Thursday, 28 July 2016

Eine andere Sicht der Wirtschaft (2) — Tiefenströmung

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Fortgesetzt von hier.



Plenty of Nothing ist kein pessimistisches Buch. Es ist vielmehr schonungslos realistisch. Bevor Palley uns seine Lösungen unterbreitet, deckt er die Schwierigkeiten auf, die sich seit Ende der 70er Jahre in das Grundmodell der US-Wirtschaft eingeschlichen haben. Soll aber die Hoffnung auf dauerhafte Besserung wachbleiben, gilt es zuerst Strömungen und ungute Entwicklungen aufzuspüren, die nicht leicht wahrzunehmen sind. Über Jahrzehnte brütet die Wirtschaft ihre Krankheiten aus, wohlverborgen im scheinbar normalen Auf und Ab der Konjunkturzyklen.

Kurz bevor das Buch erscheint herrscht Hochkonjunktur. Im April 1997 befindet sich die Arbeitslosigkeit mit 4,9% auf dem niedrigsten Stand seit 23 Jahren. Es macht sich überschäumender Optimismus breit. Amerika habe sich neu erfunden, sei dauerhaft gesundet. Noch vor wenigen Monaten hatte man den traumatischen Anstieg wirtschaftlicher Unsicherheit und den Niedergang der Mittelschicht beklagt.

Unbeirrt von derartigen Schwankungen in den Überzeugungen und Befindlichkeiten hat Palley die tieferen Ursachen des seit 25 Jahren andauernden Abwärtstrends im Blick — die stetige Unterhöhlung der Grundlagen des Massenwohlstands.

Unter seiner Lupe erweist sich die Textur des Booms als durchsetzt von Spuren stetigen Niedergangs: abzulesen an Tatsachen wie der, dass die Kaufkraft der im kräftigen Aufschwung dennoch stagnierenden Stundenarbeitslöhne tief unter das Niveau der frühen 1970er Jahre gefallen ist. Die Entspannung am Arbeitsmarkt kann den deutlich rüchläufigen Trend der Lohnentwicklung nicht stoppen: plenty of nothing — viel Aufschwung, der nichts bringt.

Soll sich die Lage ändern, soll der Weg zurückführen zu einer Gesellschaft, in der alle am Wohlstand teilhaben, müssen wir einen neuen Blick auf die Wirtschaft wagen – darum geht es in Palleys Buch. Denn die Umstände, unter denen die Wohlstandsgesellschaft der ersten Nachkriegs-Jahrzehnte gedeihen konnte, haben sich unbemerkt, kontinuierlich und schließlich gründlich geändert.

Natürlich darf es nicht beim Wechsel der horizonterweiternden Perspektive bleiben. Den Einsichten in das veränderte Paradigma der Wirtschaft müssen Taten folgen. Denn die Machtverhältnisse zwischen den großen sozialen Gruppen, auf denen der Wohlstand beruhte, haben sich verschoben. Neue politische Maßnahmen sind gefragt, damit sich die Verzerrungen wieder ins Lot bringen lassen. Kurzum: Erkenntnis ins Grundsätzliche und ins Neue, hier, und politische Realität und Machtstruktur, dort, müssen zusammengeführt werden, um jene Balance wiederzugewinnen, die dem Wohlstand für alle zugrunde lag.

Diese Gleichgewichtsformel umreißt den Ansatz, den Palley in seinem Buch unter der Bezeichnung des strukturellen Keynesianismus verfolgt. Dabei geht es ihm darum, eine nach keynesianischen Prinzipien gestaltete Wirtschaft mit den institutionellen Strukturen abzustimmen, welche auch weiterhin eine Politik der gesellschaftlichen Ausgewogenheit ermöglichen.

Machen wir uns deshalb mit der Bedeutung des Terminus struktureller Keynesianismus etwas näher vertraut:

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