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Freiheit kann nie vollkommner sein als die politischen und
staatlichen Strukturen, die ihr ihren Rahmen geben und ihre Ausübung gestatten.
Liberty can never be more perfect than the political and the state structures that provide her framework and allow her to to be exercised.
From the below excerpt of my manuscript "Freiheit verstehen", Kapitel 4 "Politik und Staat".
The below sketch of the evolution of different forms of the state is a history of emergent liberty. We find evidence that the modern state is more effective when it concedes freedom in judicious measure both in international affairs and domestically. At the same time, to be such an effective instrument, the state needs to be a sovereign force. A state capable of organising greater freedom must be a powerful sovereign and at the same time sensibly restrained to be most usefully powerful. A weak state cannot sustain liberty.
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Nationalstaat, Hanse
und Stadtstaat
In der ausgedehnten Phase des Übergangs vom Feudalismus zur
Neuzeit entwickeln sich drei Strukturvarianten Maximaler Macht: Städtebünde wie
die Hansa, Stadtstaaten wie vor allem in Italien und der souveräne,
zentralistische Nationalstaat.
Diese drei Staatsformen stehen in einem evolutionären
Wettbewerb zueinander, und nur eine wird sich auf Dauer durchsetzen. Wir
behandeln im Folgenden diese selektive Entwicklung, einerseits, um hinter
unseren drei Thesen von der Persistenz
des Staats einen anschaulichen Hintergrund aufzuspannen.[1]
Andererseits aber auch, um übertriebene Ansichten hinsichtlich des Charakters
des Staats zu dämpfen. So wollen wir anhand der nachfolgenden historischen
Beispiele verdeutlichen, dass Staaten entstehen und vergehen in einem Korridor
evolutionärerer Möglichkeiten, die sowohl den zuträglichen Leistungen
staatlicher Strukturen als auch ihrer Dysfunktionalität und Destruktivität
Grenzen setzt.
In ihrer experimentell verlaufenden Entwicklung sind die
verschiedenen Staatsformen einem evolutiven Wettbewerb ausgesetzt. Soll ein
Staatsmodel in diesem Wettbewerb bestehen, so kann es nicht beliebig destruktiv
und dysfunktional sein. Es liegt im Eigeninteresse des Staats, das Leistungsvermögen
des Gemeinwesens zu verbessern. Schon aus diesem Grund widerspricht es
schlechterdings den Tatschen, den Staat grundsätzlich als unzweckmäßig, defekt,
zerstörerisch und moralisch verwerflich zu portraitieren. Der Staat ist ein mit
Stärken und Schwächen behaftetes Evolutionsprodukt, dem wir uns nicht entziehen
können. Mit ihm zusammen entwickeln sich die Bedingungen der Freiheit – eben
nicht mit einem Mal, sondern schrittweise, in Fragmenten, zyklisch, reversibel,
mit unterschiedlicher, pulsierender Intensität, ambivalent und zwiespältig, oft
bei gleichzeitiger Begünstigung freiheitsförderlicher und freiheitswidriger
Umstände und Geschehnisse. Es kann Aspekte des Staats und historische Staatsregimes
geben, die inakzeptabel sind; aber derlei darf nicht den Umstand vergessen
machen, dass uns staatliche Strukturen immer begleiten, die selbst dann noch
ihren Sinn und guten Zweck haben oder der heilenden Gestaltung durch uns
bedürfen und zugänglich sind. Die Pointe der Freiheit besteht darin, die
zivilisatorische Konstante Staat daran zu hindern, Tyrannis und Willkür zu
üben, d.h. Menschen gegen ihren Willen zum Mittel des Zwecks anderer zu machen.
[Nachtrag, anderthalb Jahre später: Hier betone ich noch den
einseitigen Standpunkt, dass dem Staat Beschränkungen auferlegt werden müssen,
um ihn an der quasi natürlichen Tendenz zum Missbrauch seiner Macht zu hindern,
statt in diesen Beschränkungen eine Ingenieurleistungen zu sehen, die das
natürliche Potenzial des Staat fördern, als wohltätige Institution wirksam zu
werden. 18.01.2016]
Freiheit kann nie vollkommner sein als die politischen und
staatlichen Strukturen, die ihr ihren Rahmen geben und ihre Ausübung gestatten.
Städtebünde
Als sich Europa langsam von den chaotischen Nachwirkungen
des Zusammenbruchs des Karolingischen Reichs zu erholen beginnt, kommt es
allenthalben zu einer Wiederbelebung urbaner Zentren. Die Städte gestalten sich
zunehmend zu Inseln einer eigenständigen, kommerziell orientierten Rechtskultur
in einem eher wirtschaftsaversen feudalistischen Ozean. In der urbanen Welt
brechen sich neue Vorstellungen Bahn: Bürgerfreiheit, Gleichheit vor dem Recht,
das Recht der Gesetzgebung, neuartige Regelungen im Umgang mit Eigentum und Kapital.
