Image credit. Continued from [The State] - [1b - Persistence Theorems] - Violence, Trust, and Maximal Structures of Power |
In the above first instalment, I have offered a theory of why the state has been a constant of human civilisations to this day. Below, I offer a sketch of the historical emergence of the state.
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3. Über den Ursprung
des Staats
Nachdem der Mensch unterscheidbar geworden ist von anderen
Tieren, vergehen mehr als eine Million Jahre, in denen er seine Existenz als
Jäger und Sammler bestreitet. Sein Dasein spielt sich in kleinen Verbänden ab,
die in Höhlen hausen oder gar im Offenen leben. Er ist ausschließlich auf das
naturgegebene Nahrungsangebot angewiesen. Die Horde zieht weiter, wenn sich das
örtliche Nahrungsangebot an Tieren und Pflanzen erschöpft hat. [1]
Erst vor ungefähr 10 000 Jahren beginnt sich die sesshafte
Landwirtschaft auszubreiten. Also erst ganz zum Schluss der bisherigen
Menschheitsgeschichte, in einem Zeitraum der weniger als 1% der etwa 1,6
Millionen Jahre ausmacht, seit denen Menschen den Planeten bewohnen.[2] Der
Prozess der Agrarisierung nimmt selbst tausende von Jahren in Anspruch. Für
Europa ist eine Ausbreitungsgeschwindigkeit von 1 Kilometer pro Jahr geschätzt
worden.[3]
Indem die Menschheit dazu übergeht, Viehwirtschaft zu
betreiben, Tiere und Pflanzen zu züchten und Land urbar zu machen, um ihre
Ressourcenbasis und insbesondere das Nahrungsangebot über das Naturgegebene
auszuweiten, setzt sie eine Revolution in Gang, die die materielle Grundlage
für eine beschleunigte wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung schafft. In
den letzten zehn Minuten der 23 Stunden und 50 Minuten der
Menschheitsgeschichte ereignen sich weitaus mehr Neuerungen als davor.
Die Einführung der sesshaften Landwirtschaft, auch als
neolithische Revolution bezeichnet, ermöglicht einen enormen Produktivitätszuwachs,
der die wirtschaftliche Voraussetzung für eine zunehmend arbeitsteilige
Lebensweise ist. Die höheren landwirtschaftlichen Erträge gestatten es, den
Lebensunterhalt von Spezialisten zu sichern, die sich nicht mehr an der
Beschaffung von Nahrungsmitteln beteiligen müssen. Es entstehen neue
Handlungsfelder, die das gesellschaftliche Miteinander verändern; so etwa
staatliche und tauschwirtschaftliche Strukturen, darunter auch der Handel mit
Fremden. Eine Gesellschaft, in der sich Arbeitsteilung fortlaufend entfalten
kann, lernt mehr und schneller als ein Verband von Jägern und Sammlern, dessen
Lebenszyklen sich in einem stabilen ökologischen Rahmen mit auskömmlichem
Nahrungsangebot wiederholen und dabei nur wenig verändern. Erste Anzeichen eines
Wandels der ökologischen Ordnung, die die Epoche der Jäger und Sammler prägt,
beobachtet man anhand (a) des Aussterbens von 200 Großtiergattungen (wie dem
Mammut, dem Mastodon oder dem Riesenfaultier - möglicherweise z. T. die Folge
von Überjagung durch den Menschen - im späten Pleistozän, das dem Holozän, der
Jetztzeit unmittelbar vorausgeht, sowie
anhand von (b) Veränderungen in der Ernährungsweise: Großtiere spielen darin
nun eine weniger wichtige Rolle, wohingegen kleinere Tiere, Federvieh, Schalentiere,
Schnecken, aber auch Nüsse und Beeren an Bedeutung gewinnen.[4]
Solange das Nahrungsangebot insgesamt noch sehr reichhaltig
und durch fortwährenden Ortswechsel auf einem ausreichend hohen Niveau zu
halten ist, besteht kein Anlass Sozialtechniken zu entwickeln, kostspielig
durchzusetzen, aufrechtzuerhalten und auszubauen, die wirkungsvollen Schutz vor
Raubbau an der Ressourcenbasis gewährleisten und gleichzeitig
Kultivierungsverhalten honorieren, das geeignet ist, das Arsenal an Rohstoffen
auszuweiten und qualitativ zu verbessern. Doch dies ändert sich als der
Wettbewerb um lebenswichtige Ressourcen zunimmt. Über einen Zeitraum von mehr
als einer Million Jahren, in der sich die Menschen als Jäger-und-Sammler
betätigen, liegt die Fruchtbarkeitsrate zwar nur geringfügig über der
Sterblichkeitsrate, aber die Weltbevölkerung nimmt stark genug zu, um wichtige
neue Entwicklungen anzustoßen.
