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Dieser Beitrag aus dem Juno 2013 bezieht sich auf einen Vortrag, dem ich im Sommer des gleichen Jahres in Göttingen anlässlich des Jahrestreffens der Hayek-Gesellschaft beigewohnt hatte.
Die Rednerin schien mir doch tatsächlich den elementaren Fehler begangen zu haben, Gleichheit vor dem Recht mit Gleichmacherei durch das Recht zu verwechseln, ein trivialer Fehler — dies denn auch der zentrale Kritikpunkt des unten wiedergegebenen Posts.
Ein anderer Gesichtspunkt der Gleichheit des Rechts sollte sich für mich in den kommenden Monaten und Jahren als viel gewichtiger herausstellen: die Gleichanwendung rechtlicher Prinzipien auf alle Rechtssubjekte heißt eben nicht, dass alle gleich behandelt werden. Die Anwendung der Gleichheit des Rechts bedeutet im konkreten Rechtsvollzug, dass unentwegt die Interessen bestimmter Menschen bevorzugt und die anderer benachteiligt werden.
Unter Anwendung der formalen und substantiven Prinzipien der Rechtsgleichheit, nimmt das Recht Partei im Rechtsstreit für die eine Person und gegen ihren Gegner. Die Entscheidung mag als zweifelhaft gelten. Tatsache aber ist, dass Rechtsstaatlichkeit und die Anwendung des Prinzips der Gleichheit vor dem Recht, nicht zu verstehen ist als ein Allheilmittel, mit dem die Dilemmas und Dramen des Kontroversen und der Unentscheidbarkeit aus dem Reich des menschlichen Miteinanders verschwinden.
Der Libertäre/Liberale täuscht sich, indem er unterstellt, die Anwendung der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, und insbesondere dem der Gleicheit vor dem Recht, würde uns in eine Welt geleiten, in der alle wesentlichen Konflikte, Meinungs- und Interessensunterschiede überwunden sind, zumindest vom Standtpunkt ihrer moralischen Bewertung. Ein schwerer Irrtum. Es handelt sich hierbei gewissermaßen um die rechtstheoretische Entsprechung des Irrtums, wonach Konflikte in einer Pareto-optimalen Welt (moralisch und technisch) überwunden sind.
Gleichheit vor dem RechtIch hatte kürzlich das Vergnügen, einem Vortrag beizuwohnen, der mir gerade deshalb als wertvoll erschien, weil er auf einer falschen Grundthese beruhte und somit Anlass gab, sich einer Idee zu vergewissern, die vielen im Publikum geläufig zu sein schien, nur um festzustellen, dass diese Idee von vielen doch nicht ausreichend verstanden wurde.
Die These lautete, dass die Formel von der Gleichheit vor dem Gesetz ersetzt werden sollte durch eine weniger missverständliche. Der Irrtum dieser These besteht aber gerade darin zu unterstellen, dass die in dieser Formulierung angesprochene Gleichheit, eine wie immer geartete (gleichmacherische) Gleichheit von Menschen bezeichne.
Tatsächlich handelt es sich aber bei dem Ausdruck Gleichheit vor dem Gesetz um die idiomatische Komprimierung eines Postulats, um ein Kürzel also, das voll ausformuliert lautet: es mögen gleiche Regeln für alle Menschen gelten. Oder pointierter: Es mögen gleiche Regeln gelten für alle Menschen in/trotz/wegen/zur besseren Berücksichtigung ihrer Unterschiedlichkeit, ihrer (qua Individuum konstitutiven und unaufhebbaren) Ungleichheit.
Dieses Postulat unterstellt keineswegs Gleichheit als Attribut von Menschen , und zwar weder als bestehendes noch als wünschenswertes Merkmal.
Wenn jemand den Ausdruck “Baden-Baden” als eine Aufforderung zum Schwimmen versteht, so verrät dies eine Bildungslücke, keineswegs aber eine ernste Unzulänglichkeit der missverstandenen Bezeichnung. Die Lösung besteht darin, den Unkundigen aufzuklären, nicht aber in der Einführung eines neuen Terminus.
Das Gleiche scheint mir hinsichtlich der oben angesprochenen These zur Gleichheit vor dem Gesetz zu zutreffen. Wer den Terminus nicht in seiner wahren Bedeutung kennt, sollte über sie aufgeklärt werden.Die Einführung eines neuen Begriffs wäre unzweckmäßig, sogar nachteilig – zumal der sperrige, alles andere als selbst erklärende Begriff der “Unbeträchtlichkeit der Person vor dem Gesetz” – dies der Vorschlag eines neuen Ausdrucks – einen noch größeren Erklärungsaufwand mit sich bringt als der immerhin schon bei vielen bekannte ältere Begriff.Geschrieben im Juno 2013.
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