysche Gesetz orientiert sich an absoluten Bedürfnissen, will sagen: an dem Umstand, dass die Bedürfnisse des Menschen unendlich sind, dass es immer Bedürfnisse geben wird, die noch unbefriedigt sind, aber intensiv empfunden werden, sodass auch die Möglichkeiten, jenes Angebot auszuweiten, das sich wie Say meinte seine eigene Nachfrage schafft – die Produktion dessen, was andere begehren und mir deshalb abnehmen werden –, ebenfalls unbegrenzt sind. Unter Ausnutzung der unbegrenzten Wünsche der Menschen gelingt es demnach immer, ein volkswirtschaftliches Gleichgewicht zwischen Gesamtangebot und Gesamtnachfrage herbeizuführen. Wie die diversen Märkte einer Volkswirtschaft zusammenspielen, um dieses Gleichgewicht nach den Vorstellungen der Klassiker zu bewirken, behandle ich in späteren Beiträgen.

Was die Klassiker übersehen, indem sie sich der Denkweise des Sayschen Gesetzes anschließen, ist, dass es nicht genügt, Wünsche zu haben – eine erstaunlich einfältige Verfehlung –, sondern, dass man auch in der Lage sein muss, sie mit dem zu Gebote stehenden Einkommen und Vermögen zu bezahlen. Bedürfnisse werden rationiert durch Preise, die unsere Kaufkraft übersteigen. Das ist, was in diesem Zusammenhang mit dem Gegensatzpaar „absolute Bedürfnisse und relative Bedürfnisse“ gemeint ist.

Marx ist der Erste, der Bedingungen beschreibt, die dazu führen, dass die Kaufkraft der Menschen nicht ausreicht, so viel zu kaufen, als erforderlich ist, um ein Gleichgewicht zwischen Gesamtnachfrage und Gesamtangebot bei Vollbeschäftigung herbeizuführen.

Fortgesetzt unter (3) Neoliberal Economics and Its Rival — Effective Demand

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