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Nach einer weit
verbreiteten Auffassung ist der Mensch ein Netto-Zerstörer von Ressourcen, d.h.
er vernichtet mehr Ressourcen als er erzeugt. Ich halte dem entgegen: Wäre dem
tatsächlich so, würde der Mensch schon vor langer Zeit ausgestorben sein.
Vielmehr trifft es zu, dass der Mensch ein Netto-Mehrer von Ressourcen ist.
Fragen wir uns
zunächst einmal: Was sind überhaupt Ressourcen?
Nehmen wir das
Beispiel von Beeren, die schon unseren Jäger-und-Sammler Vorfahren gemundet
haben.
Beeren zählen zu den
Ressourcen, wie man so sagt, die uns Mutter Natur schenkt. Bei genauerer
Überlegung fällt vielleicht aber Folgendes auf: Beeren sind (a) nicht imstande,
einzusehen, dass Menschen möglicherweise an ihnen Gefallen als Nahrungsmittel
finden könnten, (b) noch sind sie in der Lage, dem Menschen aus eigenem Antrieb
in dieser oder anderer Funktion nützlich zu werden.
Diese Einsicht mutet
so trivial an, dass sie schon ans Alberne zu grenzen scheint. Tatsächlich aber
wird sie selten berücksichtigt. Es bleibt im Allgemeinen unbeachtet, dass eine
Ressource grundsätzlich nur dann ins Leben gerufen wird, wenn der Mensch dafür
sorgt. Zum einen, indem er einen Zusammenhang erkennt zwischen einer Gegebenheit
der Natur X., Beeren z.B., und einer Möglichkeit, X. in den Dienst eines
menschlichen Bedürfnisses, z. B. seiner Ernährung, zu stellen.
Bis dahin ist
noch keine Ressource entstanden. Dies geschieht erst, wenn der Mensch den
nutzenstiftenden Zusammenhang zwischen X. und einem menschlichen Bedürfnis
praktisch realisiert. Diese geradezu kindlich einfache Argumentationskette
führt uns jedoch zu einer Schlussfolgerung, die die meisten Menschen geradezu
vor den Kopf stößt: Alle Ressourcen entstammen dem menschlichen Geist.
Solange der
menschliche Geist von unerschöpflicher Kreativität ist, sind die Ressourcen,
derer der Mensch sich bedienen kann, prinzipiell unbegrenzt.
Nach herkömmlicher
Vorstellung sind Ressourcen endliche Bestände an naturgegebenen Materialien.
Daher die viel beschworenen Ängste hinsichtlich der Erschöpfung von uns
wichtigen Ressourcen wie dem Erdöl. Doch das Erdöl war über Milliarden von
Jahren keine Ressource, es wurde zu einer solchen erst als der Mensch einen Zusammenhang
entdeckte, der die Eigenschaften dieses Rohstoffs mit den technischen
Möglichkeiten und den Bedürfnissen des Menschen zweckdienlich verbindet. Vieles
spricht dafür, dass das Erdöl eines Tages keine Ressource mehr sein wird, aus
dem erfreulichen Grunde, weil der Mensch neue Zusammenhänge entdeckt und entwickelt
haben wird, die vorteilhafter sind als solche, die uns heute noch auf Rohöl
zurückgreifen lassen.
Der Mensch hat seit
seinem Erscheinen im Holozän unentwegt dafür gesorgt, dass sich seine
Ressourcenbasis ausweitet. Sein Ingenium hat auf das Aussterben des Mammuts mit
der Entwicklung neuer und besserer Ressourcen geantwortet. Seit dem Aufkommen
der modernen Wissenschaften hat sich diese Fähigkeit um ein Vielfaches erhöht.
Es gibt zwar
natürliche Phänomene, die uns mit Nützlichem ohne unser Zutun versorgen, wie
die Wärme oder das Licht der Sonne. Aber wenn wir uns nur auf solche Geschenke
der Natur verlassen müssten, wären wir nicht in der Lage zu überleben. An einem
trivialen Fall ist zu erkennen, wie der Mensch ununterbrochen selbst dafür sorgen
muss, dass ein Zustand oder eine Gegebenheit zur Ressource wird.
