Sunday 17 April 2016

Kapiert? (1) -- Kreditvergabe und Krise -- Steven Keen

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Ökonomie-Nobelpreisträger Jo Stiglitz beklagt sich über die unzureichende Kreditvergabe der Banken, worin er einen Hauptfaktor für die wirtschaftliche Stagnation in den USA sieht.  Die Banken seien zu zögerlich bei der Weiterreichung von Einlagen in Form von Krediten an Investoren und Konsumenten, die mit dem geliehenen Geld endlich wieder Projekte finanzieren könnten, die dringend für die Ankurbelung der Wirtschaft benötigt werden.  

Steven Keen widerspricht Stiglitz, dem er einen Irrtum unterstellt. Stiglitz nämlich stützt sich auf eine Theorie (loanable fund theory), wonach Banken Finanzintermediäre seien, d.h. sie sammeln Gelder bei ihren Kunden ein, um sie an andere Kunden mit entsprechendem Kreditbedarf weiterzuleiten. 

Doch Steve Keen ist der Auffassung, dass das Bild von den Banken als einer im geschilderten Sinne Geld durchreichenden Institution grundlegend falsch ist.

Die Kreditvergabe der Banken ist nach Steve Keen nicht abhängig von der Bereitschaft der Bankkunden, ihrem Institut Geld zu überlassen, welches sodann zur Finanzierung von Krediten weiterverwendet werden kann. 

Vielmehr haben die Banken, dank staatlich eingeräumtem Emissions-Privileg, die Möglichkeit, Geld aus dem Nichts zu schöpfen - und zwar durch den Akt der Kreditüberlassung. Die Kreditvergabe ist gleichbedeutend mit Geldschöpfung ex nihilo. 

Wenn eine Bank die Bonität eines Kunden als ausreichend für die Gewährung eines Kredits ansieht, kann sie die benötigte Kreditsumme von sich aus ins Leben rufen, um sie dem Kunden auf seinem Konto gutzuschreiben. Das ist ein Vorgang, der absolut losgelöst ist von irgendwelchen Geldzuflüssen seitens anderer Kunden.

Der "Witz" der Sache besteht nun darin, dass die Initiative, die zur Kreditvergabe Anlass gibt, nicht bei den Einlegern und der laut Stiglitz angeblich deren Mittel durchreichenden Bank liegt, sondern bei den Kreditnehmern. Die Bank mag noch so viele Mittel von Sparer-Kunden eingesammelt haben, wenn keine Kunden zu ihr kommen, die den Wunsch haben, einen Kredit aufzunehmen, dann wird die Bank eben auch keinen Kredit ausreichen können.

Nun ist es aber so, dass die Nachfrage nach Krediten zurzeit sehr gering ist, weil sich über Jahrzehnte ein enormer Schuldenberg in der Privatwirtschaft angehäuft hat. Die Bilanzen der betreffenden Firmen und Haushalte laden nicht gerade dazu ein, neue Kredite zu beantragen. Sie haben schon genug damit "zu kämpfen", ihre bestehenden Verbindlichkeiten zu bedienen und allmählich abzubauen.

Solange die Privatwirtschaft mit einem derartigen Mühlstein an Schulden beladen ist, sei, laut Steve Keen, nicht damit zu rechnen, dass sich die wirtschaftliche Aktivität beleben werde. Es ist gewissermaßen eine Patt-Situation entstanden. Die Wirtschaft braucht einen Privat-Sektor, der bereit ist zu investieren, und dazu gehört eben auch die Kreditaufnahme, wohingegen die privaten Wirtschaftsteilnehmer gerade dazu nicht in der Lage sind, wegen des hohen Schuldenbergs, den sie angehäuft haben.

Steve Keen schlägt vor, das Patt zu durchbrechen, indem der Staat einen umfassenden Schuldenerlass in die Wege leitet, der die Bilanzen der Haushalte und Firmen wieder frei putzt von den lähmenden Verbindlichkeiten, so dass endlich wieder wirtschaftsbelebende Projekte verstärkt in Angriff genommen werden können. 

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