In Frankreich finden die Städte im König einen Partner, mit
dessen Hilfe sie sich gegen Feudalfürsten, Klerus und Kaisertum abgrenzen und
durchsetzen. Den deutschen Städten bleibt diese Möglichkeit versagt. Die
deutschen Könige/Kaiser verfolgen ihre Interessen schwerpunktmäßig in Italien
und überlassen die deutschen Städte den Machtambitionen lokaler Feudalherren.
Im Gegenzug suchen die Städte durch den Zusammenschluss in Bünden an
politischem Gewicht und militärischer Stärke zu gewinnen.
Bei allem Erfolg erweist sich jedoch gerade der
Bündnischarakter, die konfederierte Struktur dieser Allianzen als von
unzureichender Durchschlagskraft. Ohne eine ausreichend straffe Hierarchie
mangelt es auch der mächtigsten Allianz, der Hanse, an Schlagkraft und Konsequenz
im Vollzug ihrer Gesetze und Beschlüsse. Unter den Angehörigen der Hanse finden
sich immer auch solche, die ausscheren hinsichtlich der von ihnen erwarteten
militärischen, steuerlichen oder anderen vertragsrechtliche Verpflichtungen
auch gegenüber gemeinsamen Handelspartnern. Unerlässliche Staatsfunktionen
bleiben unentwickelt: die Vereinheitlichung von Maßnormen, die Durchsetzung
eines einheitlichen Rechts, einer gemeinsamen Währung und eines System
regelmäßiger und verlässlicher Steuererhebung. Der französische König wird zur
Integrationsfigur nationaler Interessen, zum Schlichter und Moderattor sozialer
Konflikte, sein Amt wandelt sich zu einer öffentlichen Funktion: der König
agiert als persona publica, als
Sachwalter der res publica. Er folgt
nicht mehr alleine seiner privata
voluntas. Er bekleidet ein öffentliches Amt, das es ihm ermöglicht,
öffentliche Güter zu befördern und bereitzustellen, gegebenenfalls unter
Aufbietung unüberwindlicher Macht und echter Zustimmung in breiten Kreisen. Die
Hanse ist vergleichsweise vielstimmig, von einer Vielfalt gegensätzlicher
Meinungen und Interessen gekennzeichnet. Macht und politischer Wille sind
polyzentrisch, nicht immer zwingend durchsetzbar, oft unfähig, mit einer Stimme zu sprechen, einen Willen, eine Strategie im Inneren wie im Aussenverhältnis zu verkörpern.
Sie ist zum Scheitern verurteilt.
Stadtstaaten
In Italien spielen urbane Zentren selbst nach dem Niedergang
der karolingischen Zentralmacht weiterhin eine verhältnismäßig wichtige Rolle.
Lokale Machthaber, besonders Bischöfe, machen sich in diesen Städten Regalien
zueigen: Hoheits- und Sonderrechte eines Königs oder sonstigen Souveräns. Doch
Mitte des 11. Jahrhunderts lehnen sich die Städte gegen deren Herrschaft auf
und entledigen sich kirchlicher und fürstlicher Kontrolle, um an alte römische
Regierungsformen anzuknüpfen.
Im Übrigen ist der Landadel Italiens schon sehr früh
stadtansässig, um auch kommerziellen Unternehmungen nachzugehen und sich an
Koalitionen mit dem Bürgertum zu beteiligen. Sie unterstützen und schützen mit
ihrer traditionellen militärischen Stärke den Fernhandel, der in keinem
Konflikt steht mit ihren wirtschaftlichen Interessen im Bereich des lokalen
Handels und der lokalen Produktion.
Freilich verkörpern die italienischen Stadtstaaten eine
Staats- und Regierungsverfassung, die zu allererst im Dienste einiger mächtiger
Familien und besonderer Interessensgruppen steht. Diese betrachten den
Stadtstaat als ein Instrument zur Befriedigung ihrer Interessen. Diese
Gruppierungen stehen zueinander in einem Verhältnis fortwährender Rivalität.
Die Erlangung der Macht, ihre Ausübung und Erhaltung sind stark geprägt von
Partikularinteressen, die sowohl Bündnissen mit anderen Staaten und Städten als
auch der Ausprägung eines mächtigen und effektiven Zentralstaats im Wege
stehen. In Ermangelung einer souveränen Vollzugsmacht, die stabil installiert
ist und Kontinuität gewährleistet, lässt auch der Ausbau sinnvoll
vereinheitlichter Strukturen (Maße und Normen, Währung, Rechtsordnung) zu wünschen
übrig.
Bedrängt durch den türkischen Machtaufschwung und die
Konkurrenz durch Portugal und Spanien suchen die Stadtstaaten ihr Glück in der
territorialen Expansion in Italien. Aber diese Ausdehnung ihres
Einflussbereichs bleibt problematisch: die Integration der neuen Regionen will
nicht glücken, zum einen, weil eine starke Neigung besteht, die neuen
Herrschaftsgebiete auszubeuten, zum anderen, weil die unterworfenen Regionen
nach Kräften um Unabhängigkeit von ihren neuen Herren bemüht sind. So bleibt es
schließlich nicht aus, dass langfristig nur jene Stadtstaaten überleben, die
sich in kleine, souveräne Staaten verwandeln.
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