Sunday 17 January 2016

[The State] - (1c - Problems of Collective Action] - Violence, Trust, and Structures of Maximal Power


Thanks to reading my long-since abandoned chapter on "Politik und Staat" in my German manuscript "Feiheit verstehen," I am increasingly being relieved of my worry that a separate chapter on "The State" - rather than one dealing with "Politics and the State" - might be unwarranted owing to considerable overlap with "Politics."

No, there are many important things to be explained about the state that deserve separate treatment. This is espacially true since I wish to drive home the important point that freedom is not compatible with a one-sidedly hostile attitude toward the state. 

Freiheit setzt eine staatsbejahende Haltung voraus, was nicht im Widerspruch dazu steht, das man die Unzulänglichkeiten und Gefahren des Staats im Auge behält.

How do I translate "staatsbejahend?" Freedom requires affirmation of the state, an attitude towards it that recognises the state as the foundation of a free society - a view that is not in contradiction with acute vigilance monitoring the defects and dangers of the state. 




Kleine Gruppen, große Gruppen, Probleme des kollektiven Handelns und öffentliche Güter

Die Größe sozialer Verbände nimmt zu. Umfangreichere Gruppen verdrängen oder absorbieren kleinere Gruppen. Doch mit dem bald stark wachsenden Umfang menschlicher Gemeinschaften entstehen Probleme eigener Art.

Kleine Verbände haben den Vorteil, dass es häufiger als in größeren Gemeinschaften im Interesse aller ist, sich persönlich an der Bereitstellung von Gütern – so genannten öffentlichen Gütern - zu beteiligen, die einen Zweck erfüllen, der allen Gruppenmitgliedern wichtig ist und ihnen allen zugute kommt. Zum Beispiel, die Aufrechterhaltung von Frieden, Recht und Ordnung. In einer sehr kleinen Gruppe stehen die Kosten, die bei der Bereitstellung öffentlicher Güter für das jeweilige Individuum entstehen, häufig in einem lohnenden Verhältnis zum persönlichen Nutzen, den der Einzelne aus einem solchen Gut zu ziehen vermag. Zum Beispiel: In einer kleinen isolierten Dorfgemeinschaft lohnt es für jeden, auf mögliche Diebe zu achten, sie zu verjagen oder zu bestrafen. Es lohnt sich, Angreifer mit vereinten Kräften abzuschrecken oder im gemeinsamen Verteidigungskampf zurückzuwerfen. Den Kosten des individuellen Beitrags zur Verteidigung steht ein ausreichend hoher persönlicher Nutzen gegenüber: der Schutz des eigenen Eigentums und des eigenen Lebens.

Im Übrigen pflegt der Spielraum für selbstbestimmtes Verhalten in kleineren Sozialverbänden weitaus geringer zu sein als in modernen Gesellschaften. Die Identität des Individuums ist stärker verflochten mit einem System kulturellen Normen, das die Handlungsoptionen der Menschen engmaschig umschließt. Es bleibt wenig Platz für persönliche Autonomie, der soziale Druck, der das Individuum zum Instrument einer Brauchtumsgemeinschaft macht, ist allgegenwärtig.

Je größer Gruppen werden, desto eher zeigen sich Divergenzen zwischen Handlungsweisen, die dem Einzelnen aus seiner Sicht rational erscheinen, und solchen, die erforderlich sind, um die Angehörigen der Gemeinschaft vor Nachteilen zu bewahren oder ihnen Vorzüge zu sichern. Indem Menschen in ihren Handlungen dem folgen, was ihnen persönlich vernünftig erscheint, können sie zu Verhältnissen beitragen, die sie oder andere in ihren Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Gemeinschaft benachteiligen oder schädigen. Mancur Olson spricht von Problemen des kollektiven Handelns.[1]

Pareto-inferiores Gleichgewicht und der bedrohliche Nachbar – Staat und Gefangenen-Dilemma

Olson greift die spieltheoretisch deutbare Perspektive von Thomas Hobbes (1588 – 1679) auf, wonach Anarchie - der „Naturzustand“ bei Hobbes - dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen, die zum gegenseitigen Vorteil kooperieren könnten, davon abgehalten werden, weil eine Schutzmacht fehlt, die glaubhaft sicherzustellen vermag, dass alle Parteien sich an Regeln halten, die ein vorteilhafteres Miteinander gewähren. Die Auflösung dieses so genannten Gefangenen-Dilemmas gelingt mit dem Auftreten eines weiteren Spielteilnehmers, dem Vertreter (quasi-)staatlicher Macht.

