Sunday 3 September 2017

Aussichten und Nöte

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Ich bin unentschlossen, ob ich in diesem Blog eine Serie über Modern Monetary Theory (MMT) lancieren soll, deren Ziel es ist, als systematische und umfassende Darstellung dieser Variante modernen (Makro-)Ökonomie zu dienen.

Was dafür spricht ist, dass MMT eine ziemlich kohärente Form des ökonomischen Denkens darstellt, die sich in hohem Maße zur Anwendung auf grundlegende Fragestellungen und sehr konkrete wirtschaftspolitische Themen eignet; zudem liefert sie eine ausgezeichnete Kritik der arrivierten Ökonomie und bietet eine nützliche Plattform paradigmatische Kontroversen. Diskussionen und Darstellungen von MMT sollten stets Platz lassen für vernünftige Kritik und Widerlegung; was immer für Unebenheiten und Fehler sie an den Tag legen mag, ich schätze sie, im Gegensatz zum wirtschaftswissenschaftlichen Hauptstrom, als ein geschlossenes Argumentationsgebilde, das imstande ist, den willkürlich revidierten Prämissen und den auf bizarre Weise unrealistischen und falschen Annahmen, die der zeitgenössischen (wirtschaftspolitisch bestimmenden) Ökonomie) zugrunde liegen, eine Alternative entgegen zusetzen.

Freilich weiß ich nicht, welchen Schwierigkeiten, Zweifeln und Widerlegungen ich auf dem Weg hin einer umfassenden Darstellung begegnen mag. Einstweilen fühle ich mich von MMT angezogen wegen ihrer Eleganz (Vollständigkeit), Ehrlichkeit (überzeugendes Hinterfragen der wirtschaftswissenschaftlichen Hauptstroms) und Relevanz ( als Paradigma, das hilfreich ist bei der Bewertung wichtiger Gesichtspunkte der zeitgenössischen wirtschaftlichen Realität).

So weit die Pluspunkte (siehe dazu auch das PS unten). Aber welche Abstriche sind zu machen?

Ich habe es natürlich mit einem gewaltigen Projekt zu tun. Werde ich die Zeit finden und das Durchhaltevermögen aufbringen, um es zu verwirklichen? Finde ich eine Herangehensweise an das Thema, die sinnvoll ist und vielleicht sogar ein fehlendes Element in das Prisma der Versuche MMT darzustellen einfügt? Gerne würde ich die Darstellung so beginnen und die Abfolge der Kapitel so gestalten, dass der sich entfaltende Gegenstand im Lichte einiger der wichtigen grundlegenden Prämissen von MMT erscheint — aber habe ich die Theorie gründlich genug durchdacht, um in der Lage zu sein, eine derartige logische Struktur zu entwickeln (und dabei jene Zweifel und Kritik an den ökonomischen Hauptströmungen verständlich werden zu lassen, die im Bauplan der MMT angelegt sind?

Schließlich wäre da noch eine psychologische Hürde: Ich bin zwar einstweilen überzeugt, dass MMT hilfreich darin ist, wichtige Verbesserungen der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt zu identifizieren und durchzuführen, besonders indem sie die Rolle deutlich macht, die dem fiskalpolitischen Spielraum des Staats bei der Ermöglichung von Wohlfahrtsfortschritten zukommt, die andernfalls nicht zu erzielen wären (die Vermeidung und Überwindung schwere Wirtschaftskrisen und besonders von Arbeitslosigkeit und die Bereitstellung öffentlicher Güter). 

Doch sind die Vorstellungen darüber, wie die Menschen den fiskalpolitischen Spielraum auszufüllen wünschen, von Natur aus kontrovers und die MMT ist nicht imstande, viele dieser Meinungsverschiedenheiten auszuräumen. Man mag vom Standpunkt der MMT ebenso gut „grüne“ Energiepolitik als wünschenswert und wohlfahrtsfördernd ansehen wie man zu diametral entgegengesetzten Schlussfolgerungen gelangen kann. MMT hilft einem nicht dabei zu entscheiden, ob der Glaube an globale Erderwärmung und die Forcierung „erneuerbarer“ Energien ein Gebot der Vernunft oder eine Eselei sind. 

Es ist also so, dass selbst wenn man über eine einigermaßen taugliche ökonomische Theorie verfügt, immer noch die Gefahr besteht, sich in seinen wirtschaftspolitischen Entscheidungen ganz fürchterlich zu irren.

Der Eifer, der mich als Autor antreibt, war wohl größer als ich noch an wirtschaftliche und soziale Paradigmen und Maßnahmen (unterschwellig) glaubte, die ein höchstes und endgültiges Wohl verhießen. Einen solchen Glauben habe ich nicht mehr.

PS

Ein interessanter sprachlicher Aspekt: manche behaupten „pluses and minuses“ sei falsch und schlagen daher vor, “pros and cons“ zu verwenden. Hier eine davon abweichende Auffassung: 

"Pluses and minuses" is perfectly okay, as is "pros and cons". Your new teacher is just displaying a personal quirk.


Actually, the two expressions sometimes have different meanings. "Pros and cons" generally means "arguments for and arguments against". "Pluses and minuses" often means "advantages and disadvantages", which sometimes are not the same thing as arguments for and against.




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