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Mehr zum Thema "sedimtiertes Wissen" — wobei weiterhin die kritischen Anmerkungen in Wissen (15 a) und Wissen (15 c) zu beachten sind:
Sedimentiertes
Wissen nimmt Erfahrungen auf, die außerhalb der Reichweite des Denkens liegen,
mit dem wir Dinge bewusst nachvollziehen. Es verhilft uns somit oft zu
Erfolgen, die nur schwer zu erklären sind. Daher wird sedimentiertes Wissen (in
Form strikt einzuhaltender Regeln und Prinzipien z.B.) gerne angefochten,
bekämpft und unterdrückt. Sehr zu unserem Schaden, wie die Katastrophen des
Sozialismus lehren, der eine einzige Rebellion gegen das sedimentierte Wissen
der Freiheit und somit gegen den Schutz des Individuums, des privaten Eigentums,
und des freiwilligen Wirtschaftens ist.
Epistemologisch ist der naive
Rationalismus der Hauptfeind des sedimentierten Wissens, da er Geltung nur dem
zugesteht, was unmittelbar einsichtig erscheint. Demgegenüber setzt sich
sedimentiertes Wissen mit langem Atem durch; oft hinter dem Rücken der
Menschen. Etwa indem rationalistische Praktiken - wie sie z.B. der gesteuerten
und geplanten Gesellschaft des Sozialismus zugrunde liegen - sich nach und nach
als untauglich erweisen, bis sie Platz machen für gewachsene Formen des
Miteinanders, wie sie verkörpert sind in den Regeln, die den geschützten
Bereich des Individuums durch Rechtssicherheit im Allgemeinen und Eigentums-
und Vertragssicherheit im Besonderen wirkungsvoll verteidigen.
Sedimentiertes
Wissen hat den Vorteil, dass es uns in den Genuss dessen kommen lässt, was sich
langfristig bewährt, auch wenn wir diesen Vorzug erst im Nachhinein zu erkennen
vermögen.
Preise,
die in einem freien Markt entstehen, liefern ein weiteres Beispiel für
sedimentiertes Wissen. Freilich bildet sich diese Form von sedimentiertem
Wissen in einem lebhaften Markt blitzschnell und erneuert sich entsprechend
oft. In den Informationen, die uns Preise liefern, setzen sich, zu unserem
Nutzen verwertbar, die Erfahrungen größtenteils fremder Menschen ab, die
durchaus nicht beabsichtigen und sich nicht bewusst sind, uns diese Informationen
zu überlassen.
Zwar mag ein Geschäftsmann den Preis seines Produkts senken, um
ein Kundensegment direkt anzusprechen („Qualitätskäse gibt es auf diesem Markt
nirgends günstiger als bei mir!“). Insofern jedoch als Preise Koordination und
Kooperation aller Wirtschaftssubjekte betreffen, fungiert das Medium der
Preisbildung nicht als bewusste und gezielte Form der Kommunikation. Und doch
erlangen wir aufgrund der Signalwirkung von Preisen sehr genaue und wertvolle
Auskünfte.
Die Informationen, die in Preisen verpackt sind, veranlassen eine
unbekannte Anzahl von Menschen just auf den Teil eines Komplexes ihnen im Einzelnen
unbekannter Umstände adäquat zu reagieren, der für sie von Belang ist.
Millionen von Menschen werden vom aktuellen Preis einer Ware, sagen wir Stahl,
in ihren Entscheidungen hilfreich unterstützt. Für die meisten reicht es, auf
den Preis zu achten, um sich gemäß ihrer persönlichen Bedingungen an Umstände,
die sie in ihrer Gesamtheit nicht einmal annähernd kennen, noch kennen müssen,
best möglichst anzupassen, d.h. sie sind der Notwendigkeit enthoben, sich
kundig zu machen über die komplexen Einflüsse, die sich auf die Herstellung,
Verarbeitung und Vermarktung von Stahl auswirken.
Das Resultat der Anpassung
mag darin bestehen, dass das Vorhaben, eine Stahlfabrik zu bauen,
zurückgestellt oder aufgegeben wird. Für andere mag es bedeuten, dass sie einen
Haushaltsgegenstand erwerben, von dem sie nicht einmal ahnen, dass er Stahl
enthält. Wegen des niedrigeren Stahlpreises ist das erworbene Haushaltsutensil
günstiger als das vergleichbare Produkt anderer
Hersteller, die statt Stahl einen Werkstoff verwenden, der derzeit deutlich
teuerer als Stahl ist. Wegen der günstigen Anschaffung stehen den Käufern mehr
Mittel für die Befriedigung weiterer Bedürfnisse zur Verfügung. Sie wissen
nicht einmal, dass eine Veränderung des Stahlpreises ihnen dazu verholfen hat.
So helfen uns Preise unentwegt bei der Verfolgung unserer Ziele. Sedimentiertes
Wissen, das sich in Preisen niederschlägt, hilft dem Individuum, sich an das ihm Unbekannte anzupassen, gerade so
als wisse der einzelne Mensch mehr
als er tatsächlich wissen kann. Das in den Preisen angelagerte Wissen erlaubt
es den Menschen, sich Umständen erfolgreich anzupassen, die in ihrer komplex
verknüpften Gesamtheit grundsätzlich (a) niemand vorhersehen kann und (b) die
sich auch rückblickend niemandem erschließen können. Eine wesentliche Ergänzung
unseres expliziten Wissens.
Fortgesetzt hier.
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