Ein Beispiel: Anna glaubt, dass Peter sie angreifen und umbringen wird, es sei denn sie beugt dieser Gefahr vor, indem sie Peter früher angreift als er sie angreifen kann. Peter glaubt, dass Anna ihn angreifen und umbringen wird, wenn er sie nicht zuvor angreift. Beide Parteien würden davon profitieren, wenn sie einander nicht angriffen – es würde Frieden herrschen, ein Zustand, den beide gemäß ihrer Präferenzen bevorzugen und als nicht mehr verbesserungsfähig erachten; in der Spieltheorie wird eine solche Lösung als Pareto-optimales Gleichgewicht bezeichnet.

Leider veranlassen ihre gegenseitigen Erwartungen sie dazu, sich so zu verhalten, dass beide Parteien schlechter dastehen als im Falle eines Pareto-optimalen Gleichgewichts. Aus diesem tragischen Zustand, einem sogenannten Pareto-inferioren Gleichgewicht, kann sie nur ein mächtiger Wächter herausführen, der imstande ist, beide Parteien daran zu hindern, eine tödliche Präventionspolitik zu verfolgen. Diese Aufgabe kommt bei Thomas Hobbes dem Staat zu.[2]

Multiple Gleichgewichte und der Linksverkehr

Es gibt also spieltheoretische Gleichgewichte im menschlichen Miteinander, die uns dazu verdammen, schlechter miteinander auszukommen als dies sein müsste. Das kann auch der Fall sein, wenn sogenannte mehrfache oder multiple Gleichgewichte anzutreffen sind.

Im Straßenverkehr erzielen wir ein wünschenswertes Gleichgewicht, wenn wir uns mit unseren Autos alle in Fahrtrichtung auf der linken Seite der Straße bewegen. Wir erzielen einen reibungslosen Verkehrsfluss. Nun gibt es noch ein zweites Pareto-optimales Gleichgewicht, nämlich dass alle auf der rechten Seite fahren. Problematisch ist ein multiples Gleichgewicht wie es z.B. vorliegt, wenn man nicht einschätzen kann, für welches der beiden möglichen Gleichgewichte sich andere Teilnehmer des Spiels entscheiden. Fahren einige auf der linken, andere auf der rechten Straßenseite, wird es zu Zusammenstößen kommen. Auch hier wieder kann eine Vollzugsautorität, die die Macht besitzt, alle Teilnehmer auf ein Pareto-optimales Gleichgewicht zu verpflichten, entscheidende Besserung bringen.

Öffentliche Güter, Probleme des kollektiven Handelns und die Intervention des Staats

Derartige Probleme können besonders dann auftreten, wenn es gilt, öffentliche Güter – wie Recht, Ordnung, Landesverteidigung, umfassende Infrastrukturprojekte – bereitzustellen, deren Produktion das Individuum (a) nicht bereit ist, von sich aus zu bewerkstelligen, oder (b) alleine nicht oder nur unzureichend befähigt ist. Um in den Genuss öffentlicher Güter zu gelangen, ist es also erforderlich, dass jedes Individuum oder immerhin eine Vielzahl von Individuen – gemeinsam und gegebenenfalls gegen ihren Willen - veranlasst werden, den von ihnen benötigten Beitrag zu leisten. Abgesehen davon, dass Einzelne nicht in der Lage sein mögen ein öffentliches Gut anzubieten, ergibt sich die zweite zentrale Schwierigkeit daraus, dass der Einzelne keinen oder nur einen ungenügenden Beitrag zu leisten bereit ist, weil der Nutzen, den seine Anstrengungen stiften, (a) nicht ihm alleine, sondern allen (vielen anderen) zugute kommt, die keinen Beitrag leisten, und (b) ihm zu gering erscheint im Verhältnis zu den Kosten, die ihm durch seinen Beitrag entstehen. Soweit diese Schwierigkeiten in kleinen Gruppen bestehen, können sie durch überschaubare Absprachen und mit Mitteln des sozialen Drucks oft noch überwunden werden. Doch in großen Gruppen verliert sich die Wirksamkeit solcher Arrangements zunehmend.[3]

Zur Verdeutlichung zwei Beispiele für die relativen Nachteile großer Gruppen bei der Organisation vorteilhaft koordinierten kollektiven Handelns sowie ein Beispiel für die relativen Vorteile, die kleine Gruppen beim kollektiven Handeln besitzen:

Herr Müller, Sachbearbeiter in einem Architekturbüro, ist einer von 80 Millionen Deutschen. In einem fünf Kilometer entfernten Stadtteil Frankfurts hat ein Kaufhausdieb ein Objekt im Wert von € 20 gestohlen. Herr Müller zieht die Steckuhr und begibt sich an den Tatort, um sich an der Verfolgung des Diebs zu beteiligen. Er erleidet eine Einkommenseinbuße und sein Vorgesetzter ist wenig angetan, auch wenn er einsieht, dass es im allgemeinen nationalen Interesse liegt, dem Kaufhausdiebstahl Einhalt zu gebieten? Ist es sinnvoll für Herrn Müller, sich in die Aufklärung von Diebstählen in seiner Umgebung einzuschalten, um damit seinen Beitrag zu einem wichtigen öffentlichen Gut zu leisten?