Wachstum und zunehmende Dichte der Bevölkerung geben Anlass
zu vermehrten Kollisionen zwischen Gruppen. Es ergibt sich eine
Wettbewerbsanspannung zwischen den umherstreifenden sozialen Verbänden,
insbesondere unter Bedingungen abnehmender Erträge aus der bisher
hauptsächlichen Form der Existenzsicherung, dem Jagen und Sammeln. Eine
alternative Wirtschaftsform beginnt sich anzubieten: die stationäre
landwirtschaftliche Produktion, die sich bei geeigneten institutionellen
Rahmenbedingungen durch konstante und sogar steigende Erträge auszeichnet.
Die Ressourcenverknappung in Folge von Bevölkerungswachstum,
Überjagung und Übernutzung begünstigt Gruppen, denen es gelingt, in einer Welt
zunächst unbeschränkter Verfügungsrechte ihren Interessen Geltung zu
verschaffen, indem sie Fremdgruppen von der Nutzung bestimmter Bereiche
ausschließen. Es entsteht ausschließendes
Gemeineigentum, das sich durch Bereiche auszeichnet, von deren Nutzung alle
ausgeschlossen sind, außer den Angehörigen der ausschließenden Gruppe. Die
neuen Eigentumsrechte erlauben eine genauere Zuordnung von Kosten und Nutzen,
womit es gelingt, der Ressourcenauszehrung, die bei unbeschränktem Zugang
auftritt, Einhalt zu gebieten, die Erhaltung und Pflege lebenswichtiger
Ressourcen deutlich zu verbessern und ihre produktivitätshebende Kultivierung
oder Domestizierung zu ermöglichen.
Freilich machen Schutz und Verfeinerung der neuen
Wirtschaftsweise soziale Abgrenzungstechnologien erforderlich, insbesondere in
Gestalt wirksamer Eigentumsansprüche. Eigentumsrechte setzen natürlich die
Fähigkeit voraus, andere Parteien von der Ausübung exklusiver Eigenansprüche
auszuschließen. Es entwickeln sich Institutionen, mit deren Hilfe es möglich
ist, Eigentumsrechte zu spezifizieren, zu ordnen, intern durchzusetzen. Im
Vorteil sind Institutionen, die überdies wehrhaft und schlagfertig genug sind,
um unwillkommene Fremdansprüche abzuwehren oder den Geltungsbereich der eigenen
Ansprüche auszudehnen. Der entstehende Selektionswettbewerb um Strukturen Maximaler Macht bringt
letztlich den Staat als Machtmonopolisten und überlegenen Gewaltspezialisten
hervor.
Die ersten Staaten –
habitative Umgrenzung
Während der ersten zwei Millionen Jahre der Existenz unserer
Gattung leben die Menschen ausschließlich in autarken Stammesgemeinschaften
oder dorfähnlichen Siedlungen. Erst seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. beginnen
sich größere politische Einheiten zu formieren.
Der US-amerikanische Anthropologe Robert L. Carneiro (geb.
1927) datiert die Entstehung der ersten Staaten auf etwa 4 000 v. Chr.
Den entscheidenden Grundtatbestand seines Modells der
Staatsbildung bezeichnet Carneiro als habitative
Umgrenzung (environmental circumscription): die völlige Eingeschlossenheit
menschlicher Gemeinschaften innerhalb geo-ökologischer Überlebenszonen, die
nach allen vier Himmelsrichtungen hermetisch abgeriegelt sind durch
unüberwindliche geografische Barrieren in Form von Meeren, Gebirgen und Wüsten.