Ein wenig erhitzt am
Rand des Schwimmbeckens liegend fragt sich ein Mensch: Bleibe ich in der Sonne,
oder ist es besser, wenn ich den Schatten aufsuche? Zu heiß, entscheidet er.
Indem er den Schatten aufsucht hat er bereits eine Ressource erzeugt, denn er
hat erkannt, dass etwas der Befriedigung eines Bedürfnisses von ihm zu dienen
vermag und hat dieses zweckdienliche Potenzial praktisch genutzt.
Es entspricht der
Natur des Menschen, als Netto-Ressourcen-Erzeuger durch die Welt zu schreiten.
Als Netto-Ressourcen-Vernichter hätte er sich selbst nicht lange überlebt.
Auf analoge Weise
lässt sich zeigen, dass dem destruktiven Verhalten der Menschen
untereinander Grenzen gezogen sind.
Auch die Entwicklung
staatlicher Strukturen bleibt eingefasst in diesen Grenzen. Der Staat hat zwar
ein großes, doch eben grundsätzlich begrenztes Potenzial für zerstörerische
Handlungsweisen, und daneben stets einen operativen Bestand an konstruktiven
Funktionen. Menschheitsgeschichtlich betrachtet unterliegen staatliche Strukturen
dem Erfordernis, einen Überschuss an zuträglichen Leistungen gegenüber
negativen Ergebnissen hervorzubringen.
Als die zahlenmäßig
kleinen Horden aus der Frühzeit der Menschheit unter dem Einfluss der sich
ausbreitenden sesshaften Landwirtschaft volkreicheren Verbänden zu weichen
beginnen, macht sich ein neuartiger destabilisierender Faktor im Miteinander
der Menschen bemerkbar:
Kleine Gruppen sind
in der Lage, unverzichtbare öffentliche Güter dank ausreichender Beiträge ihrer
Angehörigen bereitzustellen, denn sie sind noch überschaubar genug, um wirksame
soziale Kontrolle auszuüben, Trittbrettfahrer-Effekte zu unterbinden und
Kosten-Nutzen-Relationen zu unterstützen, die den Individuen Anreize bieten,
sich an der Bereitstellung öffentlicher Güter freiwillig und in ausreichendem
Maße zu beteiligen.
Je größer die Gruppen
werden, desto stärker schwindet diese Bereitschaft zum kollektiven Handeln.
Ihre Mitglieder geraten in allerlei Anreizverzerrungen vom Typus des
Gefangenendilemmas und in veritable Minenfelder aus multiplen spieltheoretischen Gleichgewichten. Auf Dauer behaupten sich nur solche
Gruppen, die Strukturen Maximaler Macht (SMP) entwickeln, welche wirksam genug
sind, um allenthalben bindende Regeln durchzusetzen, die kooperatives Verhalten
auch in großen Gruppen gewährleisten: der Staat tritt in Erscheinung.
Siehe auch Wachstumsdrang und Natur des Menschen.
Geschrieben im März 2013
2 Fragen:
ReplyDeletekönnte man so sagen: die Hauptressource der Menschen ist nicht Öl, Gas, Metalle usw. sondern unsere Kreativität?
"Je größer die Gruppen werden, desto stärker schwindet diese Bereitschaft zum kollektiven Handeln." gilt das auch für eine kollektivistisch ausgelegte Gesellschaft?
Zur ersten Frage: ja. Zur zweiten Frage: Je größer die Gruppen, desto größer die Vielfalt der Interessen und Absichten und umso schwieriger wird es, diese Vielfalt so zu koordinieren, das bestimmte kollektive Notwendigkeiten erfüllt werden können. Oder etwas variiert ausgedrückt: es müssen sich in größeren Gemeinschaften Prinzipien und Gewohnheiten entwickeln - evolutiv oder auch unter bewusster Herbeiführung -, die in kleineren Gemeinschaften unbekannt und unnötig sind. Eine Gruppe von 25 Sammlern und Jägern (typische Größe) braucht kein internationales Handelsrecht. In größeren Gemeinschaften müssen nicht nur "alte" kollektive Notwendigkeiten, wie der Schutz der Gruppe, neu und unter veränderten Bedingungen organisiert werden; es entstehen auch neue kollektive Notwendigkeiten, z.B. die Etablierung neuer Formen des Besitztums oder des Regierens.
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