Was hat ein deutscher Bäcker gewonnen, wenn er seinen Betrieb im Jahre 2013 auf unbestimmte Zeit schließen muss, um an einem Militäreinsatz in Mali teilzunehmen, von dem es heißt er diene der Vereitelung möglicher Terroranschläge, die auch seiner Bäckerei gelten könnten?

Offenbar eine ineffiziente Lösung. Der Bäcker und seine Kunden sind geschädigt und die Allgemeinheit ebenfalls, weil ihr der Bäcker als Bäcker besser dient denn als Spontansoldat. Doch der Staat kann Abhilfe schaffen. Er verfügt über die Autorität, eine allen zugute kommende Lösungsvariante durchzusetzen, das öffentliche Gut eines nationale Verteidigungssystems.

Betrachten wir nun der umgekehrte Fall einer kleinen, schlagkräftigen Gruppe, in der der Vorteil, der sich für das Individuum aus seinem Engagement ziehen lässt, in einem günstigen Verhältnis steht zu den Kosten, die ihm dabei entstehen:

Vier Autohersteller, eine kleine Gruppe also, finden sich zusammen, um die Regierung dazu zu bewegen, Schutzzölle zu ihren Gunsten zu errichten. Der daraus entstehende Gewinn, sagen wir € 100 000 000, wird zu jeweils 25 %  (= € 25 Mio.) auf jedes der vier Unternehmen verteilt. Diese kleine Gruppe hat einen hohen Anreiz, konzertiert für ein gemeinsames Ziel einzutreten. Doch wie sieht es mit der sehr großen Gruppe derer aus, die sie mit ihrem kollusiven Vorgehen schädigen? Wie verhalten sich die 100 Millionen Autofahrer, Opfer der regierungsunterstützten Selbstbereicherung jener kleinen Gruppe von Herstellern? Die geschädigte Mehrheit wird nichts tun, um den Angriff auf ihre Interessen abzuwehren. Der Aufwand, sich gegen die vier Hersteller zu engagieren, lohnt nicht. Die Beteiligung von 100 Millionen Menschen an entsprechenden Aktionen würde jedem einzelnen von ihnen im Erfolgsfall lediglich 0,00000001% des Streitwerts sichern: € 1. Kaum genug, um die Bahnfahrt zu einer zentralen Demonstration zu bezahlen.

Auch hier kann der Staat Abhilfe schaffen, indem er das Justizsystem nutzt, um Verteidigungslinien aufzubauen gegen kollusive Schädigung der Allgemeinheit.

Indes kleine Gruppen in der Lage sind, wichtige öffentliche Güter, wie Frieden, Recht und Ordnung, aufgrund freiwilliger Beteiligung und der erforderlichen Konformität aller zu gewährleisten, verliert sich diese Stärke, wenn Gruppen größer werden. 

Aber sie müssen größer werden, wenn sie überleben wollen, so jedenfalls hat es die Zivilisationsgeschichte gewollt.[4] Denn mit der höheren Produktivität, die die sesshafte Landwirtschaft ermöglicht, nimmt das Bevölkerungswachstum zu; größere Gruppen beginnen kleinere zu verdrängen. Dazu müssen die größeren Gruppen aber das Problem überwinden, dass sich öffentliche Güter in ihnen nicht mehr ohne weiteres auf Basis freiwilliger Beteiligung aller produzieren lassen.

Wenn aber Recht, Ordnung und Frieden in großen Gesellschaften nicht durch freiwillige Übereinkunft und vertragliche Einigung ihrer Mitglieder erzielt werden können, und große Gruppen kaum imstande sind, derartige unverzichtbare öffentlichen Güter bereitzustellen, dann ist es umso bemerkenswerter, dass die Großzahl volkreicher Gesellschaften es dennoch vermocht hat, anarchische Zustände - den Hobbesschen Krieg aller gegen alle - auf Dauer zu vermeiden. Wie ist dies möglich?


[1] Olson, M (1998).
[2] Gaus, G.F. (2008), 106-108.
[3] Mueller, D.C. (2009), 42.
[4] Hans-Adam II, (2009), 51.

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