Friday 13 January 2017

Die Zentralbank (6) ... im Spiegel ihrer Bilanz — Geldbasis und Bilanzveränderung



Bilanzgleichgewicht, Bilanzverkürzung und Bilanzverlängerung

Was weder Sie noch ich können, dazu ist die Zentralbank sehr wohl in der Lage: sie kann ihre Bilanz ad libitum verkürzen oder verlängern. Das heißt, sie kann so viele Dinge kaufen, wie sie will — damit die Geldbasis erhöhen, und so das Verhalten der Geschäftsbanken und anderer Wirtschaftsteilnehmer beeinflussen. Ebenso kann sie nach Belieben ihre Aktiven (Forderungen) und Verbindlichkeiten (Passiven) zurückfahren, und so die Geldbasis verringern, um auf diese Weise das Verhalten der Banken und anderer Wirtschaftsteilnehmer zu beeinflussen — und z.B. insbesondere indirekt (die Lehrbücher sagen irrtümlich "direkt" ) auf die Geldmenge zu  wirken.

Sie tut dies auf dreierlei Weise: (1) sie kauft oder verkauft Wertpapiere am Markt, (2) sie kauft oder verkauft Devisen an den Währungsmärkten und (3) sie steht bereit, Banken gegebenenfalls Kredit zu gewähren. 

Dabei reduziert die Zentralbank ihre Aktiva (und parallel dazu ihre Passiva — eine so genannte Bilanzverkürzung) — wenn sie Aktiven (z.B. Wertpapiere) verkauft. Oder sie erhöht ihren Bestand an Aktiven (und parallel dazu ihre Passiva — eine so genannte Bilanzverlängerung) — wenn sie Aktiven (z.B. Wertpapiere) erwirbt.

Die Bilanz bleibt immer ausgeglichen: d.h. wenn der Wert der Aktiven sinkt (durch Verkauf eines Teils der Aktiven) muss entweder der Wert der Verbindlichkeiten um den gleichen Betrag sinken, oder es müssen weitere Aktiven erworben werden, die diesen Wertverlust ausgleichen. Ebenso, wenn Verbindlichkeiten an Wert zunehmen: entweder der Wert der Aktiven nimmt im gleichen Maße zu, oder es müssen Verbindlichkeiten in gleichem Wert abgehen, so dass Verbindlichkeiten und Forderungen summa summarum unverändert und betragsgleich bleiben.

Offenmarkt-Politik der Zentralbank

Betrachten wir ein Standard-Verfahren, mit dessen Hilfe die Zentralbank (der Vereinigten Staaten, die Fed) ihre Bilanz, je nach Bedarf, verlängert oder verkürzt. Es handelt sich hierbei um die so-genannte Offenmarkt-Politik, bei der die Zentralbank Wertpapiere meist in größerem Umfang kauft (Bilanz-Verlängerung) oder verkauft (Bilanzverkürzung).

Änderungsbilanzen (T-Konten) der Zentralbank und des Banksystems

Nehmen wir folgendes Beispiel: die Fed erwirbt US-Staatsanleihen (US treasury bonds) im Wert von $ 1 Mrd. von einer Geschäftsbank. Was tut sich in der Bilanz der Zentralbank? Folgende Veränderung findet statt: auf der Aktivseite kommen Wertpapiere im Wert von $ 1 Mrd. hinzu. Diesem Zuwachs entspricht eine betragsgleiche Erhöhung der Verbindlichkeiten der Zentralbank— der Posten "Bank Reserven" steigt um $ 1 Mrd. Insgesamt hat eine Bilanzverlängerung in Höhe von $ 1 Mrd. stattgefunden. Das heißt die Geldbasis (Bargeld plus Bank-Reserven) ist um diesen Betrag gestiegen.

Die damit ausgelösten Bilanzveränderungen lassen sich an den Veränderungsbilanzen (T-Konten) unten ablesen (Schaubild 17.2 A). Wohlgemerkt: T-Konten zeigen, was sich verändert hat, ihre Posten sind bitte nicht zu summieren, wie die Posten einer "normalen" Bilanz. Die Posten eines T-Kontos zeigen mit einem "+" den Posten an, der hinzugekommen ist, und mit einem "-" den Posten (auf der gleichen Bilanzseite), der dafür abgegangen ist—wenn denn einer abgegangen ist.)




Bei der Fed sind laut T-Konto also auf der Aktivseite Staatsanleihen ("securities") im Wert von $ 1 Mrd. hinzugekommen (es sind keine Posten der Aktivseite abgegangen, daher kein Posten unter den Aktiva mit negativem Vorzeichen) und auf der Passivseite sind dafür in gleicher Höhe Verbindlichkeiten hinzugekommen (Guthaben der Geschäftsbanken bei der Fed, so-genannte "Reserven"); auch hier sind keine Posten der gleichen Bilanzseite abgegangen, daher finden wir in diesem Fall unter "Verbindlichkeiten" keinen Posten mit negativem Vorzeichen.

Schaubild 17.2 B zeigt, wie sich die Bilanz der Geschäftsbanken als Ganzes infolgedessen verändert hat. Kurz gesagt: es hat ein so-genannter Aktivtausch stattgefunden sprich: ein Aktivum (Posten auf der linken Bilanzseite) wird gegen ein anderes ausgetauscht.

"Das Banksystem" verkauft seine Wertpapiere (treasury bonds) an die Zentralbank, ein Abgang also auf der Aktivseite, der im T-Konto mit negativem Vorzeichen gekennzeichnet ist, und ein Zugang (Posten mit positivem Vorzeichen im T-Konto)  ebenfalls auf der Aktivseite in Gestalt einer Gutschrift von $ 1 Mrd. auf ihrem Reserve-Konto bei der Zentralbank. Statt Wertpapieren im Werte von $ 1 Mrd. hat "das Banksystem" jetzt ein Guthaben von gleichem Wert bei der Zentralbank.

Um ganz genau zu sein: wir haben also so getan, als bestünde "das Banksystem" aus einer Bank.  Wir könnten uns darüber hinaus vorstellen, dass diese Bank vor 3 Sekunden entstanden und von ihren Aktionären mit Eigenkapital ( = Gesamtverbindlichkeiten) in Höhe von $ 1 Mrd ausgestattet worden sei, ein Betrag, den sie sofort anlegt hat, indem sie Staatsanleihen erwarb. Vor zwei Sekunden hat sie den oben beschriebenen Aktivtausch vorgenommen (Staatsanleihen verkauft und dafür Reserven erhalten). Im Augenblick hat sie also die gleichen Verbindlichkeiten wie schon seit ihrer Gründung, daher verzeichnet die Änderungsbilanz — das T-Konto — keine Veränderungen auf der Passivseite. Das T-Konto dokumentiert in diesem Fall jedoch/lediglich eine Veränderung auf der Aktivseite— einen Aktivtausch: Wertpapiere gegen Reserven.

Verkauf von Wertpapieren durch die Zentralbank

Wenn die Zentralbank den entgegengesetzten Vorgang durchführt, also Wertpapiere im Werte von $ 1 Mrd. an das Banksystem verkauft, ändern sich überall in der Änderungsbilanz die Vorzeichen. Aktiven und die ihnen korrespondierenden Passiven reduzieren sich um diesen Betrag. Die Bilanz der Zentralbank verkürzt sich. Die Geldbasis schrumpft wieder. Das Banksystem verzeichnet einen Aktivtausch: seine Reserven bei der Zentralbank (reduzieren sich und) verwandeln sich in einen Wertpapierbestand.

(Mehr zur Buchhaltung hier.)

Fortgesetzt hier.

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