Wednesday 15 February 2017

Wissen (15 d)



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Mehr zum Thema "sedimtiertes Wissen" — wobei weiterhin die kritischen Anmerkungen in Wissen (15 a) und Wissen (15 c) zu beachten sind:


Sedimentiertes Wissen nimmt Erfahrungen auf, die außerhalb der Reichweite des Denkens liegen, mit dem wir Dinge bewusst nachvollziehen. Es verhilft uns somit oft zu Erfolgen, die nur schwer zu erklären sind. Daher wird sedimentiertes Wissen (in Form strikt einzuhaltender Regeln und Prinzipien z.B.) gerne angefochten, bekämpft und unterdrückt. Sehr zu unserem Schaden, wie die Katastrophen des Sozialismus lehren, der eine einzige Rebellion gegen das sedimentierte Wissen der Freiheit und somit gegen den Schutz des Individuums, des privaten Eigentums, und des freiwilligen Wirtschaftens ist. 

Epistemologisch ist der naive Rationalismus der Hauptfeind des sedimentierten Wissens, da er Geltung nur dem zugesteht, was unmittelbar einsichtig erscheint. Demgegenüber setzt sich sedimentiertes Wissen mit langem Atem durch; oft hinter dem Rücken der Menschen. Etwa indem rationalistische Praktiken - wie sie z.B. der gesteuerten und geplanten Gesellschaft des Sozialismus zugrunde liegen - sich nach und nach als untauglich erweisen, bis sie Platz machen für gewachsene Formen des Miteinanders, wie sie verkörpert sind in den Regeln, die den geschützten Bereich des Individuums durch Rechtssicherheit im Allgemeinen und Eigentums- und Vertragssicherheit im Besonderen wirkungsvoll verteidigen. 

Sedimentiertes Wissen hat den Vorteil, dass es uns in den Genuss dessen kommen lässt, was sich langfristig bewährt, auch wenn wir diesen Vorzug erst im Nachhinein zu erkennen vermögen.



Preise, die in einem freien Markt entstehen, liefern ein weiteres Beispiel für sedimentiertes Wissen. Freilich bildet sich diese Form von sedimentiertem Wissen in einem lebhaften Markt blitzschnell und erneuert sich entsprechend oft. In den Informationen, die uns Preise liefern, setzen sich, zu unserem Nutzen verwertbar, die Erfahrungen größtenteils fremder Menschen ab, die durchaus nicht beabsichtigen und sich nicht bewusst sind, uns diese Informationen zu überlassen. 

Zwar mag ein Geschäftsmann den Preis seines Produkts senken, um ein Kundensegment direkt anzusprechen („Qualitätskäse gibt es auf diesem Markt nirgends günstiger als bei mir!“). Insofern jedoch als Preise Koordination und Kooperation aller Wirtschaftssubjekte betreffen, fungiert das Medium der Preisbildung nicht als bewusste und gezielte Form der Kommunikation. Und doch erlangen wir aufgrund der Signalwirkung von Preisen sehr genaue und wertvolle Auskünfte. 

Die Informationen, die in Preisen verpackt sind, veranlassen eine unbekannte Anzahl von Menschen just auf den Teil eines Komplexes ihnen im Einzelnen unbekannter Umstände adäquat zu reagieren, der für sie von Belang ist. Millionen von Menschen werden vom aktuellen Preis einer Ware, sagen wir Stahl, in ihren Entscheidungen hilfreich unterstützt. Für die meisten reicht es, auf den Preis zu achten, um sich gemäß ihrer persönlichen Bedingungen an Umstände, die sie in ihrer Gesamtheit nicht einmal annähernd kennen, noch kennen müssen, best möglichst anzupassen, d.h. sie sind der Notwendigkeit enthoben, sich kundig zu machen über die komplexen Einflüsse, die sich auf die Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Stahl auswirken. 

Das Resultat der Anpassung mag darin bestehen, dass das Vorhaben, eine Stahlfabrik zu bauen, zurückgestellt oder aufgegeben wird. Für andere mag es bedeuten, dass sie einen Haushaltsgegenstand erwerben, von dem sie nicht einmal ahnen, dass er Stahl enthält. Wegen des niedrigeren Stahlpreises ist das erworbene Haushaltsutensil günstiger als das vergleichbare Produkt  anderer Hersteller, die statt Stahl einen Werkstoff verwenden, der derzeit deutlich teuerer als Stahl ist. Wegen der günstigen Anschaffung stehen den Käufern mehr Mittel für die Befriedigung weiterer Bedürfnisse zur Verfügung. Sie wissen nicht einmal, dass eine Veränderung des Stahlpreises ihnen dazu verholfen hat. 

So helfen uns Preise unentwegt bei der Verfolgung unserer Ziele. Sedimentiertes Wissen, das sich in Preisen niederschlägt, hilft dem Individuum, sich an das ihm Unbekannte anzupassen, gerade so als wisse der einzelne Mensch mehr als er tatsächlich wissen kann. Das in den Preisen angelagerte Wissen erlaubt es den Menschen, sich Umständen erfolgreich anzupassen, die in ihrer komplex verknüpften Gesamtheit grundsätzlich (a) niemand vorhersehen kann und (b) die sich auch rückblickend niemandem erschließen können. Eine wesentliche Ergänzung unseres expliziten Wissens. 


Fortgesetzt hier.

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