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Neues Paradigma zur Entwicklung unregulierter Bankgeschäfte auf Basis von Teil-Reserve-Anforderungen (Fractional Reserve Free Banking)
Im Laufe der Zeit bürgerte es sich ein, dass die Menschen ihre Bestände an Gold und Silber als Einlagen bei Sicherheitsspezialisten, namentlich Goldschmieden, hinterlegten. Die Goldschmiede erhoben eine Gebühr für die Verwahrung der Einlagen und stellten ein Dokument—eine so genannte Banknote—aus, welches seinen Inhaber berechtigte, auf dessen Veranlassung hin, eine bestimmte Menge an Gold und Silber unverzüglich einzulösen. Insofern als Goldschmiede im Rufe standen, ehrliche Geschäftsleute zu sein, zirkulierten die Banknoten im Markt als seien sie identisch mit dem Gold oder dem Silber, in die sie jederzeit eingetauscht werden konnten.
Allerdings
blieb es den Goldschmieden nicht verborgen, dass für gewöhnlich nicht alle
Inhaber dieser Banknoten zugleich
erschienen, um ihr Gold oder Silber einzulösen. Vielmehr pflegten sich
die hereingenommenen Einlagen an Gold und Silber, für die neu erzeugte
Banknoten ausgegeben wurden, in etwa die Waage zu halten mit den wieder
ausgehändigten Einlagen, denen die Banknoten, die zur Einlösung vorgelegt
wurden, entsprachen. Dieses Gleichgewicht an zu- und abfließenden Einlagen
gestattete es den Goldschmieden, eine größere Menge an Banknoten
auszugeben als der tatsächlichen bei ihnen eingelagerten Menge an Gold und
Silber-Einlagen entsprach. Sie waren also imstande, Banknoten in Mengen
zu drucken und auszuleihen, die über den Bestand an Edelmetall-Einlagen
hinausgingen, der zu ihrer Deckung vorhanden war, und verzeichneten so
zusätzliche Zinseinnahmen aus dem Verleih der nur scheinbar gedeckten
Banknoten. Das war die Geburtsstunde der Bankgeschäfte auf
Teilreserve-Basis.
Diese Art
von Bankgeschäft war in dem Sinne „frei“(daher auch als free banking bezeichnet), als es keinen staatlichen Regelungen
unterlag, sieht man von der Durchsetzung vertraglicher Abmachungen ab, die z.T.
justiziabel waren. Die Banknoten jeder einzelnen Bank fanden Anerkennung
als Zahlungsmittel nur in dem Maße wie die Reputation und Glaubwürdigkeit des
betreffenden Instituts als fraglos galt. Banken stand es frei, jede ihnen
genehm erscheinende Menge an Banknoten auszugeben, selbst wenn sie das Maß
ihrer Deckung durch Gold- und Silber-Einlagen überschritten. Wenn aber
die Nachfrage nach einzulösendem Gold und Silber den auslieferbaren Bestand
übertraf, so war dies ausschließlich das Problem der Banken und der Einleger,
nicht aber das Problem des Staats und der Steuerzahler.
In den
Vereinigten Staaten herrschte zwischen dem ursprünglichen Coinage Act von 1792
bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs ein Regime des free banking. Die Währung war auf folgende Weise durch Gold,
Silber und Kupfer definiert:
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Die Bürger
sandten die betreffende Menge an Edelmetall an die US Münze, um sie dort gegen
Zahlung einer geringfügigen Gebühr zu Münzen prägen zu lassen. Danach
wurden die Münzen—und andere Edelmetallbestände—Banken zur Verwahrung
überlassen, indes man im Gegenzug Banknoten ausgehändigt bekam. Verschiedene Banken emittierten ihre eigenen Banknoten, die sich auch
optisch von denen anderer Banken unterschieden.
