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Ich kehre zu einem Projekt zurück, das ich vor
geraumer Zeit begonnen habe. Ursprünglich hatte ich beabsichtigt, eine
Gesamtdarstellung unseres Wissens über die Freiheit zu schreiben, und zwar aus
liberaler Sicht. Im Laufe der Arbeit an diesem Projekt hat sich mein
Freiheitsverständnis gewandelt. Der größte Unterschied zu meiner ursprünglichen
Auffassung von Freiheit besteht darin, dass ich Freiheit inzwischen eher als
eine Methode für die Entdeckung sinnvoller Bedingungen und Verfahrens des
Miteinanders ansehe, denn als vorfahrtsberechtigte Deutung dessen, was eine
gute Gesellschaft und ihre tragenden Komponenten (z.B. die Wirtschaft)
ausmacht. Um diese Erkenntnis einzufangen habe ich das Schlagwort von der
Freiheit als Methode geprägt, von dem sich später herausstellen sollte,
dass Walter Lippmann es bereits 1934 in seinem Buch "The Method of Freedom" benutzt hat, wohl aus einer Grundhaltung heraus, die nicht
unähnlich derjenigen ist, die ich nach meiner Wandlung angenommen habe.
Große Teile meines bis dahin in liberaler
Gesinnung geschriebenen Buchs "Freiheit verstehen" wurden hinfällig,
da mein darin vertretener Freiheitsbegriff auf die ideologischen Bedürfnisse
des Liberalismus zugeschnitten war, vor allem in der Variante, wie sie Hayek
vertrat. Was in dieser verworfenen Sichtweise auf die Freiheit vor allem irrig
war, lässt sich zurückführen auf eine einseitige Auffassung dessen, was Hayek als spontane Ordnung bezeichnet.
In jeder menschlichen Ordnung, selbst in einer
Zweierbeziehung, umso mehr in volkreichen Gesellschaften, bilden sich spontane
Strukturen heraus, die nicht intendiert worden sind. Gemäß Hayekschem
Liberalismus kann sich bei Anwendung geeigneter Verhaltensnormen eine spontane
Ordnung herauskristallisieren, die dem entspricht, was Lippmann (später, nach einer zeitweiligen Bekehrung zum klassischen Liberalismus 1937) die "Good
Society" genannt hat: nämlich den liberalen Traum einer eindeutig bestimmten Form von menschlichem
Miteinander, die wünschenswerter ist, als jede Alternative.
Genau an diesem Punkt
weiche ich inzwischen vom Liberalismus ab. Denn ich glaube erkannt zu haben,
dass die Fähigkeit, sich die spontane Ordnung einer Gesellschaft gezielt
zunutze zu machen, also in sie einzugreifen, ebenso ein Teil dieser spontanen
Ordnung und ihrer Produkte und Konsequenzen ist, wie ihre unbeabsichtigten
Ergebnisse. Der Mensch hat gelernt, sich im Rahmen einer übergeordneten
spontanen Ordnung, die sich um ihn herum ergibt und ihm somit gegeben ist,
dennoch seine Kreativität und Zielstrebigkeit — sein Uhrmachertum, wenn man so will — wirksam werden zu lassen als
weiteres Agens, welches die Gesamtordnung bestimmt. Dieser Aktivismus ist auch
ein Evolutionsprodukt.
Die Zurückhaltung, genauer die Selektivität des
Liberalismus in Sachen menschlicher Eingriffe in die Gesellschaft ist
unsachgerecht. Nicht das Eingreifen in die Gesellschaft per se verdient mit einem Tabu
belegt zu werden, sondern lediglich Formen der Intervention, die sich der Gewalt, der willkürlichen
Aufbürdung und der Unterdrückung des geistigen Wettbewerbs der Menschen bedienen.
Der Freiheit, wie ich sie heute verstehe, liegt eine bestimmte Auffassung
davon zugrunde, was Wissen ist, wie es gewonnen wird, welche Rolle es im
Miteinander der Menschen spielt. Denn Freiheit als Methode ist nichts anderes
als eine bestimmte Art, mit Wissen umzugehen. Damit hat sich das Kapitel
"Wissen" aus dem Manuskript meines liberalen Buchs über die Freiheit
eine Aktualität und Gültigkeit bewahrt, die ich in der folgenden Reihe an Posts
würdigen möchte.
Hier geht es zum Anfang der Reihe: "Wissen (1)"
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