Saturday 20 October 2018

Versäumnisse der ökonomischen Theorie und das System der Bankreserven

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Aus einem privaten Schreiben:

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Es ist eine gute Idee, MMT in einer Präsentation darzustellen. Das hilft/zwingt, den großen Überblick zu finden, an dem man sich dann beim Schreiben eines Buchs orientieren kann. 
Das letzte verbleibende große Mysterium sind die Bankreserven. Es ist schon auffällig, wie schwierig es ist, eine genaue, vollständige und richtige Darstellung der Art wie Bankreserven funktionieren, zu finden. Es kursieren auch viele falsche Darstellungen, besonders aus den Federn der etablierten Ökonomen. 
Wenn du Zeit finden solltest, könntest du, entweder dieses Thema recherchieren oder Quaesivi durchsuchen nach den Posts, die ich bereits zum Thema MMT geschrieben habe, um aus ihnen vielleicht eine Struktur zu entwickeln für die Präsentation/das Buch.
Was ich an MMT gut finde, ist, dass es uns nicht zur Dogmatik verlockt/zwingt. MMT bemüht sich um Objektivität, indem die Anhänger dieser Theorie die prozessuale Wirklichkeit des Zentralbankwesens rekonstruieren. Aus den Ergebnissen dieser Forschung ergibt sich, dass die konventionelle Geldtheorie eine Wirklichkeit beschreibt, die es nicht gibt. Auf diese Weise gestaltet sich MMT zu einem alternativen Ansatz, der allein schon deshalb einen Wert hat, weil er uns dabei hilft, die herkömmliche Ökonomie zu hinterfragen: wie ich hier geschrieben habe: 

http://quaesivi.blogspot.com/2018/09/1-studying-modern-monetary-theory-mmt.html 

Die herkömmliche Ökonomie versagt (ist unvollständig und widersprüchlich), weil ihr Ideal einer sich selbst regelnden Gleichgewichtsökonomie (ohne Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit) zerschossen wird, wenn man ihr Bild der Wirtschaft ernsthaft mit dem "Störenfried" Geld konfrontiert – wie Keynes das seinerzeit gewagt hatte. Stattdessen behandeln die wirtschaftswissenschaftlichen Hauptströmungen die (moderne) Wirtschaft als eine Tauschwirtschaft, in der es kein Geld gibt, bzw. trivialisieren das Geld, indem sie es auf eine oder zwei Funktionen reduzieren (die mit der Vorstellung einer Naturalwirtschaft vereinbar zu sein scheinen). Oder sie treffen nachträglich ad hoc Annahmen, um bestimmte geldinduzierte Phänomene aus dem Stegreif irgendwie in ihr Modell einzubauen. 
Das ist bereits ein Kapitel in unserer Präsentation/Buch: die Versäumnisse der herkömmlichen Ökonomie bei der Erfassung des Geldphänomens und wie MMT diese Unterlassungsfehler vermeidet. Man kann aus dieser Perspektive das systematische Versagen der etablierten Wirtschaftslehre rekonstruieren/aufrollen, wobei es für uns schwierig sein wird, dieses Riesengebiet zu überblicken und in angemessener Kürze zu behandeln (die ausführlichere Variante wäre etwas für den den Kürteil).

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So, jetzt recherchiere ich noch ein wenig in Sachen Bankreserven. Also, ich habe zunehmend den Eindruck, dass die MMTler auch hier richtig liegen. Aber um ganz davon überzeugt zu sein, würde ich gerne die praktischen Details nachvollziehen können. Wie läuft es zum Beispiel ab, wenn deine Bank, die im Gegensatz zu dir, ein Konto bei der Zentralbank hat, auf dem ihre Bankreserven verrechnet werden, die Begleichung deiner Steuerschuld im Zahlungssystem der Zentralbank ermöglicht: Der Staat (vertreten durch die Zentralbank) akzeptiert nur sein eigenes Geld zur Begleichung von Forderungen, die er dir gegenüber/jedem gegenüber hat. Dieses eigene Geld sind Bankreserven. Also nur eine Bank kann deine Steuerschuld beim Staat begleichen, den nur Banken haben Bankreserven. Offenbar ist es also so, dass du streng genommen, deine Steuerschulden (verrechnungstechnisch) bei deiner Bank begleichst (und nicht beim Staat – dazu würdest du Bankreserven benötigen, über die du nicht verfügst). Die Bank spiegelt dann die Begleichung deiner Steuerschuld ihr gegenüber im internen Verrechnungssystem von Zentralbank und Bank weiter. 
Das ist die Lösung des Rätsels, das mich lange geplagt hat: Wieso sagt MMT: alle Steuereinnahmen des Staats beruhen auf Geld, das der Staat zuvor in den Wirtschaftskreislauf eingeschossen hat. Bankreserven können nur vom Staat emittiert werden – es ist das Geld, in dem sich der Staat bezahlen lässt. Also ist alles Geld, mit dem Schulden gegenüber dem Staat beglichen werden, staatsemittiertes Geld, sprich, Bankreserven. 
Die Einzelheiten, wie Banken an Bankreserven kommen, sie verwalten, was sie sonst mit ihnen machen können, die buchhalterische Abbildung dieser Vorgänge, was zählt als Bankreserve, was geschieht genau, wenn eine Bank Einlagen als Bankreserven einsetzt - da tappe ich weitgehend noch im Nebel. 
Liebe Grüße

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