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Anstelle
von Banknoten akzeptierten Bankkunden mitunter auch Einlagen, die sie dazu
berechtigten Schecks auszustellen. Der Unterschied zwischen einem Scheck
und einer Banknote besteht darin, dass letztere ein Versprechen darstellt,
jedem, der als ihr Inhaber auftritt, auf dessen Aufforderung hin, umgehend Geld
zu überlassen. [Mit anderen Worten: eine Banknote stellt ein allgemein gültiges
Zahlungsmittel für jeden dar, der gerade im physischen Besitz von ihr ist.]
Dagegen ist ein Scheck eine Anweisung an eine Bank, nur einer bestimmten
Person, Geld zu überlassen, einerlei ob sie oder eine andere Person gerade im
Besitz des Schecks ist. Wenn ich also beispielsweise über ein
Einlagenkonto bei der Pittsfield Bank in Massachussets verfüge und jemandem
einen Scheck ausstelle, so muss diese
Person den Scheck einreichen, wenn er ihr als Zahlungsmittel dienen soll. Der Betreffende kann den Scheck nicht einfach beliebigen anderen Personen
überlassen, die ihn dann als Zahlungsmittel nutzen können, denn der Scheck ist
von mir speziell an diese eine Person ausgestellt worden.Er muss
vielmehr den Scheck bei seiner Bank
vorlegen, sagen wir die Windham Bank, um ihn sich auszahlen oder auf einem
Konto gutschreiben zu lassen. Erst daraufhin werden Münzen (Gold oder
Silber) von Pittsfield nach Windham transferiert. Wenn ich, im Gegensatz
dazu, dieser Person eine Banknote der Pittsfield Bank aushändige, kann er diese
umgehend im Markt verflüssigen (als Zahlungsmittel einsetzen), vorausgesetzt
freilich, dass die Bank über einen entsprechenden Ruf verfügt.
Die
Ausgabe von Banknoten und ihre weit verbreitete Akzeptanz als Geld-Ersatz für
das Edelmetall, in das sie einlösbar sind, schuf einen Mechanismus, mit dem
sich das Geldangebot—das Angebot an gesetzlichen Zahlungsmitteln, die anzunehmen
sind zwecks Begleichung von Schulden gegenüber privaten Personen oder
öffentlichen Körperschaften—im Einklang mit der Wirtschaftsentwicklung
ausweiten konnte. Zwar war es auch vor dem Aufkommen von Bankgeschäften
auf Teilreserve-Basis möglich, Schuldtitel anstelle von Gold oder Silber
einzusetzen, aber diesen fehlte das Merkmal, auf Aufforderung des Inhabers,
unmittelbar einlösbar zu sein. Wer sie als Zahlungsmittel annahm und
somit zu ihrem Inhaber würde, musste einen Verlust an Liquidität und an Universalität
(der Nutzbarkeit als Zahlungsmittel) hinnehmen. Eine Banknote hingegen
ist unmittelbar einlösbar, und zwar durch jede beliebige Person, in
deren physischem Besitz sie sich befindet, weswegen sie technisch
gleichzusetzen ist mit dem rechtlich verbrieften Geld, dem Edelmetall-Geld, von
dem sie gedeckt wird.
Ein wahrhafter
Goldstandard ist einer, der auf free
banking mit Geldschöpfung durch Teilreserve beruht. Der Staat legt
den Wert der Währung relativ zum Gold fest, und gestattet es privaten Banken
ansonsten zu handeln wie es ihnen beliebt—so auch Banknoten in den von ihnen als
angemessen angesehenen Mengen zu emittieren und den Preis des Bankrottes zu
zahlen, falls sie durch eigenes Verschulden einen Einlösungsdruck auslösen, der
die Menge an Edelmetall übersteigt, die sie auszuliefern imstande sind. Es finden keine Eingriffe seitens des Staats statt, es gibt keine
aufsichtsrechtlichen Auflagen, keine Mindestreserven, keine Kapitalquote
(Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme oder ähnliche Kennzahlen), nur die
Überwachung durch die Marktteilnehmer selbst, von denen man hofft, dass sie
wachsam sind und gewissermaßen ihre Hausaufgaben aus freien Stücken erledigen.
