Wednesday, 27 July 2016

Eine andere Sicht der Wirtschaft (1)




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„Jede Menge an Nichts“ („Plenty of Nothing“) — so lautet der Titel eines 1998 erschienen Buchs von Thomas Palley. Es enthält eine Ursachenanalyse der Großen Finanzkrise, die mit dem von ihm vorweggenommenen Verzögerungseffekt fast genau 10 Jahre später zum Ausbruch kommt. Wie Palley uns in seinem Buch zeigt, ist die Große Finanzkrise mehr als eine Finanzkrise — sie ist die unvermeidliche Konsequenz der grundsätzlich neuen Richtung, die die US-Wirtschaft seit Ende der 1970er Jahre eingeschlagen hat.

Ich finde, das Buch kann dazu beitragen, Ordnung in unser Denken über die Wirtschaft zu bringen. Es hilft das störende Rauschen abstellen, das uns beim Überfliegen des Wirtschaftsteils daran erinnert, wie viel uns in Wirklichkeit unklar bleibt von den großen Schlagworten und dem Gewirr der Verbindungslinien, die ein Leser zu kennen vorgeben muss, wenn er als gebildet gelten soll.

Für mich hat die Lektüre den ebenso überraschenden wie angenehmen Nachhall, dass man ein Lehrbuch der Wirtschaft gelesen hat — aber ohne es zu merken. Verständlich und mit einem ruhigen Blick fürs Ganze, behandelt Palley viele der zentralen Themen, mit denen uns Theorie und Politik der Wirtschaft dazu zwingen, Stellung zu beziehen oder wegzuschauen und sich ignorant zu fühlen: Konjunkturschwankungen, Deflation, Inflation, Beschäftigungspolitik, Nachfragemanagement, Laissez Faire, Freihandel, das internationale Geldsystem usw.

Palley entschleiert diese schwierigen Themen und stellt ihren Zusammenhang mit der Gesamtheit des herrschenden Wirtschaftsmodells dar. Der Leser macht die Erfahrung, dass er kein Genie sein muss, um den Gralshütern der Wirtschaftsweisheit auf die Finger schauen zu können. Otto Normalverbraucher kann sehr wohl die esoterisch verengte Denkweise der Experten durchschauen; er ist zur nüchternen Durchleuchtung des wirklichen Getriebes der Wirtschaft imstande und kann auf sich selbst gestellt zu einer auf Realitätssinn gegründeten Gesamtschau des Zusammenspiels ihrer Räder und Rädchen gelangen.

Palley ist ein Wirtschaftstheoretiker von hohen Graden, wovon sich jeder überzeugen kann, der sich mit den zahlreichen wissenschaftlichen Ausarbeitungen befasst, die er im Internet bereitstellt. Das hindert ihn aber nicht daran, in diesem Buch allgemeinverständlich zu schreiben. In „Plenty of Nothing“ spricht er viel von der arbeitenden Bevölkerung, und er schreibt für sie — jene überwiegende Mehrheit der Wirtschaftsteilnehmer, die hart arbeiten müssen, um sich ein bescheidenes Auskommen zu verdienen. Er macht ihnen die Wirtschaft zugänglich, nicht zuletzt, indem er ihre Perspektive vertritt. Überzeugt und überzeugend argumentiert Palley, dass die Erfahrungen und Anliegen der „einfachen“ Bevölkerung, dass ihre Sichtweise und ihre Interessen legitim sind und maßgeblich sein sollten für die Art, wie wir die Wirtschaft wahrnehmen und gestalten.

Dem elitären Bild des neuen Wirtschaftsparadigmas (NWP), das die Wirtschaftspolitik seit Ende der 1970er Jahre erobert hat, stellt er ein eigenes, volksnahes und demokratisches gegenüber: den Strukturellen Keynesianismus. Weder verteufelt er den Kapitalismus, noch verherrlicht er ihn. Er tritt für eine Variante freiheitlichen Wirtschaftens ein, die es für nötig hält, an alle zu denken.

Seien Sie gespannt auf mehr.


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