Friday 23 March 2018

The Left in Bed with Neoliberalism

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Steven Keen erklärt im englischen Video unten, warum die Linke sich mit ihrem früheren Feind, dem Neoliberalismus, inzwischen längst verbrüdert hat.




Doch was ist überhaupt das Problem mit dem Neoliberalismus?

Es handelt sich, um ein Bild der Wirtschaft, das auf gefährliche Weise irreführend ist, weil es sich auf mindestens zwei fatale Fehlannahmen stützt: (1) Die Wirtschaft tendiert von sich aus zu einem (materiell und sozial optimalen) Gleichgewichtszustand. (2) Banken, Geld, Verbindlichkeiten/Schulden finden keine Berücksichtigung im neoliberalen Bild der Wirtschaft, womit wichtige Triebkräfte wirtschaftlicher Ungleichgewichtslagen übersehen werden.

In den Händen der Linken ist der Neoliberalismus, nach Keens Formulierung, so etwas wie die politische Version eines Wirtschaftslehrbuchs für Studenten des ersten Semesters. Nachdem Marxens Wirtschaftslehre vom notwendigen Zusammenbruchs des Kapitalismus selbst Schiffbruch erlitten hatte, während der Kapitalismus als strahlender Sieger des Systemvergleichs hervorgegangen war, griffen die radikaleren Segmente der Linken nach der neoliberalen Wirtschaftsfibel wie der Ertrinkende nach dem sprichwörtlichen Strohhalm. Dann war da noch die zentristische, immer schon wirtschaftsrealistisch einlenkende Linke, die der Sieg des Kapitalismus nur darin bestärkte, nach Wegen des pragmatischen sich Arrangierens mit dem überlegenen Wirtschaftsmodell zu suchen. Und so fanden sich die moderaten Linken ebenso wie die radikalen Flügel der Bewegung plötzlich im Besitz einer gemeinsamen prokapitalistischen Wirtschaftsauffassung.

Anders gesagt, es entwickelte sich das Bestreben, das, was man  inzwischen für unabweisbaren wirtschaftlichen Realismus ansah, zu verbinden mit einer „progressiven“ Agenda sozial- und gesellschaftspolitischer Forderungen. Unter dem Banner der “Linken“ werden auf einmal Identitätspolitik und Visionen der sozialen Umverteilung  zusammengeworfen mit einem Bekenntnis zur freien Wirtschaft. Die Persönlichkeitsveränderung der „Linken“ ist damit schon kräftig in Gang gekommen. Die von der „Linken“ unterstützte Privatisierung- und Deregulierungsbewegung insbesondere des Finanzsektors führte unter anderem dazu, dass sich das Niveau der Verschuldung privater Haushalte in Großbritannien innerhalb von dreißig Jahren mehr als verdreifachte.

Aber warum hat sich der Keynesianismus nicht durchsetzen können, jene während der Weltwirtschaftskrise zu Geltung gelangende Wirtschaftstheorie, die dem ursprünglichen Selbstverständnis der Linken als politische Kraft, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung wahrnimmt und einen Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit anstrebt?

Nun, Keynes Theorie fiel fast vom Augenblick ihrer Geburt einer verzerrten Darstellung zum Opfer. Wie beim Spiel „stille Post“ wurde die Originaldarstellung des Keynesianismus schon bei der ersten Etappe ihrer Verbreitung durch den äußerst einflussreichen Ökonomen John Hicks völlig entstellt. Als die Widersprüche des verfälschten Keynesianismus schließlich in den 1970er Jahren in Form hoher Inflationsraten vollends aufbrachen, hatte der Monetarismus des Milton Friedman leichtes Spiel, sich zur dominanten Wirtschaftstheorie des Westens aufzuwerfen. Ruckzuck saß die klassische Ökonomik (heute als Neoliberaslims) wieder im Sattel.

In den folgenden vierzig Jahren „ernährte“ sich das wirtschaftspolitische Denken der Politiker von der neoliberalen Wirtschaftsfibel für Erstsemestler, während die berufsmäßigen Ökonomen die Elementarlehre auf Hochglanz polierten und erst recht ideologisch-puristisch aufluden. So kam eine Version zustande, die radikalkapitalistischer war als jene, gegen die sich noch Keynes selbst gewandt hatte. 

(Keynes war ein Freund des Kapitalismus und glaubte ihm zu dienen, indem er ihn einer schonungslosen Kritik unterzog, um aufgrund dessen, den Fehlern der freien Wirtschaft desto besser vorbeugen und sie korrigieren zu können. Das ist, was ich an Keynes besonders bewundere: seine konstruktive und pragmatische Haltung, seine Fähigkeit, Maß und Gleichgewicht zwischen Idealisierung und Verteufelung zu halten!)

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