Tuesday, 26 December 2017

(7) Models Modelling Themselves — Why Macroeconomics Gets Secular Stagnation Wrong

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Fortgesetzt von hier.

Der Autor, auf den ich mich beziehe, führt Quellen an, denen zu Folge die Sparneigung der Haushalte weltweit dramatisch abgenommen hat seit den 1980er Jahren, sodass die These von einer Ersparnissschwemme, die demografischen Ursprungs sei, nicht haltbar erscheint. 

Überdies zeigt sich, dass die durchschnittliche Sparneigung aller Wirtschaftsteilnehmer weltweit im Zeitraum 1985-2014 unverändert geblieben ist.

Was allerdings abgenommen hat, ist das Niveau der Zinsen.

Doch ist der Rückgang der Zinsen nicht auf eine Ersparnissschwemme oder eine Schwemme an Finanzierungsangeboten, sondern auf das Verhalten der Zentralbanken zurückzuführen, die auf die anhaltende Stagnation mit geldpolitischer Lockerung (niedrigere Zinsen) reagiert haben. 

Die Zentralbanken hielten an der Lockerung solange fest, bis die Nullzinsgrenze erreicht war. 

Die Stagnation hält jedoch an. 

Denn Zinssenkungen sind kein geeignetes Mittel, die für die Stagnation verantwortlichen strukturellen Verzerrungen der Wirtschaften zu heilen. 

Diese bestehen in

  • der Unterdrückung der Lohnentwicklung (relativ zum Produktivitätsanstieg), 

  • verfehlten Maßnahmen zur Deregulierung des Arbeitsmarktes und 

  • überzogener fiskalpolitischer Zurückhaltung.


Kritische Schlussbemerkung: 

Das Papier, auf das ich mich bei meinen Darlegungen beziehe, scheint mir nicht ganz schlüssig hinsichtlich der darin vertretenen Position in Sachen Finanzmittelüberhang. 

Einerseits wird darin schon früh behauptet, es gäbe keine empirische Unterstützung für die These vom Überhang. Später wird das Argument ins Feld geführt, dass die Sparneigung (propensity to save) in den relevanten Zeiträumen nicht gestiegen sei. 

Andererseits bezieht sich der Autor aber doch immer wieder auf einen Überhang an Ersparnissen.

Meine Verwirrung hinsichtlich der Frage Überhang oder kein Überhang, wächst angesichts folgender Fragen: 

Da die Investitionsneigung wegen rückläufiger Gesamtnachfrage abnimmt, sinken die Einkommen, die ohnehin schon seit Jahrzehnten dadurch belastet sind, dass die Lohnsteigerungen hinter dem Produktivitätswachstum zurückbleiben. 

Weniger Investitionen, weniger Einkommen, weniger Ersparnisse. 

Das würde also eher dafür sprechen, dass die Sparneigung rückläufig ist. 

Oder muss man unterscheiden zwischen prozentualer Sparneigung, die gleich geblieben sein könnte, wie die zitierten Befunde bekräftigen, und absoluten Ersparnissen, die ja sinken könnten, selbst wenn die prozentuale Sparneigung bei geringeren Einkommen und daher geringeren investiven Mitteln aus diesem Einkommen gleich geblieben ist.

Was den Überhang der Ersparnisse betrifft, werde ich auch nicht ganz schlau aus den Hinweisen des Autors, dass Unternehmen finanzialisieren, d.h. sie nutzen Liquiditätsüberschüsse / freie Mittel nicht zu Investitionen, sondern zu aktionärspolitischen Zwecken (Auszahlung an Aktionäre), Aktienrückkäufen und Spekulationen an den Finanzmärkten. 

Wie groß ist der Anteil letzterer Maßnahmen, die doch wohl der Kategorie Ersparnisse angehören? 

Welche Rolle spielt die Finanzialisierung bei der Frage des Sparüberhangs?

Alles in allem tue ich mich schwer, das Argument des Autors bezüglich der Frage des Überhangs der Ersparnisse klar zu fassen - nicht zuletzt auch deshalb, weil im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die nur ex-post Werte berücksichtigen kann, Ersparnisse und Investitionen gleich sein müssen.

Klar hingegen ist die Widerlegung der landläufigen makroökonomischen Erklärung der weltweiten Dauerstagnation anhand der TAK (Theorie ausleihbarere Kreditmittel - loanable funds theory). 

Letztere besagt, dass Banken für die Finanzierung von Investitionen (durch Kreditvergabe) auf den Zufluss von Ersparnissen ihrer Einleger angewiesen sind. 

Dies ist aber unzutreffend. 

Banken können so viele Kredite aus dem Nichts schöpfen und an Kreditnehmer ausreichen wie sie nur wollen; und sie werden dies auch tun, solange ihnen die betreffenden Investitionsvorhaben lohnend und die Bonität der Schuldner von akzeptabler Bonität erscheinen.

Der Umstand, dass Unternehmen sehr zurückhaltend geworden sind bei Investitionen, steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Niveau der Ersparnisse (etwa im dem Sinne, dass ein zu hohes Zinsniveau bestünde, welches die Sparerinteressen gegenüber Investoreninteressen bevorzuge, sodass ein Überhang an Ersparnissen und ein Mangel an Investitionen entsteht). 