Die
Labile Mechanik unregulierter Bankgeschäfte auf Teil-Reserve-Basis (Fractional
Reserve Free Banking)
Die unten
stehenden Schaubilder verdeutlichen wie das auf Gold fußende, mit Teilreserven
operierende unregulierte Bankwesen funktioniert.
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Wir
beginnen bei unserer Betrachtung in einem Stadium, das noch keine Leihgeschäfte
vorsieht. Bank #1 und Bank #2 haben jeweils $100 in Gold
erhalten und geben im Gegenzug Banknoten im Wert von jeweils $100 an ihre
Kunden aus. Bank #3 hat $100 in Gold erhalten und richtet
für ihre Kunden scheckfähige Sparkonten mit einem Guthaben in Höhe von $100
ein. Die in der Kategorie M2 erfasste Geldmenge lässt
sich definieren als die Summe von Banknoten, Girokonten, sowie Gold und Silber,
das in privatem Bestand ist, also nicht bei Banken verwahrt wird. Im
System insgesamt beläuft sich die M2 Geldmenge somit auf $300. Wir können die Geldbasis als das Gesamtangebot an Gold
definieren. Demnach umfasst die Geldbasis $300.
Die Geldbasis ist gleich der M2 Geldmenge, weil noch keine Leihgeschäfte
vorgesehen sind. Erst das Verleihen von Geld sorgt dafür, dass die M2 Geldmenge
die Geldbasis übersteigt.
Nehmen wir
an, dass ein Kunde der Bank #3 einen Scheck in Höhe von $50
zugunsten einer Person ausstellt, die den Scheck bei Bank #1 einlöst. Zum
Geschäftsschluss, wenn die Banken ihre Zahlungen untereinander saldieren,
transferiert Bank #3 Gold im Wert von $50 zu Bank #1, womit
sie den Saldo des Sparkontos ihres Kunden um $50 mindert.
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Hier haben
wir das Banksystem nach Aktiva und Passiva aufgegliedert. Die Aktiva des
Banksystems betragen $300, die sich ausnahmslos aus Gold
zusammensetzen. Die Passiva betragen ebenfalls $300 und
setzen sich aus Banknoten und Sparkonten zusammen, deren Guthaben sich auf
Anfrage umgehend in Gold einlösen lassen. Aktiva und Passive sind
betragsgleich, weil die Banken über kein Eigenkapital verfügen —was in Ordnung
geht, denn das müssen sie nicht, fehlt doch in einem unregulierten Banksystem
die Aufsichtsbehörde, welche den Banken derartige Kapitalanforderungen
auferlegen könnte.
Nehmen wir
nun an, dass Bank #3 neue Kredite im Wert von $18.000 an seine
Kunden ausreicht.
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Weiter
nehmen wir an, dass die Hälfte der Kredite in Form von Banknoten ausgezahlt
wird, während die andere Hälfte auf Sparkonten bei Bank #3 gehalten wird.
Besonders zu beachten ist, dass Bank #3 dieses Geld aus dem Nichts
erzeugt hat. Denn das ist genau, was Banken tun, wenn sie Geld an den
nicht-Finanz-Sektor verleihen oder von diesem Vermögenswerte erwerben—sie
drucken zu diesem Zweck neues Geld. Das tun alle Banken, nicht
nur Zentralbanken. Dieses Geld kann wie andere Geldformen des Systems
verwendet werden, vorausgesetzt, dass die Menschen den Banken ausreichendes
Vertrauen entgegenbringen.
Beim
genaueren Hinsehen erkennen wir, dass Bank #3 nun Aktiva in Höhe von $18.050
und Passiva in Höhe von ebenfalls $18.050 hat. Die Aktiven setzen sich aus $50
Basisgeld (Gold) und Krediten im Werte von $18.050 zusammen, welche bekanntlich
Verbindlichkeiten für die Kunden darstellen, welche an die Bank einschließlich
Zinsen zurückzuzahlen sind. Die Passiva der Bank bestehen aus $9.000
Banknoten und Sparguthaben ihrer Kunden in Höhe von $9.050.
