Tuesday 22 January 2019

Causes of the Global Financial Crisis — Ursachen der Finanzkrise von 2007/2008

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Below video in English


Im Videoausschnitt unten führt Wray die große Finanzkrise von 2007 auf eine langfristige Umwandlung des Finanzsystems zurück, die sich in den USA aber auch weltweit über viele Jahrzehnte in der Nachkriegszeit abgespielt hat. 

Nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise und nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich schließlich ein solides Finanzsystem entwickelt – teils dank strikter Kontrollen, teils, weil die schwächsten Glieder in der Kette der Weltwirtschaftskrise zum Opfer gefallen waren. 

Zudem war es so, dass am Ende des Zweiten Weltkriegs eine enorme Staatsverschuldung aufgebaut worden war. Die Privatwirtschaft konnte sich auf solide Bilanzen stützen. [Zur Erklärung: Eine hohe Staatsverschuldung bedeutet, dass der nicht staatliche Sektor Überschüsse an Nettofinanzaktiven hat, statt stark verschuldet zu sein. Bildlich gesprochen: Das Wachstum balanciert nicht auf dem Gipfel eines immer fragiler werdenden Schuldenbergs, sondern fußt auf gesunden Vermögensverhältnissen.] Damit war ein sehr robustes Wirtschaftswachstum möglich, das es vielen Nationen gestattete, Vollbeschäftigung über einen ausgedehnten Zeitraum zu erzielen.

Das privatwirtschaftliche Wachstum verdankte sich der Ausnutzung der Staatsverschuldung, statt auf einer hohen Schuldenquote privatwirtschaftlicher Wirtschaftsteilnehmer zu beruhen. [Staatsverschuldung bedeutet, dass der Staat mehr in die Wirtschaft hineinsteckt, als er (größtenteils durch Steuern) aus ihr herauszieht. Der Staat schafft effektive Nachfrage, von der die Privatwirtschaft profitiert. Solange Kapazitäten noch frei sind – und das war lange Zeit während der Nachkriegszeit der Fall –, kann der Staat kräftig Geld in die Wirtschaft stecken, ohne dass Inflation zu einer Gefahr wird. Vielmehr ermöglicht dieses Geld die produktive Nutzung brachliegender Ressourcen.]

Hyman Minsky brachte diese Situation auf den Punkt, indem er betonte, wie solide das Finanzsystem seinerzeit war, d. h. es spielte zum einen eine relativ beschränkte Rolle im wirtschaftlichen Gesamtgeschehen – [keine Verselbstständigung gegenüber der Realwirtschaft wie heutzutage, da gewaltige Ressourcen in den Finanzmärkten zirkulieren, statt der Realwirtschaft zugeführt zu werden] – und wurde zum anderen auch sehr genau überwacht – was eben eine sinnvoll beschränkte Rolle der Finanzwirtschaft begünstigte.

Doch das Finanzsystem sollte sich unweigerlich in eine ungute Richtung entwickeln. Die zur Vorsicht mahnenden Erinnerungen an die Weltwirtschaftskrise verblassten. Der wirtschaftliche Erfolg verleitete zu höherer Risikobereitschaft. Im Zuge dessen büßte das Finanzsystem an Solidität ein. Es wurde zunehmend fragiler.

Dieser Trend entfaltete sich über einen sehr langen Zeitraum. Er endete schließlich im Jahr 2007 in einem Kollaps.

Minsky sprach vom money manager capitalism. Dieser wies in vielfacher Hinsicht Ähnlichkeiten mit dem Kapitalismus auf, wie er zur Zeit der Weltwirtschaftskrise bestanden hatte.

Welche Entwicklungen führten letztlich zum Zusammenbruch im Jahr 2007?

Ursächlich war der starke Anstieg der Schuldenquoten über einen ausgedehnten Zeitraum: Die Haushalte in den USA verschuldeten sich immer stärker relativ zu ihrem Einkommen. Zum Teil lag das daran, dass die Reallöhne in den USA für durchschnittlich besoldete Arbeitskräfte etwa seit 1974 zu wachsen aufhörten. In einer Periode von 30 Jahren folgte dem Wirtschaftswachstum kein Anstieg der Reallöhne. Ein Teil dieses Wachstums wurde dadurch finanziert, dass die Haushalte sich stärker verschuldeten. Die Unternehmen verschuldeten sich ebenfalls, zeitweise in stark beschleunigtem Maße, zum Beispiel in der Hochphase der Leveraged Buyouts [Aufnahme von Schulden, um ein Unternehmen zu kaufen] in den 1980er und den 2000er Jahren. In der Folge waren die stark verschuldeten Unternehmen gezwungen, ihre künftigen Gewinne in den Schuldendienst zu stecken, statt produktive Investitionen vorzunehmen.

Das größte Problem des money manager capitalism war jedoch die zunehmende Verschuldung von Finanzinstitutionen untereinander. Im Jahr 2007 war es schließlich dann so, dass in den USA jedem Dollar Einkommen fünf Dollar an Verbindlichkeiten gegenüberstanden. In den frühen 1930er Jahren waren es 3 Dollar Verbindlichkeiten pro einem Dollar Einkommen. Die Schuldenquote war also weitaus höher denn je.

2007 betrugen die Verbindlichkeiten von Finanzinstitutionen gegenüber anderen Finanzinstitutionen mehr als 125% des BIP. Was die Umwandlung des Finanzsystems inzwischen bewirkt hatte, war, dass Finanzinstitutionen extrem kurzfristige Refinanzierung untereinander betrieben und sich somit Liquiditätsquellen  aussetzten, die sehr anfällig und volatil waren und innerhalb kürzester Zeit „austrocknen“ konnten. Die Teilnehmer am Finanzsystem waren auf diese hoch riskante Weise miteinander vernetzt. Wenn eine größere Institution dieses Netzwerks in Schwierigkeiten geraten sollte, würde sich das Problem sofort im ganzen Finanzsystem ausbreiten.  In der globalisierten Welt der Finanzen würde dies einen weltweiten Flächenbrand entfachen. Und so kam es im Jahr 2007.



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