Friday, 15 July 2016

Keynes verstehen (3) — Auf Forschungsreise in der Geisterbahn



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Keynes schreibt ausdrücklich in seiner Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und Geldes, dass er sich in diesem Werk zuvörderst an seine Berufsgenossen wendet, die Ökonomen. Er möchte sie dazu überreden, einige der grundlegenden Annahmen zu überdenken, auf denen der gewaltige Aufbau der klassischen Ökonomie — der Wirtschaftstheorie seiner Zeit —  ruht.

Bei der Darstellung Keynesens neuartiger Theorie sieht man sich freilich vor folgende Schwierigkeit gestellt: Gelingt es einem, die Kernaussagen der Keynesschen Ökonomie knapp und klar zu vermitteln, werden sich viele Leser, besonders die unbefangene, klar denkende Nichtfachfrau, darüber wundern, wie leicht sich die Ergebnisse dem gesunden Menschenverstand erschließen. 

Das soll eine Revolution sein? wird sich vielleicht der eine oder andere fragen. Es ist jedoch nicht unmittelbar ersichtlich, dass Keynes’ sorgfältiges Abprüfen der falschen Grundannahmen der klassischen Ökonomie unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, zu einem neuen, der Realität weitaus besser angepassten Model der Wirtschaft durchzudringen. 

Um diesen nicht gerade vordergründigen Umstand deutlich zu machen, muss man schon ein wenig ausholen und die Leser bitten, sich schrittweise vertraut zu machen mit der atemberaubenden Phantastik der klassischen Ökonomie – zumal deren haarsträubende Annahmen in der neueren, und zeitgenössischen Wirtschaftstheorie — auch unter dem Decknamen des Keynesianismus — fröhliche Urständ feiern und zu den geistigen Ursachen der Fehlentwicklungen zu rechnen sind, die sich in den großen Volkswirtschaften sowie im Globalisierungsprozess abzeichnen.

Also machen Sie sich zunächst einmal auf eine kleine Fahrt durch die bald grell aufblitzende, bald kalt-schummerige Geisterbahn gefasst, die sich, vielleicht nicht ganz erwartet, im Elfenbeinturm der konventionell denkenden Ökonomen verbirgt. 

Keine Sorge, für einen Herzinfarkt wird es nicht reichen, aber seien Sie nicht überrascht, wenn das eine oder andere wirtschafttheoretische Schreckgespenst, das Ihnen unter jähem Geschepper und gruselig-hallendem Gelächter vor den Wagen springt, das Gemüt aufwühlt, und Ihnen bisweilen der Schrecken in die Glieder fährt; bestimmt aber werden Sie am Ende froh sein, dem künstlichen Gelass endlich zu entkommen.

Und denen, mit besonders starken Nerven, sage ich: Bringen Sie ein wenig Geduld mit. Ich werde mein Bestes tun, auch Ihr Interesse wach zu halten. Schließlich sind Keynes’ analytische Befunde nicht ganz so trivial wie ich es vielleicht habe erscheinen lassen in dieser Vorausschau — vor allem werden sie Ihnen zu einem reichen Ertrag verhelfen, sobald Sie, gewappnet mit Ihrem neuen Blick für die Wirtschaft, an die Phänomene herantreten, die Ihnen aus den Schlagzeilen der Presse allzu geläufig sind.

Gestatten? Ich schiebe Ihre Gondel an. Und auf geht’s.



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