Nun sind
wir in der Lage den Begriff der „Reserve“ zu definieren, nämlich als jede Form
von Geld—im vorliegend Fall Gold, denn wir befinden uns in einem
Goldstandard-Regime—, das von den Banken dazu verwendet werden kann, den
Einlösungswunsch von Kunden zu erfüllen. Bislang ist es in dem von uns
skizzierten Szenario so, dass die Gesamtmenge der Reserven im System gleich ist
der Gesamtmenge der Geldbasis, denn letztere—das gesamte Gold—wird von den
Banken gehalten. Das gesamte Gold liegt bei den Banken und kann dazu
verwendet werden, dem Wunsch nach Einlösung der Banknoten oder der Sparguthaben
zu entsprechen. Niemand hat Gold aus dem Banksystem genommen; es gibt
keine private Goldhortung.
Wenn ein
Kunde von Bank #3 einen Scheck ausstellt zwecks Einlage bei Bank #1,
transferiert Bank #3 Reserven—in diesem Fall eben Gold—an Bank #1.
Ähnliches spielt sich ab, wenn ein Kunde eine Banknote von Bank #3
einlöst; nun werden Reserven—wieder Gold—von Bank #3 an den Kunden übertragen.
Nehmen wir
an, ein Kunde der Bank #3 stellt einen Scheck in Höhe von $75
aus, der dann bei Bank #1 eingelöst wird. Alternativ, nehmen wir an, dass ein
Kunde sich anschickt, Banknoten der Bank #3 im Wert von $75
bei ebendieser Bank einzulösen. Was geschieht? Es zeigt sich, dass Bank #3
nicht über Reserven—physisch verfügbares Gold— in Höhe von $75
verfügt und somit nicht in der Lage ist, es entweder an Bank #1 zu
transferieren oder an einen Kunden auszuhändigen, der sein Gold abheben möchte.
Die Bank kann ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen. Sie hatte das
Versprechen abgegeben, die Banknoten auf Anfrage umgehend in Gold einzulösen,
und ist nun dazu nicht in der Lage.
Wir sind
an dem Punkt angelangt, wo das Kernproblem des free banking unter einem Goldstandard-Regime offenkundig wird.
Es gibt keine Mindestreserveanforderung, keine Anforderung, eine
Kapitaldecke nachzuweisen und es fehlt ein Kreditgeber letzter Instanz. Aus
diesem Grund ist das System hochgradig labil. Es wird desto labiler,
je mehr sich das Kreditvolumen (was von der Investitionsbereitschaft der
Kreditnehmer und der Risikobereitschaft der Kreditgeber bestimmt wird) im
Vergleich zur Goldmenge ausweitet, wobei die Goldmenge, abhängt von der
Geschäftsaktivität der goldfördernden Industrie, deren Ausbringung wiederum
meist unabhängig ist von der Gesamtwirtschaftslage.
Selbst ein
leichter Verdacht, dass eine Bank illiquide oder insolvent werden könnte, kann
sich sehr schnell zu einem Ansturm auf die Bank ausweiten, von welchen es
schlechterdings zu viele in der Ära des free banking gab. Es ist zwar richtig, dass sich die Banken
untereinander helfen können, Einlösungsanfragen zu bewältigen, indem sie
kurzfristige Übernacht-Goldleihen durchführen. Aber das reicht nicht aus,
um Stabilität in krisenhaften Zeiten zu gewährleisten; also gerade dann, wenn
derartige Leihen am meisten benötigt werden, sind sie nicht zu haben.
Neben dem
Nachteil der Instabilität, zeichnet sich das System des free banking zudem durch Prozyklikalität aus. Um diese prozyklische
Tendenz zu verstehen, ist es sinnvoll einen Schritt zurückzutreten, um genau
hinzuschauen, wie Zinsen sich in einem free
banking System verhalten.