Investoren, die aussichtsreiche Investitionen verfolgen möchten, können solche Vorhaben immer realisieren, unabhängig vom Zinsniveau. 

Für rentable Projekte können und werden Banken immer die benötigten Mittel bereitstellen.

Zinssenkungen - wie sie die TAK nahelegt - werden nicht greifen, wenn das Hemmnis für Investitionen tatsächlich in strukturellen Verzerrungen der Lohn- und Arbeitsmarktpolitik und in kontraproduktiver fiskalpolitischer Passivität zu suchen sind.

Eine Geldpolitik, die sich an der TAK orientiert, muss in die Irre gehen. 

Die TAK führt die Zentralbanken auf eine falsche Spur, wonach das vermeintliche Ungleichgewicht zwischen Ersparnissen (zu viel) und Investitionen (zu wenig) durch Zinssenkungen abgebaut werden kann, da niedrigere Zinsen, den Anreiz zu sparen, verringern und gleichzeitig, den Anreiz zu investieren, erhöhen.

Die wirklichen Ursachen der Stagnation ergeben sich vielmehr aus folgenden Punkten: 

  • Unterdrückte Lohnentwicklung, 

  • Arbeitsmarktderegulierung, die zu größerer Arbeitsplatzunsicherheit und einer höheren Zahl an abgewerteten, weniger gut bezahlten Arbeitsverhältnissen geführt hat, 

  • Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, 

  • die Erosion der Mittelklasse und die Ausdehnung der schlechter bezahlten Tätigkeiten (höhere Ungleichheit der Einkommen und Vermögen, Polarisation von gut bezahlten und schlecht bezahlten Tätigkeiten bei Ausdünnung des Mittelfelds dazwischen), sowie 


  • fiskalpolitische Austerität, sprich: übertriebene Zurückhaltung beim Einsatz stattlicher Mittel zwecks Belebung der Gesamtnachfrage


bewirken eine geringere Gesamtnachfrage, die wiederum Unternehmen zu einer pessimistischen Sicht der wirtschaftlichen Zukunft veranlassen, sodass diese in geringerem Umfang investieren und mit ihren investiven Mitteln auf betriebs-/geschäftsfremde Nebenschauplätze ausweichen (Finanzmarktspekulationen).

Überhang hin, Überhang her, klar ist auch, dass ein Überschuss an Ersparnissen, was immer damit gemeint sein soll, nicht ursächlich für die weltweite Dauerstagnation sein kann. 

Ihre Gründe liegen vielmehr darin, dass die Fähigkeit großer Teile der Bevölkerung, die Gesamtnachfrage zu beflügeln, Schaden genommen hat. 

Was einst durch ein politisches Gleichgewicht der Kräfte zwischen Kapital und Arbeit erzielt wurde, nämlich ein Gleichklang zwischen Produktivitätssteigerung und Einkommenswachstum, der wiederum ein stetiges Wachstum der Gesamtnachfrage gestattete, will seit einigen Jahrzehnten nicht mehr gelingen. 

(Vermutlich nicht zuletzt, weil die sozialdemokratischen Parteien und die Linke aufgehört haben, sich für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung gegenüber dem Kapital einzusetzen, und sich auf grüne Programmatik, Identitätspolitik und andere politische Moden (z.B. Demontieren des Nationalstaats) zu verlegen, und sich nicht zuletzt hinter den Neoliberalismus mit seinen Großprojekten wie der EU zu stellen.)

Die Fähigkeit großer Teile der Bevölkerung, zum Wachstum der Gesamtnachfrage beizutragen, ist geringer geworden. 

Der Anstieg des Wohlstands auf breiter Front stagniert.

Schlussfolgerung:

Diese Serie an Beiträgen habe ich geschrieben, weil ich zeigen wollte, wie sowohl die Klimawissenschaft als auch die Makroökonomie durch ihre Verbundenheit zu ideologischen Vorlieben und politischen Idealen vom Weg echter Wissenschaftlichkeit abkommen können. 

Vertreter dieser Disziplinen neigen dazu, in ihren Modellen ihre Voreingenommenheiten und Wunschvorstellungen nachzubilden, und gehen damit unweigerlich ab vom Weg, den eine kritische Wissenschaft beschreitet, die ihre theoretischen Konstrukte unentwegt in Frage stellt, natürlich auch ihre Annahmen und Grundlagen, und stets nach rigoroser empirischer Prüfung strebt.

Während die Modelle der arrivierten Klimawissenschaft Prämissen wählen, die die Ableitung des politisch gewünschten Resultats einer katastrophalen anthropogenen Erderwärmung begünstigen, bevorzugt auch die Makroökonomie bei dem Versuch, die weltweite Dauerstagnation zu erklären, vorgefasste Prämissen (aus einer Modellwelt, in der eine sich vollständig selbstregulierende Wirtschaft abgeleitet werden kann), welche zwar ideologisch konform sind, nicht aber mit der Wirklichkeit übereinstimmen.

In beiden Fällen ist die Folge, dass politische Projekte als wissenschaftlich abgesichert erscheinen, die dies keineswegs sind, und unter dem Siegel trügerischer Beglaubigung großen Schaden anrichten.

ENDE 

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