Alle Regionen der Welt, in denen die ersten Staaten
anzutreffen sind, weisen nach Carneiro die Charakteristika habitativer Umgrenzung auf: die Zivilisationsregionen um Nil,
Euphrat und Tigris und Indus, sowie die betreffenden Tal- und Küstengegenden
von Mexiko und Peru.
So gehören zu den weltweit am schärfsten abgegrenzten
Habitaten etwa die küstennahen Talregionen Perus, die eingeschlossen sind
zwischen Hochgebirge, Meer und den trockensten Wüsten der Welt.
Wie bereits erwähnt ist in Gemeinschaften des Neolithikum
nicht selten ein bescheidenes Bevölkerungswachstum zu beobachten, was immer
wieder zu Aussiedlungswellen Anlass gibt. So auch in Peru: Neue Gemeinschaften
entstehen in jenen Teilen der scharf umschriebenen Überlebenszone, die noch
unbesiedelt sind. Erst als der besiedelbare und landwirtschaftlich verwertbare
Raum erschöpft ist, kommt es zu produktivitätssteigernden agrotechnischen
Anpassungsneuerungen. Die Bewirtschaftung wird intensiviert, man versucht,
neues Land zu bebauen bzw. bestehendes Terrain durch Terrassierung und
neuartige Bewässerungssysteme effektiver zu nutzen.
Im Kampf um Land häufen sich die kriegerischen
Auseinandersetzungen und nehmen an Intensität zu.
Die besiegten Gruppen haben keine Ausweichmöglichkeiten. Sie
müssen den Preis der Unterwerfung unter ihre neuen Herren zahlen, sofern sie
nicht getötet oder in die unwirtlichen Randregionen abgedrängt werden, um dort
vermutlich größtenteils zugrunde zu gehen oder elende Randexistenzen zu
fristen.
Um aus ihnen Nutzen zu ziehen, müssen die eroberten
Territorien und Gruppen integriert und verwaltet werden. Diejenigen, die sich
bei der militärischen Eroberung hervortun, übernehmen führende Rollen bei der
Integration und Verwaltung der neuen Gebiete und Bevölkerungsteile. Es erfolgt
eine soziale Stratifikation zwischen einer herrschenden Oberschicht und einer
Unterschicht bestehend aus den Unterworfenen, die als Diener, Knechte und
Sklaven beschäftigt werden.
Es ist oft beobachtet worden, dass kleinere
politisch-landwirtschaftliche Einheiten (vereinzelte Stämme) unter Bedingungen
der Autonomie und günstiger Anbaubedingungen einen geringeren
landwirtschaftlichen Ertrag erwirtschaften als ihnen möglich wäre. Im Zustand
der Unterwerfung werden diese Produktivitätsreserven angezapft, um
Naturalsteuern zu erheben, die es gestatten, den Herrschaftsapparat zu stützen,
Straßen, Festungen, Paläste und Tempel zu bauen, sowie Herrschern, Kriegern, Beamten, Priestern
und anderen Mitgliedern der Oberschicht einen Lebensunterhalt zu sichern, der
es gestattet Funktionen auszuüben, die nicht Erfordernissen der unmittelbaren
Existenzsicherung dienen.
Die die Bildung von Staaten begünstigenden Auswirkungen
eines habitativen Einschlusses können auch dort wirksam sein, wo es noch
weitläufige Rückzugsgebiete gibt, wie etwa lange Zeit im Großraum des Amazonas.
Doch dort zeigt sich, dass auch ohne Einschluss durch schwer überwindliche
geografische Hindernisse, habitativ überlegene Zonen – klimatisch-geologisch bevorzugte
„Fruchtbarkeitsinseln“ – eine vergleichbare Abhängigkeit von bestimmten lokalen
Bereichen verursachen können. Bei entsprechendem Bevölkerungsdruck kann auch in
diesen ökologischen Nischen der bewirtschaftbare Raum knapp und Anlass zu
kriegerischen Konflikten geben, die das Entstehen sozialer Beziehungen
begünstigen, die über die Dorfgemeinschaft hinausgehen und die Entwicklung
sozial stratifizierter Staatsgebilde nach sich ziehen.
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