Zinsen
in einem unregulierten Banksystem
In einem
modernen Banksystem kontrolliert die Zentralbank unmittelbar und vor allem
zunächst die kurzfristigen Zinsen von Papieren mit niedrigen Risikoniveau [wie
sie besonders Staatspapiere verkörpern]—es sind dies die Zinssätze, an denen
sich die Banken orientieren, wenn sie Geld von einander borgen oder Geld leihen
von Kunden(, die Einlagen bei ihnen unterhalten). Der von der Zentralbank
festgelegte Leitzins [an den sich andere Zinssätze z.B. für öffentliche
Körperschaften oder Unternehmen per Auf- oder Abschlag, je nach Risiko, etc
anhängen] bestimmt die Finanzierungskosten im Banksystem. Die erwartete
Entwicklung des Leitzins spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Bestimmung
des Zinsniveaus aller anderen Bestandteile der Zinstrukturkurve.
Doch noch
haben wir die Zentralbank nicht in unser Szenario aufgenommen. Wir haben
lediglich Gold und den Markt. Wir wird nun das System [Banken und
Wirtschaft] auf Zinsänderungen unter einem Goldstandard-Regime reagieren?
Der Gleichgewichtswert von Zinssätzen, die am Markt ermittelt werden, ist
eine Funktion von (1) dem Angebot an Mitteln, die Kreditgeber zu verleihen
wünschen und (2) der Nachfrage nach diesen Mitteln seitens der Kreditnehmer.
Wenn eine starke Nachfrage nach Kreditmitteln besteht und gleichzeitig
das Angebot solcher Mittel seitens der Kreditgeber knapp ist, wird der Markt
einen hohen Gleichgewichtszins ermitteln. Wenn die Nachfrage nach
Kreditmitteln gering ist und ein großes Angebot an Kreditmitteln von den Banken
bereitgehalten wird, wird der Markt einen niedrigen Gleichgewichtszins
ermitteln.
In Phasen
wirtschaftlicher Blüte, sind die Banken entsprechend zuversichtlich und stehen
so gut dar, dass sie willens sind, überschüssige Mittel untereinander
auszuleihen. Ihren Kunden ergeht es ähnlich und sie sind deshalb geneigt,
darauf zu vertrauen, dass das Gold, das die Deckung ihrer Sparkonten und
Banknoten gewährleistet, sicher verwahrt in den Tresoren der Banken liegt.
Sie werden keine hohen Zinsen verlangen für die Überlassung des Goldes,
solange sichergestellt ist, dass sie jederzeit darauf zugreifen können—und das
ist auch der Fall, da sie keine Liquiditätseinbuße erleiden, wenn das Gold
durch ein Guthaben auf einem Girokonto repräsentiert wird oder in Form von
Banknoten in ihren Taschen steckt—sie sind jederzeit in der Lage, die
Kaufkraft ihres Goldes zu realisieren. Der Zinssatz, zu dem Banken von
ihren Kunden oder untereinander Geld borgen wird sich daher auf einem niedrigen
Niveau bewegen. Aber das wollen wir in dieser Wirtschaftslage doch gar
nicht. Wir wünschen uns vielmehr einen hohen Zinssatz, denn es ist doch
gerade eine Atmosphäre des Optimismus und der Zufriedenheit, die zu
übermäßigem, unklugen und unproduktivem Ausleihen von Geld verleitet, um
schließlich zu Inflation zu führen.
Der
einzige Grund, weswegen Banken bereit wären, hohe Zinsen für geborgtes Geld an
ihre Kunden oder andere Banken zu zahlen besteht dann, wenn sie mit einer
bedrohlichen Anzahl von Einlösungsaufforderungen konfrontiert sind oder wenn
ihnen der Umfang ihres Goldbestands aus anderen Gründen unzureichend erscheint.
Erinnern wir uns nochmal daran, dass Banken keine Reserven ausleihen—die
Geldbasis, das Gold. Derartige Reserven dienen einfach nur dazu, den Einlösungswunsch
von Kunden zu erfüllen, wenn diese ihre aus dem Nichts von den Banken
geschaffenen Banknoten oder ihre Spareinlagen in Gold umtauschen wollen.
In guten
Zeiten jedoch haben die Banken keine bedrohlichen Einlösungswellen zu
befürchten. Ihre Furchtlosigkeit erscheint gerechtfertigt, da sie es in
solchen Phasen kaum mit panisch gewordenen Kunden zu tun bekommen. Und so
ist es für sie nur desto verlockender, noch mehr Geld zu verleihen.
Theoretisch ist es ihnen möglich, wenn niemand Konversion anstrebt, eine unbegrenzte
Menge an Krediten anzubieten, wobei jeder zusätzliche Kredit den Gewinn der
Banken erhöht. Das ist aber genau nicht
das, was wir anstreben. Wenn die Wirtschaft boomt wünschen wir uns doch
eher restriktive monetäre Rahmenbedingungen, ein angemessen verknapptes
Kreditangebot, um jene zu entmutigen, die zur Bereitstellung übermäßiger,
unkluger und unproduktiver Kredite neigen, so dass die Gefahr einer
inflationären Entwicklung gebannt werden kann.
In
schlechten Zeiten gilt das Gegenteil. Die Banken sind nicht mehr bereit,
einander Geld zu leihen, selbst wenn solide Sicherheiten eingebracht werden
können, und die Kunden machen sich Sorgen um die Ersparnisse, die sie den
Banken anvertraut haben. Sie neigen nun in stärkerem Maße dazu, ihre
Ersparnisse wieder an sich zu nehmen, was bedeutet, dass sie Gold abrufen und
damit das System an den Rand der Insolvenz drängen können. Ohne einen
Kreditgeber der letzten Instanz sieht sich das System einem erheblichen Risiko
zu kollabieren ausgesetzt, besonders wenn Gerüchte über zurückgewiesene
Einlösungen die Runde machen. Man täusche sich nicht, genau solche
Zusammenbrüche haben während des 19. Jahrhunderts vielfach
stattgefunden. In Phasen der wirtschaftlichen Schrumpfung erwies sich das
System als ein wahrhaftes Desaster, aus welchem Grunde das Land sich dann auch
vom free banking wegbewegte hin zu
einer um eine Zentralbank herum gestalteten Ordnung.
Es muss
zugegeben werden, dass das free banking
ein natürliches Gegengift gegen Inflation in sich trug. Wenn infolge
eines übermäßigen Kreditangebots Inflation entsteht, heben die Menschen ihr
Gold ab, um es im Ausland zu investieren oder auszugeben (Erwerb billiger
Importe), eben so wie wir es vom oben geschilderten Goldautomatismus kennen. Auf diese Weise verschwindet Gold aus dem Banksystem und die
Finanzierungskosten der Banken steigen, zumindest unter der Annahme,
dass die Banken sich genötigt sehen, eine gesunde Goldreserve vorzuhalten.
Doch nochmal, in guten Zeiten haben die Banken wenig Anlass, auf eine
solche Reserve sonderlich zu achten. Weder Inflation noch die dadurch
ausgelöste Abwanderung von Gold aus dem System erweisen sich als zureichend, um
übertriebenen Kreditausreichungen und den damit entstehenden Probleme für die
Wirtschaft rechtzeitig Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil, die Abwanderung
von Gold aus dem System gestaltet sich eher zu einem Faktor, der die
erforderliche Reaktion erst dann auslöst, wenn es schon zu spät ist und die
Wirtschaft bereits in die Rezession abgeglitten ist, also just dann, wenn ein
Anstieg der Risiko-Aversion und monetäre Verknappung seitens der Banken
kontraproduktiv sind.
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